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sein, damals allerdings ungewisses Schicksal
gemacht habe; wodurch er in Trübsinn ver
fallen sey.
Bey seiner Zurückkunft aus Frankreich ver-
iveilte Bechstüdt zuerst in Zwehren. Einer
seiner hiesigen Verwandten, dem er von seiner
Ankunft Nachricht gegeben, fand ihn dort in
einem fieberhaften Zustande, und nur mit
Mühe konnte derselbe ihn zur Rückkehr nach
Cassel bewegen, indem Bechftädt mit Bezie
hung auf einen angeblich erhaltenen Brief be
hauptete, daß er Sr. Königlichen Hoheit dem
höchstseligen Kurfürsten als Spion geschildert
worden sey, weshalb er alsbald arretiert wer
den würde. Diese Gemüthskrankheit hat hier
nächst in Cassel noch mehrere Wochen lang
bey ihm fortgedauert, bis er zuletzt auch körper
lich krank geworden.
Nach erfolgter Genesung wurde Bechftädt
von Sr. Königlichen Hoheit dem höchstseligen
Kurfürsten wieder in Dienste genommen; je
doch weil er feine Rückkehr aus Frankreich zu
sehr verspätet hatte, nur als jüngster La
kai, mit einem geringeren Gehalt, als die
übrigen Lakaien erhielten, angestellt. In dieser
Zeit war Bechftädt meistens tiefsinnig und in
sich gekehrt, und ob er gleich nachher den
übrigen Lakaien im Gehalte gleichgestellt wurde,
so wurde doch sein Tiefsinn von Zeit zu Zeit
immer wieder bemerkbar. So bildete er sich
eines Tages ein: daß Se. Königliche Hoheit,
der höchstselige Kurfürst ihm noch an diesen:
Tage, oder doch am nächstfolgenden, den Ab
schied geben werde, und ob er gleich an eben
diesem Tage zur persönlichen Bedienung Sr.
Königlichen Hoheit bestellt und zu einer be
stimmten Stunde, um Allerhöchstdemselben die
Haare aufzuwickeln, erscheinen sollte, so lief er
doch von Wilhelmshöhe, wo sich damals der
Hof befand, hinweg und konnte nur durch
dringende Vorstellung feiner Ehefrau und an
derer Personen zur Rückkehr bewogen werden.
Dieser Vorgang soll sich, nach Angabe eines
anderen Zeugen, sogar mehrmals ereignet
haben.
Einen ähnlichen Anfall von Trübsinn hatte
Bechftädt vor 4 oder 5 Jahren, als er Se.
Königliche Hoheit, den höchstseligen Kurfürsten,
nach Nenndorf begleiten müssen. Anfänglich
war er dort ganz munter; dann aber wurde
er verschlossen und traurig, und man bemerkte
öfters, daß er weine. In dieser Epoche ver
ließ er das Palais, wenn er des Dienstes
wegen zugegen seyn mußte und versäumte so
gar auch einmal die Aufwartung an der Tafel.
In dieser Gemüthstimmung begab er sich ¿u
dem, damals in Nendorf ebenfalls anwesenden
Leibchirurgus Mann, und empfahl diesem seine
Frau und Kinder in einer solchen Art, daß
dieser nicht anders schließen konnte, als daß
Bechftädt Willens sey, sich selbst um das Leben
zu bringen, oder doch in die weite Welt zu
gehen.
In ähnlicher Weise ersuchte er, am Tage
vor der Zurückreise Sr. Königlichen Hoheit,
des höchstseligen Kurfürsten, pon Nendorf nach
Cassel, den Aide-Koch Bode: daß er ihm doch
seinen Mantelsack abnehmen und diesen seiner
Frau zustellen möge; worauf ihn dieser, gleich
dem Leibchirurgus Mann zu trösten und auf
andere Gedanken zu bringen gesucht hat.
Von neueren Vorfällen ähnlicher Art er
hellet zwar Nichts; allein einer der abgehörten
Hofbedienten, der sonst mit Bechftädt in nähe
ren Verhältnissen gestanden, gibt an: daß der
selbe, auch in der letzten Zeit, da er bey Sr.
Königlichen Hoheit dem höchstseligen Kurfürsten
gedient, ein sehr zurückhaltendes Wesen ge
zeigt und daß es geschienen habe, als ob Bech-
städt das Zutrauen zu den Menschen verlohren
gehabt, welche Gemüthsstimmung sich jedoch
seit dessen Anstellung im Dienste Sr. Hoheit
des Kurprinzen wieder geändert habe.
Es kann demnach nicht wohl bezweifelt
werden, daß Bechftädt seit längeren Jahren
an einer Seelenkrankheit gelitten habe. Hätte
er auch, wie wenigstens von einem Zeugen in
Beziehung auf den Vorgang in Nendorf an
gegeben wird, bisweilen Unannehmlichkeiten in
seinem Dienste gehabt, so läßt sich doch sein
ganzes Benehmen daraus allein weder recht
fertigen noch zureichend erklären.
Die Schwächen und Krankheiten der Ver
standeskräfte sind indeß sehr verschieden, und
noch zur Zeit hat es menschlicher Forschung
nicht geglückt, die Tiefen dieser Wissenschaft
zu ergründen.
Daß der Verstorbene an Melancholie oder
Hypochondrie gelitten, solches ergibt sich deut
lich aus demjenigen, was soeben aus seinem
früheren Leben angeführt worden. Sein Um
gang mit Menschen beschränkte sich auf den
engen Kreis feiner Familie, und es erhellet
nicht, daß er für irgend eine andere Freude
des Lebens Neigung oder Leidenschaft gehabt
habe. Verschlossen gegen alle Menschen, machte
er nicht einmal seine Ehefrau zur Vertrauten
der Unfälle, die ihm begegnet waren. Ob aber
die Gemütskrankheit des Verstorbenen aus
physischen oder aus psychologischen Ursachen,