99
spricht, doch ist diese wohl nur durch die Enge
des Raumes zwischen dem Fluß und dem Berg
veranlaßt worden. .Der Ort, dessen Feldflur
dem Kloster gehörte, ist offenbar aus einem
Markt zur Stadt erwachsen. Die Bedingungen
für den Verkehr waren in dein Sitz einer reich
begüterten und mit Vorrechten ausgestatteten
Abtei, die an die Weserschiffahrt angeschlossen
war, nicht ungünstig. Mit der Auflösung des
Klosters im Jahre 1525 verlor die Stadt sehr
an Bedeutung, und fünfzehn Jahre nachher
kam sie tatsächlich in hessischen Besitz. Das
Münzrecht übten die Äbte vom 11. bis ins
16. Jahrhundert, am stärksten wohl in dem
Jahrhundert, als sie unter kölnischem Schutz
standen. Die Stadt hatte ursprünglich drei
bezinnte Türme im Siegel, später aber den
Apostel Paulus mit dem Schwert, während der
Konvent den Apostel Petrus mit dem Schlüssel
führte.
Wolfhagen ist nicht auf der Grundlage einer
älteren Siedelung zur Stadt erwachsen, son
dern auf einem früher bewaldeten Hügel als
Stadtburg erbaut worden. Als Gründer ist der
Landgraf Konrad von Thüringen anzusehen,
der Schwager der heiligen Elisabeth, als Jahr
der Gründung nennt die Chronik 1226, und es
liegt kein Grund vor, dieser Angabe zu miß
trauen. Burg und Stadt wurden gleichzeitig
in Angriff genommen. Erstere, die längst zer
stört ist, stand auf dem südwestlichen Steilhang
jenes Hügels, dem Hagenberg; die Stadt liegt
von diesem durch eine mäßige Senkung ge
schieden auf der allmählich abfallenden Nord
ostseite und führt mit ihren trotz der Uneben-
heit des Geländes regelmäßig durchgeführten
Straßenzügen die planmäßige Erbauung deut
lich vor Augen. Die erstell Bewohner kamen
aus mehreren nahen Dorfschaften, die auf Wei
sung des Erbauers umgesiedelt werden sollten.
Dem Stand nach waren sie Liten, Leute von
geminderter Freiheit, die loohl ein gewisses
Besitzrecht an ihrer Hufe hatten, die aber zu
Diensten und Abgaben verpflichtet und in ihrer
persönlichen Freiheit stark beschränkt waren.
Sie bildeten die Hauptmasse der Bevölkerung
auf sächsischem Gebiet, wo sie zahlreicher waren
als auf dem fränkischen. Durch das allmähliche
Ausgehen weiterer Dörfer in der Stadt erhielt
diese eine sehr umfangreiche Gemarkung, und
die Gunst des Schicksals erhielt ihr auch den
alten Markwald. Er ist ein etwa 1000 Hektar
großer Forst, von dem der Oberförster Böttcher
in Kirchditmold im Jahre 1778 erklärte, diese
Eichenwaldung habe in ganz Hessen ihres glei
chen nicht, lvenll ihr mrr mehr Lust geschaffen
würde.
Sein Stadtrecht erhielt Wolfhagen von Kas
sel, ivo es im Jahre 1238 aus der mündlichen
Überlieferung neu aufgezeichnet worden war;
auch in der Verfassung ist das Vorbild nicht
zu verkennen. Es ist auffallend, daß schon 50
Jahre nach der Gründung gleichzeitig zwei
Siegel mit ganz verschiedenen: Bild im Ge
brauch waren. Das große Rcitersiegel zeigte
den Ritter mit Rennfahne und Löwenschild,
das kleinere Gerichtssiegel einen durch den
Hagen springenden Wolf. Auch in Wolfhage::
ist gemünzt worden, doch sind bis jetzt nur
wenige dort geschlagene Münzen nachgewiesen
worden. Hingegen hat es vor den übrigen hes
sischen Städten an: Diemelstrom den Vorzug,
daß es 'ein nennenswertes Archiv besitzt, wäh
rend andere nur Trümmer eines solchen, einige
nicht einmal diese bewahrt haben. Es ist vor
etwa 80 Jahren von den: früh verstorbenen
Forscher Karl Lyncker aus Kassel geordnet und
zu seiner längst vergriffenen Geschichte der
Stadt Wolfhagen benutzt worden, die Karl
Bernhardi im Namen des Hessischen Geschichts
vereins im Jahre 1855 herausgab.
Der Ursprung der Stadt Volkmarsen ist
beim Versagen der Überlieferung nicht mit
Sicherheit aufzuhellen, und ein neuerdings ge
machter Versuch löst diese Frage nicht, so be
deutsam er im übrigen für die Stadtgeschichte
ist? Volkmarsen war im 12. Jahrhundert ein
Haupthof der Reichsabtei Corvey, der sich bei
seiner günstigen Lage zur Marktsiedelung ent
wickelte, die Abtei erbaute auch den nahe ge
legenen Koglenberg (Kltgelburg) als Schutz
burg. Die Umstände und die gesamte spätere
Entwicklung sprechen dafür, daß der Ort um
1230 befestigt und zur Stadt gemacht worden,
daß ferner der Erzbischof von Köln als Her
zog von Westfalen und Engern, wie bei Hel
marshausen, Pate gestanden hat. Das älteste
Siegelbild, das aus dem Jahre 1272 stammt,
zeigt einen Prälaten mit den: Bischofsstab, der
neben einem weltlichen Großen mit dem Schwert
auf der Mauer sitzt. Daraus ist später das
Wappen gemacht worden, nur daß der Prälat
statt des Stabes den Schlüssel in der Rechten
führt und damit als Erzbischof von Köln
charakterisiert ist. Im Jahre 1304 kam näm
lich das Erzstift in den Mitbesitz von Stadt
5 A. Gottlob, Grundherrschaft und Grafschaft im
Twistetal und die Anfänge der Stadt Volkmarsen.
Zeitschr. f. vaterl. Gesch. und Altertumskunde (West
falen). Bd. 79 II. S. 35.