Full text: Hessenland (32.1918)

Erben; doch auch von den übrigen sind nur fünf 
zum Abdruck gelangt und ztvar in Nr. 826 und 
828. 
I. 
Wenn — endlich, endlich! — denn die Letzten rüsten, 
Wenn kriegsbereit, vielleicht sogar mobil 
Der Bund sich macht: so darf dem Saitenspiel 
Nach eherner Bespannung auch gelüsten. 
Damit wir uns zugleich als Seemacht brüsten, 
Bewimple rot sich jeder Federkiel; 
Weil uns're Flotte unter'm Hammer fiel, 
So kreuzt die Feder an bedrohten Küsten. 
Und zur Remonte galoppiert herbei 
Der Pegasusse zugeritt'ne Herde, 
Gott Lob und Dank, sie find noch alle frei! 
Den Großen und Gewaltigen der Erde 
Läßt der Poet das Recht, wie arm er fei. 
Dem Feinde zu verkaufen Schiff' und Pferde. 
II. 
Fort mit Schaden. 
Hofmetzgerei im großen wird getrieben, 
Wo noch ein mächt'ges, deutsches Reich sich fand, — 
Vor deutschem Aug' — nicht doch! — durch deutsche Hand 
Soll das in Stücke geh'n, zu Staub zerstteben! 
Wenn and're Völker ihr Besitztum lieben, 
So opfern wir mit tief'rem Etaatsverstand 
Für Fremder Freiheit, Feindes Vaterland, 
Was unser durch Gewalt und Recht verblieben! 
Mit Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens; 
Der Mikrokosmos ist das Tdeal, 
Das letzte Ziel jedwedes deutschen Strebens! 
So stoßt denn zu! Trefft mit Grestens Stahl 
t uerst die Mutter in das Herz des Lebens, 
ernach euch selbst durch später Furien Gual! 
Hl. 
Kinder bezahlen die Hälfte. 
Klingling! Den Vorhang auf! — Die Szene schien. 
Wie wenn sie Gropius' Meisterhand erschaffen: 
Ein Schauplatz, groß und glänzend, zum Vergaffen — 
Vom Fuß der Alpen bis zum Appenin! 
Hauptrollen nahmen Wien, Paris, Turin; 
Statisten — drei Nationen unter Waffen, 
Die sich zum Todeskampf zusammenraffen 
Und klingenden Spiels in die Arena zieh'n! 
Das deutsche Kind darf vom Amphitheater 
Das Stück, an seiner Eltern Seite, seh'n, 
Wie Flick und Flock, Staberl im Wurstelprater. 
Doch wagt es schüchtern, zu Papa zu geh'n 
Und fragt voll Knaben-Neugier: „Lieber Vater, 
Wie hoch kommt unser Eintrittspreis zu steh'n?" 
IV. 
„La sagesse politique.“ 
Corrumpere et corrutnpi 
saeculura vocatur. 
Tacitus. 
Ja, sich bestechen lassen und bestechen, — 
Für seinen Zweck mißbrauchen and'rer Wahn, — 
Bei Tag verleugnen, was man nachts getan, — 
Verträge, nach Bedarf auch Eide, brechen — 
Das sind die Künste, die sich heut' erfrechen, 
Als äußerst völkerrechtlich und human, 
Nach allereigenstem Erlösungs-Plan, 
Der Weltregierung Rolle anzusprechen! 
Nun, das System ist weder groß noch neu; 
Durch Banden ward's geübt, noch nicht durch Heere, 
Gelehrt im Zuchthaus, wenn auch nur mit Scheu. 
Auch kam es irgendwo bereits zur Ehre, 
Zu steh'n am Ruder; aber, meiner Treu, 
Es war kein Staatsschiff, sondern die Galeere. 
V. 
„Le principe des nationalitäs.“ 
Wo's Leichen gibt, da wimmelt es von Geiern, 
Damit den Adlern nichts zu teilen bleib'; 
Gesundes lockt sie nicht: ihr Zeitvertreib, 
Thr Trieb heißt Ludern bei Begräbnis-Feiern. 
Auf Polens Trümmern, — in den Sterbeschleiern 
Des kranken Mannes, — hart am Marmorleib 
Ttalias — nisten sie; das schöne Weib 
Brütet auf ihren blut'gen Kronen-Eiern! 
Aasvögel, man erkennt euch am Gestank 
Und am Gekrächz, das fich'ren Tod bedeutet, 
Doch niemals Auferstehung und Genesung! 
Thr selbst seid innerlich verfault und krank, 
Und was ihr euch, was and'ren habt erbeutet, 
Was war's noch immer? — Knechtschaft und Verwesung! 
Der Feldzug Frankreichs und Sardiniens gegen 
Österreich 1859 veranlaßte Dingelstedt zu seinem 
Kriegslied für die k. k. österreichische 
Armee in Italien, das in der „Ostdeutschen 
Post" und als Sonderabdruck erschien: 
Melodie: Wohlauf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd! 
Frischauf, Kameraden, und wohlgemut: 
Der Mai und der Krieg sind gekommen! 
Nun heißt's: einen grünen Busch auf den Hut, 
Tn die Faust den Säbel genommen; 
Wir kennen noch alle die Straße nach Süd, 
Wo unter Grangen der Lorbeer blüht! :,: 
Zn der Welt ist wieder der Teufel los; 
Die welschen Vulkane speien. 
Herab von den Alpen hupst der Franzos 
Und lügt, er will Völker befreien. 
:,: Doch mischte sich auch noch ein dritter hinein*-, 
Sie sollen uns alle willkommen sein. :,: 
*) Von Dingelstedts Hand geändert in „Doch mischt 
sich der Ruß mich als Dritter hinein".
	        

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