Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 10 35. Jahrgang Gktober-Heft 1921
Martin Ernst von Schliessen und Windhausen.
Von August Woringe r.
An der Stelle des jetzigen Gutes Windhausen
lag vor sieben Jahrhunderten ein Dorf, das ur
kundlich 1241 Windehusen, 1245 Wenthusen, 1340
Winthusen genannt wird. Die Ortsüberlieferung
gibt als die alte Dorfstätte eine Stelle im benach
barten Jbachsgraben, am sog. Wolfsbrunnen, an.
Der Name des Orts wird von Piderit von seiner
hohen, windigen Lage hergeleitet, während Tronke
und Arnold an die Gründung durch einen Mann
namens Winid denken. Im Munde des Volkes
geht die Sage, das Dorf sei von Tilly zerstört
worden. Das ist jedenfalls nicht richtig. Nachweis
bar sind alte im Dreißigjährigen Kriege zerstörten
Dörfer in Reffen wieder aufgebaut worden. Er
wähnt wird Windhausen zuletzt im 14. Jahrhundert.
1342 standen die Herren von Windhausen im Kriege
Landgraf Heinrich II. des Eisernen mit Mainz
auf mainzischer Seite und öffneten dem Erzbischof
von Mainz ihre Burgen Verstenberg, Blankenau,
Beberungen und Thönenberg. Das mag der Anlaß
gewesen sein, daß ihnen ihr alter Stammsitz Wind
hausen verloren ging; denn 1368 befand sich Wind
hausen im Besitze des Landgrafen Heinrich, der es
in diesem Jahre an den Herzog Otto den Quaden
von Braunschweig verpfändete. Dann lag bald dar
auf die Stätte wüst, bis sich in der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts der General und Staats
minister von Schliessen hier ansiedelte.
Martin Ernst von Schliessen war am 30. Ok
tober 1732 zu Pudenzig bei Gollnow in Pommern
als Sohn des Hans Michael von Schliessen und
der Anna Helena von Petersdorfs geboren. Schon
im Jahre 1745, also mit 13 Jahren, trat er in
das preußische Garnisonsregiment v. Bredow in Ber
lin ein, das aber bald aus Berlin nach verschiedenen
kleinen Orten (Eberswalde, Bernau und Templin)
verlegt wurde. Um sich die Langeweile des ein
förmigen Lebens in den kleinen Garnisonen zu ver
treiben, suchte sich von Schliessen durch eifriges
Studium fortzubilden und hatte dabei, dank seinem
Fleiße und seinem Streben, die besten Erfolge.
Nach vier Jahren wurde er zur Garde in Pots
dam versetzt und zum ersten Male dem König Fried
rich dem Großen vorgestellt. Hier setzte er min
seine Studien fort und brachte es zu großen Kennt
nissen in mehreren alten und neueren Sprachen,
und zwar lediglich durch Selbststudium, denn zur
Bezahlung eines Lehrers fehlten ihm die Mittel.
In seinem 23. Lebensjahre erkrankte er an Lungen
geschwüren, die lebhaftes Fieber im Gefolge hatten.
Er mußte sich zur Heilung auf das Land zu Ver
wandten begeben. Die Sache zog sich aber in die