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mitzufahren. Trubbe fühlte die Verpflichtung,
seinen Fuhrherrn und dessen Mutter zu unter
halten. Er begann: „Laßt uns ein bißchen
von den Leuten reden, sie reden auch von uns!"
„Nicht von mir —" sagte die alte Schult
heißin, „und wenn sie es tun, so verbitte ich
mir das."
Trubbe zuckte die Achseln, und dann erzählte
er, was der Feldhüter Buckelsack im Mond
schein sah.
„Pfui Deubel —"
sa gte Sch ultheiß G ente
brecht.
Trubbe rief: „Nicht
wahr, ja? Schauder
haft!"
„So etwas sollte
nicht über die Ge
meindegrenze getragen
werden —"
„Erlauben Sie, Herr
Schultheiß, der Pfar
rer stellt sogenannte
sittliche Forderungen."
Die Alte meinte,
„Dinge, die im Mond
schein passiert sind, ha
ben am Tag ein ander
Gesicht."
Der Schultheiß rief
unwillig: „Schlechter
Leumund ist leicht ge
macht und schwer zer
streut."
Trubbe dachte: Es
gibt eben Menschen,
die den Witz einer
Sache nicht begreifen.
Endlich hielt der
Wagen am Stadttor.
Trubbe bedankte sich Kloster
und zog mit seiner Ehemalige Klosterspende und
Ware in die Stadt.
Schneider Herrmann saß bereits in der Leute
stube der Superintendur und fanb in der
Köchin, seiner Base, eine gute Zuhörerin. Der
Superintendent steckte den Kopf durch beit Tür
spalt und fragte: „Der Vogel ist wirklich nicht
mit Leimruten gefangen? Er ist Ihnen tat
sächlich zugeflogen?"
„Tatsächlich zugeflogen, Hochwürden! Ich
fand diesen Vogel im Salat. Ich habe ihn auf
gezogen und abgerichtet. Er zieht sein Futter
näpfchen selbst zu sich heran, das sieht sehr-
putzig aus."
„Aber ist das nicht Tierquälerei, mein Lieber?"
„Bewahre doch, Hochwürden. So wenig ist
das Tierquälerei, als wenn unsereins einen
Riß stopfen muß, ehe er seine Kartoffeln mit
ein wenig Leinöl schmalzen karrn."
Der alte Herr war gerührt von der Philo
sophie des schlichten Mannes und schämte sich
seines guten Tages vor dem biederen Flick
schneider, der vergnügt seine Erdäpfel in Lein
öl stippte,- und bewun
derte das bunte Tier
chen im Käfig, das
seine Kunststücke, vom
Hunger getrieben, aus
führte und dazu sang.
Da stürmte seine Ehe
liebste herein. „Engel
hardt," rief sie, mach'
dich auf große Unan
nehmlichkeiten gefaßt."
Und dann erzählte sie
ihm die Geschichte, die
Schneider Herrmann
vom Teichwart und der
Teichwart vom Feld
hüter erfahren hatte.
Die Tatsachen waren
nicht im mindesten ver
größert, und doch waren
sie gewichtiger gewor
den: sie waren von
einem schlichten Mann
aus dem Volk berich
tet. Dieser feine Vogel
kenner war ganz er
schüttert. Der alte
Herr versuchte öfter
unmutig, aber verge
bens, seine Eheliebste
zu unterbrechen.
Haina „Kind, Jettchen,"
Klosterküche. (Vgl. S. 57-) sagte er, „das wird sich
sicherlich irgendwie auf
klären."
„Die Leutchen gefielen mir damals bei der
Einführung besonders gut —"
„Ja, vor allen Dingen die Frau —"
„Gewiß," meinte der alte Herr unbefangen.
„Sie sah sehr gut aus und wußte in manchen
Dingen über das gewöhnliche Können mitzu
reden. Das sägte ich ja schon!"
„Mir mißfiel sie bei ihrer Antrittsvisite."
„Erwiesen ist nur," fuhr der alte Herr be
dächtig fort, „daß die Frau jemand, der in
der Gegend fremd war, den Weg zur Station