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Franz Joseph, Iah Österreichs Banner weh'n —
Du trugst es schon ein mal erhaben —
D'rauf die Doppeladler leuchtend steh'rü),
Richt räub'rische Geier und Raben;
Der Doppel-Adler, ein Vogel des Lichts,
Des Rechts und der Kraft, er scheuet vor nichts!
Frau Kaiserin, grämet euch nicht zu schwer!
Es stehen des Reiches Provinzen,
Me einst um Maria Theresia her,
So zu euch und dem Kaiser-Prinzen;
Ihr habt ihn mit Fug Rudolphus genannt.
Das Faustrecht brach Rudolph von Habsburgs Hand!
Den alten Herr-Gott rufen wir an
Als Zeugen, als Helfer und Racher,
Es war der Feind, der den Hader begann,
Der linke, der westliche Schächer!
Ein heiliger Kreuzzug ist unser Krieg,
Mit uns der Himmel, die Ehre, der Sieg.
Ihr deutschen Brüder da draußen im Reich,
Lebt wohl, bis auf Wiedersehen!
Wohl möchten wir gern mit euch zugleich
In den Kampf mtt dem Erbfeind gehen;
Doch müsset ihr feiern am Rhein und am Main,
Auch am Po kann Deutschland verteidigt sein!
Was weinet ihr, Weib und Kinder zu Haus?
Ihr seid nicht schutzlos verblieben;
Auch euch zu beschirmen zogen wir aus.
Wir fechten für unsere Lieben!
Und sollten wir fallen in blutiger Schlacht,
Sind Witwen und Waisen dem Kaiser vermacht!
Trompeten geblasen, Trommeln gerührt,
Der Mai und der Krieg sind gekommen;
Nun wird mit Gewalt zum Ende geführt,
Was mit Recht seinen Anfang genommen!
Wie unser Herr und Kaiser sprach:
Mit Gott fürs Vaterland! rufen wir nach!
Schließlich ist aus dem Jahre 1859 noch des
Dingelstedtschen S ch i l l e r l i e d e s „Wir grüßen
dich, du goldne Sonne, die einem seltnen Tage
scheint zu gedenken, das mit der Komposition von
Franz Liszt die Festnummer der Leipziger Illu
strierten Zeitung (12. November 1859) schmückt.
Unter die verschollenen Arbeiten unseres Dich
ters, die mir aus seinen eigenen Aufzeichnungen
oder durch den Briefwechsel bekannt geworden sind,
zählen „Desdemona" (Phönix 1836), „Drei kleine
Kapitel" (Humorist 1841), „Rousseaus Kanarien-
vögelein" (Krabbes schwäb. Kalender), „Eine un
erwartete Begegnung" (Hallbergers Pilgersmann).
Für den Komponisten Friedrich von Flotow *)
*) Von Dingelstedts Hand geändert in „D'rauf die
wahrhaftigen Adler steh'n".
(Schb
bearbeitete er 1861 das von Saint - Georges
und Leon Halsvy verfaßte Opernlibretto le
vannier, das dann unter dem Namen „Nai'da"
lals Oper in Petersburg zwar wenig an
sprach, aber 1873 im Mailänder Theater Man-
zoni mit großem Erfolge gegeben wurde. Frei
lich hatte Flotow nur einen Teil der Dingelstedt
schen Bearbeitung beibehalten, im anderen sich
mehr an die französische Vorlage gehalten. (Vgl.
F. v. Flotows Leben. Bon seiner Witwe. 1892.
G. 135 f.)
Ferner sind auch an dieser Stelle Dingelstedts
Gedächtnisreden zu verzeichnen, von denen die aus
den berühmten Burgtheater - Schauspieler Karl
Fichtner (abgedruckt im Lokalanzeiger der Presse
vom 24. August 1873) in bezug auf Form und
Inhalt geradezu klassisch ist.
Von seinen zahlreichen literarhistorischen Ar
beiten hat Dingelstedt in seinem „Literarischen
Bilderbuch" (Berlin 1878) die wichtigsten zusam
mengestellt. Wer selbst wenn man von den schwer
zugänglichen Aufsätzen in der „Wage" (Kassel
1836), im „Salon" (Kassel 1840/41), in der „La
terne" (Stuttgart 1848/49), in Lewalds „Europa",
Gutzkows „Telegraphen", Laubes „Mitternachts-
zeitllng" u. a. absieht, so ließe sich schon, allein
aus den in der „Allgemeinen Zeitung" 1842—66
veröffentlichten Literaturbriefen (vgl. z. B. in Nr.
143 vom Jahre 1850 die gehaltvolle Besprechung
des „Briefwechsels zwischen Goethe und Rein
hard in den Jahren 1807—1832"), in Verbindung
mit den Reiseberichten im „Morgenblatt" 1841/42,
der „Allgemeinen Zeitung" 1849/50 und dem Fest
kalender (Göttinger Jubiläum „Europa" 1837,
Kölner Dombaufest „Allg. Zeitung" 1842, Frank
furter Goethefest „Allg. Zeitung" 1844, Stutt
garter Herbstfeste „Morgenblatt" 1846, Herder
fest in Weimar „Allg. Zeitung" 1850) ein statt
licher inhaltreicher Band füllen. Wie sehr Dingel
stedt durch diese geistvollen und formvollendeten
Besprechungen und Schilderungen den Besten seiner
Zeit genug getan, das sindet sich in den Briefen
bedeutender Zeitgenossen an ihn wiederholt ausge
sprochen; und daß er zu den Schriftstellerü gehörte,
die durch ihre gewandte Feder in erster Linie der
Allgemeinen Zeitung Ansehen unb Geltung weit
über die Grenzen Deutschlands hinaus verschaff
ten, erkannten Verleger und Herausgeber, Baron
Cotta und Gustav Kolb, mit freudigem Danke
rückhaltlos an.
ß folgt.)