geschickt Aller Augen zu entziehen gewußt,
zugleich so unbesonnen und tölpelhaft bey Aus
führung der That verfahren können; so war
es auf der anderen Seite Glicht minder un
begreiflich, wie der Lakai Bechstädt, der in
seiner Art ein ziemlich gebildeter vorsichtiger
Mann war, ein Glas Grog von einem un
bekannten Menschen ohne allen Anstand an
nehmen und bis auf den Grund austrinken
konnte. Dazu kam aber noch, daß der Grog,
wenn ihm ein Zusatz von Arsenik in der hier
vorhanden gewesenen Quantität gegeben wird,
nach den angestellten chemischen Versuchen,
eine hellere, dem Eyerwein ähnliche Farbe an
nimmt, und daß dieser Umstand dem Bechstädt,
der unstreitig zum öftern Grog gesehen und
getrunken, verdächtig vorkommen mußte. Aber
noch mehr mußte man erstaunen, wenn may
bedachte, daß der Lakai Bechstädt, der, wie
die Untersuchung ergab, sich keiner einzigen,
von allen auf dem Balle anwesend gewesenen
Personen, nicht einmal seinen Freunden uno
Bekannten zu erkennen gegeben, auf einmal
das ihm befohlene Jncognito mittelst Ablegung
der Maske außer Augen gesetzt haben sollte,
um von einem Unbekannten eine sehr geringe
Gabe annehmen zu können.
Schon das eben Angeführte mußte noth
wendigerweise ein großes Mißtrauen in die
Wahrheit der von Bechstädt erzählten That
sachen herbeiführen; die weitere Untersuchung
aber ergab noch mehr, daß dieser ganzen Er
zählung überall kein Glauben bcyznmessen sey.
Zuvörderst nemlich nruß man es für eine
Erdichtung halten, daß Bechstädt gegen zwey
Uhr nach Mitternacht noch ans dem Masken-
balle gewesen sey. Schon eine Stunde früher
war er vermißt worden und aller Nach-
suchungen ungeachtet nicht zu finden gewesen.
Diese Nachforschungen waren eine geraume
Zeit hindurch fortgesetzt worden und Bechstädt
mußte davon Kenntniß erlangen, wenn er sich
auch für einen Augenblick aus dem Ball- und
Schenkzimmer entfernt gehabt Hütte. Ta er
aber noch eine volle Stunde nach dem Ab
gänge seiner höchsten Herrschaft auf dem Balle
anwesend gewesen seyn will, so hätte er doch
während dieser ganzen Stunde wohl einmal
den Beruf in sich gefühlt, sich nach des Kur
prinzen Hoheit, oder dem Hauptmann von
Steuber zu nähern, um etwaige Befehle ent
gegen zu nehmen; und solchergestalt würde er
dann die Entfernung seiner höchsten Herr
schaft haben bemerken müssen. Damit mußte
auch die vom pp. Bechstädt vorgebrachte, an
sich schon wenig zu rechtfertigende Entschuldi
gung: daß er sich wegen großen Uebelbefindens,
ohne vorgüngige Anzeige bey seiner gnädigsten
Herrschaft, vom Balle entfernt habe, allen
Glauben verliehren. Weit eher konnte man
annehmen, daß Bechstädt, wenn er mit schlech
ten und liederlichen Personen Umgang gehabt,
an einem ganz anderen Orte, ver
giftet worden sey; allein die, auch hieraus ge
richtete Untersuchung ergab, daß er niemals
eine ausschweifende Lebensart geführt, son
dern stets sittlich gelebt und überall keinen
näheren Umgang, am wenigsten mit Personen
von schlechtem oder zweideutigem Rufe gehabt
habe. .
Hiernächst hatten sämmtliche auf dem Mas-
kenballe anwesend gewesenen und von der Poli-
zeybehörde, wie von dem Jnstruetionsrichter
vernommenen Personen, weder einen verdäch
tigen Vorgang überhaupt, noch insbesondere
den Umstand bemerkt: daß eine schwarze Maske
mit schwarzem Domino einer anderen Maske
im Anzuge des Bechstädt ein Glas Grog ge
reicht und daß die letzte Maske sich hierauf
demaskirt und das Glas ausgetrunken habe.
Bey der stattgehabten guten Erleuchtung des
Ball-Locales Hütte doch wohl einem von 260
Ballgästen ein solcher Vorgang bemerklichwcr-
den müssen, zumal das Ablegen der Maske
und das Austrinken des Grog's nicht das Werk
eines kurzen Augenblicks seyn konnte. Es hat
aber auch Niemand bemerkt, daß sich irgend
Jemand wegen Übelbefindens beklagt und ent
fernt habe.
Nicht minder grundlos erscheint die weitere
Angabe des Bechstädt, daß ihm das Glas Grog
von einer schwarzen Maske im schwarzen
Domino gereicht worden sey. Zwar befanden
sich auf dein Balle eine Menge von Personen,
die schwarze Domino's trugen; aber nur einige
wenige Personen trugen neben den schwarzen
Dominos auch schwarze Masken und die sie
trugen kannten bcn Bechstädt entweder gar
nicht oder doch nur dem Namen nach, und ihr
rechtlicher Ruf und die persönlichen Verhält
nisse in denen sie leben, sprechen sie frei von
einem jeden Verdacht.
Endlich kann aber auch die Angabe des Bech
städt, daß ihm — von irgend Jemand — ein
Glas Grog gereicht iuorbeu sey, nicht als
wahr angenommen werden.
Nach den ersten Angaben des Wirthes Schrö
der und seiner Domestiquen waren überhaupt
während des Balles nur 4 Gläser Grog be
reitet und ausgegeben worden. 'Allein eine