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Heffenlan-
Illustrierte Mnatsblätter für Heimatsorschung, Kunst und Literatur
Schriftleiter Paul Heidelbach, Kassel. Unter Mitwirkung von Bezirkskonservator Baurat Dr. H ol tmeyer, Kassel,-
Direktor der Landesbibliothek vr. Hopf, Kassel,- Lyzeallehrer Keller,Kassel,- Staatsarchivrat vr. Knetsch, Marburg,-
OberbibliothekarProfessor I)r. Losch, Steglitz,- Schriftsteller Heinrich Ruppel, Homberg,- Professor vr. Schaefer,
Kommissar für Naturdenkmalpflege im Reg.-Bez. Kassel,- Geheimrat Universitätsprofessor vr. Schröder, Göttingen,-
Universitätsprofessor vr. Schwanike, Marburg,- Werner Sunkel, Marburg,- Professor vr. Bonderau, Fulda,-
Universitätsprofeffor vr. W e d e k i n d, Marburg.
> Im Einverständnis mit den Vereinen: —- —■■■
Verein für hessische Geschichte und Landeskunde,- Hessischer Gebirgsverein,- Knüllgebirgsverekn,- Allgemeiner Deutscher
Sprachverein, Kassel,- Verein für Naturkunde, Kassel,- Geologischer Verein, Marburg,- Biologische Vereinigung, Marburg,-
Gesellschaft für Familienkunde in Kurhessen und Waldeck.
Bezugspreis vierteljährlich 1.50 Mark ■
37. Jahrgang Heft 10 Kassel, Oktober 1925
Konrad Widerholt, der Kommandant von Hohentwiel.
Eine historische Skizze von E. Stendell.
Hessentreue hat sich zu allen Zeiten bewährt,
aber am herrlichsten doch in schweren, trüben
Tagen: Echtes Gold wird klar im Feuer. Und
welche Zeiten — wenn wir von der Gegenwart
absehen, die wir tu bitterster Not und Trübsal
durchleben und durchleiden müssen — wären
wohl trüber und schwerer für das deutsche
Land und Volk gewesen, als die des großen
Krieges im 17. Jahrhundert! Auch in der
Ferne hat sich Hessentreue als verläßlich er
wiesen; und es möge hier, zur Herzstärkung
und zum Trost in trostloser Gegenwart, das
Lebensbild eines Hessen gezeichnet sein, den
das Schicksal in jener wilden Zeit hinaus
trieb und der dem Fürsten, den er sich gewählt,
durch seine unwandelbare Treue sein Land er
hielt : das Bild Konrad Wider holt s.
Die meisten Leser werden den Hohen
twiel kennen, den schönsten und stolzesten
der zahlreichen Hegauberge, die sich kühn aus
der Ebene emporrecken; und wenn sie ihn nicht
selbst besucht haben, so haben sie ihn aus
Meister Scheffels köstlichem Roman „Ekkehard"
lieben gelernt. An einem schönen Sommer
tage — es war im Jahre des Heils 1898 —
erstieg ich ihn mit einem lieben Freunde ans
einem Abstecher vom Schwarzwald her und
träumte mich, im Grase liegend, in jene fernen
Zeiten hinein, wo hier eine stolze Herzogin sich
von einem schlichten Mönchlein Vergils krau
ses Latein erklären ließ. Ich wußte nicht,
daß damals gerade 300 Jahre seit dem Jahre
verflossen waren, wo im hessischen Städtlein
Ziegenhain der Mann in diese Zeitlichkeit ge
boren wurde, mit dessen Namen dex Hohen
twiel für alle Zeiten, so lange noch deutsche
und im besonderen hessische Treue gilt, ver
knüpft sein wird. — Daß der Hohentwiel —
ein Anachronismus in unserer pietätlosen Zeit,
die mit so vielem gründlich aufräumt — noch
heute gut württembergisch ist, obgleich er rings
von badischem Land umgeben ist, das verdankt
er unserem Konrad Widerholt.
Zum besseren Verständnis des ersprießlichen
Wirkens dieses Mannes sei zuvor aus der
reichen Geschichte des Hohentwiel einiges wenige
vorausgeschickt.
Im 10. Jahrhundert gehörte die Burg den
Herzögen von Schwaben; als Witwe Herzog
Burkhards II. saß hier die Herzogin Hadwig
— Scheffels Herzogin —, eine Nichte Kaiser
Ottos des Großen und als solche eine Base der
Äbtissin Sophie von Gandersheim, der mut
maßlichen Gründerin der Eschweger Cyriakus
abtei, gleich dieser eine hochgebildete Frau.
Nach ihrem unbeerbten Hinscheiden ging die
Feste mit dem Herzogtum Schwaben in raschem
Wechsel in den Besitz der Zähringer, der Rhein
felder und schließlich der Staufer über und sah
damals glanzvolle Tage, um dann, gleich so