Full text: Hessenland (34.1920)

Nr. 5/6. 
34. Jahrgang. 
März-Doppelheft 1920. 
Hessisches Heimatsblatt 
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst 
Der Zwergmythus in Hessen. 
II. 
Von Heinrich Franz. 
(Fortsetzung.) 
3. 
Indes selbst wo nicht, wie in den angezogenen 
Fällen, ettt Versehen bzw. Verschulden der Men 
schen vorliegt, müssen diese schnell feststellen, daß 
ihre elbischen Feld-, Hos- und Hausgenossen neben 
guten, schätzenswerten doch auch üble, ja sehr üble 
Eigenschaften .aufweisen. Sie sind eben getreue 
Verkörperungen der Elemente, des Wetters, das 
dem Menschen auch bald seine freundliche, dann 
wieder in jähem Wechsel seine unfreundliche Seite 
offenbart. So springt denn auch die vielgerühmte, 
nimmermüde Hilfsbereitschaft der Wichtel oder 
Zwerge nur allzuleicht in übermütige Neckerei, in 
unerfreulichen Schabernack, in lästigen Unfug über. 
Worin die von ihnen geübten Neckereien^ im 
einzelnen bestehen, wird nicht angegeben. Sicher ge 
hört hierher die uralte und weit verbreitete, aus 
unserer verhältnismäßig jungen hessischen Überliefe 
rung aber nicht mehr belegbare Anschauung, daß die 
Zwerge dem Rufenden aus ihren Bergwohnungen 
heraus nachäffen und damit das erzeugen, was wir 
„Echo" nennen. Im Altnordischen heißt dieses daher 
geradezu dv6rgmal, d. h. die Sprache der Zwerge.^ 
Bedenklich weit in das Gebiet des Schabernacks reicht 
es schon, wenn die Wichtel die nächtlicherweile an 
ihren Berg- und Erdwohnungen vorüberwandelnden 
Landleute irreführen 37 oder wenn sie in den Ge 
höften, wo sie Hausen, den ihnen verhaßten Hunden 
und Pferden allerhand Streiche spielen, etwa deut 
schlafenden Wächter des Hauses in den Schwanz 
kneifen, daß er laut heulend auffährt, oder in der 
Nacht das vorher bestens gekämmte und gestriegelte 
Roß wieder struppig und widerhaarig machen und 
ihm Mähne und Schweif in so miserable Zöpfe 
flechten, daß sie kaum wieder auseinander „geklup- 
pert" werden können 38 . Vollendeter Unfug gar ist 
es, wenn sie, wie einst in der Nähe von Franken 
berg geschah, in jeder Nacht die Früchte und einem 
Bauern aus Benkhausen die nahe ihrer Wohnung 
befindlichen Erbsen niedertreten 39 oder wenn ein 
einsiedlerisch in einem Gehöft zu Höckelsheim (Süd 
hannover) hausender Zwerg Tische und Bänke hin 
und her zerrt und im Rinderstall ein Loch dermaßen 
hartnäckig offenhält, daß es überhaupt nicht zu 
gemacht werden kann.^o 
Nun wird an zwei Stellen unserer Überlieferung" 
versichert, daß sie nur dann böse würden bzw. 
schadeten, wenn man sie reize. Vielleicht liegt also
	        
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