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prahlte damit, daß ihm nun kein Mensch mehr
zu kommandieren habe. Genossen fand er in
dem gleichgesinnten Bäckermeister Klee von
Borken und dem Feldjäger Klöckner von
Homberg, der schon im dortigen Amt „Raub
und Aufruhr" gepredigt und getrieben hatte.
Was diese drei Gesellen nun eigentlich ge
macht haben sollen, geht aus dem Strubeschen
Bericht nicht allzuklar hervor. Strube erwähnt
den Überfall auf den Marftallstransport mit
keinem Wort, sagt nur, daß die „schrecklichen
Auftritte nur während der Nacht verübt wurden,
um unerkannt zu bleiben", und daß die ganze
Bevölkerung noch allzusehr in Furcht vor der
fluchtig gewordenen Rotte schwebe und darum
nicht wage, rückhaltlose Aussagen „für eine ge
naue Geschichtserzählung" zu machen. Nur so
viel stehe fest, daß Kaufmann und Klee es
vorzüglich waren, die in Borken „Gräuel" ver
übt hätten. Diese Greuel bestanden darin, daß sie
„ganze Nächte hindurch Kugeln gossen und sich
verschworen hatten, alle hiesige Cassenbediente
zu arretiren, die herrschaftliche Gelder und
Fruchtmagazine zu plündern und alles nieder
zuschießen, was sich ihrem Vorhaben nicht
augenblicklich fügen werde, den hiesigen amts
führenden Bürgermeister in Riemen zu schnei
den und denjenigen vom Rathause herabzu
stürzen, welcher noch irgend eine Verordnung
publiciren wolle." Sie hätten den Kaufmann
Wolf unter Androhung des augenblicklichen
Todes, „wobei Kaufmann bereits auch in
seiner Gegenwart 2 Böller in seine ebenwohl
geraubte Flinte lud", gezwungen, ihnen Pulver
zu geben und die Nachtwachen, die sie zur Ruhe
ermahnten, niederzuhauen gedroht. „Letztere
entging ihrem Tode nur durch die Flucht, und
zerschlagene Fenster und tiefe Säbelhiebe in
die Fenster-Rahmen zeugen noch von der Wuth
dieser Menschen."
^Kaufmann soll auch sein „mit doppelten
Schüssen geladenes" Gewehr in die Fenster
des Kaufmanns Wolf und des Justitiarius
S ch ö n h a l s gehalten haben! Nur die flehent
lichsten Bitten vermochten ihn zu bewegen,
nicht abzudrücken. Seine Wut gegen den Justi
tiarius wurde damit erklärt, daß ihn dieser ein
mal auf seinem Apfelbaum erwischt und zur
Rede gestellt habe. Bei all diesen Vorgängen
seien gegen 80 „z. Th. scharfe" Schüsse ge
fallen und „solche oft absichtlich aus die gefähr
lichsten Stellen gerichtet", und wenn nicht ge
rade zur rechten Zeit sich die Nachricht vom
Einrücken der Franzosen in Jesberg verbreitet
hätte, so wäre es sicher zu der längst ver
abredeten Plünderung gekommen und würde
„manches Opfer der Mord- und Raublust auch
würcklich noch gefalleu sein".
Die Proklamation des Geheimen Staats
ministeriums, die zur Ruhe ermahnte und zur
Abgabe der Waffen -aufforderte, suchte der
Amtmann persönlich auf der Straße und durch
Anschlag bekannt zu machen, hatte damit aber
wenig Erfolg, da das im Amte Homberg durch
den Landbereiter geschehene Aufgebot aller
Waffenfähigen mit der Versicherung der Auf
rührer, „sie wären höheren Ortes beauftragt,
alles dahier ebenwohl aufzubieten", der mini
steriellen Proklamation widersprach und die
Bevölkerung nicht wußte, was sie davon hal
ten, wem sie Glauben schenken sollte. Es ge
lang dem Amtmann zwar, den Bäckermeister
Klee, der stürmen wollte, vom Glockenturm
fern zu halten; am selben Nachmittag (der
Tag ist nicht genannt) erschien aber auf einmal
Kaufmann, der „ohne Scheu in den dem
französischen Stallmeister geraubten Kleidern
prunkte", wieder in Borken, zog die Sturm
glocke, sammelte schuell seinen Anhang um sich
und drohte, jeden niederzuschießen, der sich
ihnen widersetzen würde. Als dann die Kunde
kam, daß die Franzosen in Homberg einge
zogen seien, flohen die beiden Rädelsführer
nach Marienrode, einem bei Borken gelegenen
Hof, mit der Drohung, daß mindestens noch
10 Franzosen von ihrer Hand sterben würden,
ehe sie sich kriegen ließen. Sie hatten dabei
„die Frechheit, ihre Gewehre von neuem dop
pelt zu laden". Kaufmann muß indessen
bald darauf wieder nach Borken zurückgekehrt
sein; denn als unvermutet die Franzosen ein
rückten, die Ausgänge der Stadt besetzten und
Haussuchung hielten, wurde er und der „eben
wohl an dem Raub Anteil genommene"
Schmied K a y s e r verhaftet. Bei der Fest
nahme betrug sich Kaufmann noch „so frech,
daß dieses wahrscheinlich allein die Franzosen
zu den gewaltsamen Maßregeln gereizt hat".
Aus Rabes Aufsatz in der Sonntagspost
wissen wir, daß weniger das „freche" Auftreten
des Verhafteten als vielmehr das ungünstige
Zeugnis des Amtmanns dem unglücklichen
Kanonier den Hals gebrochen hat. Denselben
Eindruck hatte scholl der Minister v. Baum
bach, der an den Kurfürsten schrieb, daß Strube
wohl „auch einigen Antheil an der Arrestation
des K. zu haben scheine".
Die Verhafteten wurden von den „Fran
zosen" — in Wirklichkeit waren es deutsche
Soldaten des Fürsten Primas Dalberg — ge