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Jungfrau Maria, daher hieß ihre Bruderschaft
auch „unserer lieben Frauen Brüderschaft".
Von alten Zeiten her besorgten sie das „Ge
leuchte", die Kerzen vor ihrer Schutzheiligen
irr der Stiftskirche, auf eigene Kosten.
Über die Bäckerzunft im Mittelalter ist nähe
res nicht bekannt. Von ihrem Bestehen spricht
nur eine Urkunde aus dem Jahre 1744. Da
mals hatte der Schultheiß zu "Fritzlar den
Gudensberger Bäckern auf Betreiben der Fritz-
larer Zunft am Jahrmarkt ihre Waren kon
fisziert, mußte sie aber auf erhobene Klage
nach Befehl des Erzbischofs wieder freigeben,
wenn die Gudensberger fernerhin den Fritz-
larern die gleiche Freiheit des Verkaufes er
lauben würden.
Auch die Fischer bildeten eine Korporation;
sie zerfielen in erzbischöfliche, stiftische und
städtische Fischer, je nachdem, von wem sie die
Fischerei in Erbpacht hatten. Noch um 1406
war die Fischerei allen Bürgern gemeinsam.
Selbst die Künste wurden in mittelalterlicher
Zeit in Fritzlar nicht vernachlässigt. Meh
rere Glanzstücke des Fritzlarer Domschatzes
wurden daselbst angefertigt. Vor allem beweist
es auch eine Notiz aus dem Jahre 1606. Hier-
Fritzlar?
Fritzlar — Friedenshaus! Ein köstlicher Name.
Man denkt an das Höchste und Heiligste. Hier fand
in ältester Zeit der schuldbeladene Flüchtling Frie
den und durfte frei atmen, bis im Schutze der Gott
heit der Rechtsspruch erfolgte. Durch Winfried
wurde die Stadt Hüterin des .Heils, das in der christ
lichen Lehre den deutschen Ganen aufging.
Man muß unten an der Edder stehen, um den
friedevollen Zauber dieser hessischen Bergstadt ge
nießen zu können, den man hier mit einem Blick um
faßt. über dem Goldgeheimnis des schimmernden
Flusses schwellende Baumkronen, die Wiesengrüße
zu den Berggärten tragen, dahinein sich lachende
Giebel neigen, den farbenbunten Lichtgesängen zu
lauschen, die das Jahr hier jubelt. Darüber reißt
den Blick der Don: in den Himmel empor. Aus dem
efvig rauschenden Gewässer steigt das Auge auf
über grünes Gewoge und rotes Dächergewirr zur
lastenden Stille des Gotteshauses, dessen Türme in
die Ruhe des Himmels verweisen. Das Schauen
wird zu einer Friedensfahrt, wobei die Farben
harmonie aus deutscher Grüne und Dächerrot,
Mauergrau und Himmelhelle ans Herz greift. Eine
Stimmung überkommt uns, wie sie die Juden emp
fanden, wenn sie Jerusalem entgegenwanderten. In *
* Aus „Hessische Höhenluft" I. N. G. Elwertsche Ver
lagsbuchhandlung, G. Braun, Marburg, 1918.
nach wurde das Orgelwerk der Stadtkirche zu
Schmalkalden (wohl die berühmte Schmalkalder
Orgel) in Fritzlar für 300 Gulden verfertigt.
Je mehr nun die Gilden ihre Kraft fühlten,
desto mehr strebten sie danach, ihre Befugnisse
auf Kosten des Stadtrats, mit dessen Schwäche
und Willkür man besonders im 15. Jahr
hundert sehr unzufrieden war, immer mehr
auszudehnen. Dies ging so weit, daß es 1499
und 1561 zu einem regelrechten Aufruhr kam,
bei dem die Zünfte die Führung hatten.
Weitere Nachrichten über das Zunftwesen im
Mittelalter sind uns im wesentlichen nicht
übermittelt. Aber aus den, wenn auch zum
Teil spärlicheu Nachrichten erkennt man, daß
das Handwerk in Fritzlar in ungeahnter Blüte
stand und weit und breit geachtet wurde. Tüch
tigkeit und Gewerbefleiß haben diese Blüte
herbeigeführt. Mögen sie auch weiterhin in
Fritzlars Mauern heimisch bleiben, dann wird
unser Handwerk auch seine jetzige Krise gut
überstehen. Möge auch'weiterhin unsere Stadt
im 13. Jahrhundert ihres Bestehens alle Kreise
der Bürgerschaft einer neuen segensreichen
Blüte, einer besseren Zukunft entgegenführen.
Von Heinrich Bertelmann.
der Tat, Fritzlar steigt wie Jerusalem unmittelbar
in den Himmel hinein. Wie Jerusalem steht es mit
seinen Mauern und Türmen gerüstet da.
Streitbar, kühn drängt es sich an des Berges
Rand, dem es entsprungen scheint, wachen Auges
Feuer und Gefahr erspähend. Wie Jerusalem den
Olberg, so hat Fritzlar den Büraberg zur Seite, zu
dessen lindenbehüteter Kapelle die Pilger wallfahren,
heiliger Erinnerung voll. Denn auch hier stand einst
ein Heiliger, dessen Spuren in Erdentagen nicht
untergehen.
Wenn Finken und Amseln schlagen und die Veil
chen an den Hängen duften, wenn der Sommer seine
grünen Stürze und Gefälle über die'Mauern breitet
und reichen Obstsegen in: Schoße birgt, wenn der
Herbst seine Farbensymphonie anstimmt, wenn der
Winter gilt und der Schnee die letzte Linie der alten
Nester und Giebel herausholt — immer lohnt es
sich, dieses schöne Stadtbild zu betrachten. Und die
alten Türme tun es einem immer wieder an. Diese
Recken, die sich vornahmen, bis ans Ende auszu
harren, scheinen blind in den Tag zu rufen: Kommt
.nur heran mit eurer List! Haut nur zu, wir haben
harte Schädel, wir weichen nicht!
Diesen fremden Gesellen aus vergangenen Zeiten
entsprechen die im Winde schillernden Silbertürme
der Pappeln im Tale. Gleich weitgewanderten Pil
grimen schreiten sie festlich herzu dem Heiligtum