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Sommer 1836", daß die Weser noch Böcke
mit einer Viertelladung trug, als der Verkehr
auf allen übrigen Strömen langst zum Er
liegen gekommen war, — ein Vorfall, der sich
im Jahre 1921 wiederholte, trotz der grund
legenden Änderungen im Ausbau der Ströme
und in den Ausmaßen der Schiffe.
In den dreißiger Jahren begann man, die
Mängel der schwerfälligen Bauart der Schiffe
abzustellen, — statt des hohen plumpen Sattel
daches der Böcke schuf man die ausgebogene
Bedachung mit beiderseitigem Gangborde. Auch
verringerte man die Tauchtiefe auf 1,2 Meter
bei voller Ladung von nun 150 bis 168 Tons.
Dann begann auch das Interesse zu wachsen
für die Verwendung der Dampfkraft auf dem
Strome. 1835 prüfte man die verschiedenen
Hafeneinfahrten auf die dafür nötige Breite,
denn schon 1813 hatte der Bremer Kaufmann
Friedrich Schröder ein Dampfboot „Weser"
mit einer 14 PS. englischen Maschine bauen
und auf der Unterweser laufen lassen. 1817/18
ward ein Schwesterschiff „Der Herzog von
Cambridge" für die Oberweser eingestellt, doch
machte es nur eine Fahrt von Bremen nach
Münden und zurück, und man sah nach den
ersten Erfahrungen den Versuch als gescheitert
an, während die „Weser" bis 1833 auf der
Unterweser Dienst tat.
Erst zehn Jahre später begann auch auf der
Oberweser der Dampferverkehr sich durchzu
setzen. 1842 bildete sich zu Münden die „Ver
einte Weserdampfschisf A.-G." unter dem Vor
sitz der Herren Bodungen, Natermann und
Wüstenfeld. Ihr Sitz war Hameln, ihre Ak
tionäre Bremer, Hamelner und Mündener
Bürger. Das Gründungskapital betrug 60000
Taler, doch ward dies bald auf 100 000, dann
auf 200 000 Taler erhöht. Der zuerst von
der Firma Henschel & Sohn, Kassel, erbaute
Dampfer „Eduard", der im September 1843
eine Probefahrt nach Bremen machte, bewährte
sich nicht. Danach erhielten zwei ausländische
Firmen, die mit dem Bau von Eisenschiffen
vertraut waren, Probeaufträge. Aber die
Firma Ditchburne & Mare zu London, die
mit britischen Marinelieferungen überhäuft
war, versagte sich, während Güche fröres in
Paris den ersten Dampfer lieferten. Er war
im August 1843 fertig geworden und machte
unter eigenem Dampfe die Fahrt die Seine
hinab nach Le Havre und von dort übers
Meer nach Bremen, wo er in den ersten
Septembertagen anlangte. Das Schiff hatte
unbeladen einen Tiefgang von 16 i/ 2 Zoll, be
laden einen solchen von 20 Zoll. Es erhielt
den Namen „Hermann" und führte das Bild
nis Hermanns des Cheruskers in der Flagge
des Landes, das er jedesmal auf seiner Fahrt
berührte. Inzwischen waren auch Verhand
lungen durchgeführt über die Zollbehandlung
an den Anlegeplätzen der verschiedenen Ufer
staaten: — für alle auf dem Schiffe verzehrten
Waren ward Zollfreiheit gewährt. Auch hatte
man inzwischen Tarife und Dienstreglement
ausgearbeitet.
Die Probefahrt bergwärts glich einem
Triumphzuge. Nach Zeitungsangaben betrug
die Fahrtdauer von Bremen bis Pr. Minden
15 Stunden, von. Minden bis Hameln 7 Stun
den und von Hameln bis Hann. Münden 13
Stunden. Talwärts ergaben sich in umgekehr
ter Reihenfolge 7, 4 und acht Stunden. Offi
zielle Notizen geben für die Strecke Hameln
bis Hann. Münden allerdings etwas hiervon
abweichende Zahlen; für die Bergfahrt 14
Stunden 27 Minuten als kürzeste und 15
Stunden 35 Minuten als längste Fahrzeit, für
die Talfahrt 6 Stunden 26 Minuten bzw.
7 Stunden 371/2 Minuten. Der Herbst 1843,
von: 11. Oktober bis 29. November erbrachte
für die Strecke Hann. Münden—Hameln noch
einen Gesamtverkehr von 3503 Personen, das
nächste Jahr sah die Indienststellung zweier
weiterer Dampfer, so daß nun ein regelmäßiger
Verkehr bis Bremen durchgeführt werden
konnte. Jedes Schiff kostete 24 000 Taler, die
Bestellung des zweiten Schiffes veranlaßte noch
im Herbst 1843 die erste der erwähnten
Kapitalserhöhungen der Gesellschaft durch eine
in der „Krone" zu Hann. Münden tagende
Generalversammlung.
Eine regelmäßige Einnahme sicherte der
Auswandererverkehr, denn während bis dahin
die Auswanderer für die Weserstrecke 7 bis
10 Tage hatten rechnen müssen, kürzte das
Dampfschiff diese Zeit auf I1/2 Tag ab, der
Sondertarif für Auswanderer setzte den Fahr
preis für den Erwachsenen auf zwei, für ein
Kind auf einen Taler fest. Neue Belebung er
fuhr noch der Verkehr durch die Fertigstellung
der Bahnanschlüsse zu Pr. Minden und Karls
hafen, 1848, die Dampfer erhielten Warte
zeiten. Die Handwerksburschen wurden tarif
lich den Auswanderern gleichgestellt. Für die
Teilstrecke Pr. Minden bis Bremen setzte dieser
Sondertarif 16 Ggr. fest bei 100 Pfund Frei
gepäck.
1854 erfolgte die Indienststellung eines
Schleppdampfers „Blücher". Als scharfe Kon-