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deutsch und gut. Alles, was die deutschen Künstler des
Mittelalters schufen, war ein ehrliches Bekenntnis zu
ihres Volkes und Landes Art, war deutsch und gut.
Wo noch in Deutschland heimatliche Art lebendig ist
unter treugebliebenen Bürgern und Bauern, ba wird auch
heute noch so gelebt und geschaffen: deutschund gut.
Und wenn wir noch einmal zu deutscher Kultur kommen
wollen, so gibt es nur einen Weg: zurück zur
Heimat!
Noch gibt es zwer breite Schichten in unserem Volke,
in denen deutscher Geist lebendig geblieben ist. Die erste
ist die der Bauern und alteingesessenen Bürger, die noch
an der Scholle, am Ort ihrer Geburt festhängen. Die
zweite sucht die Heimat da, wo sie arbeitet, um im Zu
sammenhang mit dem Gestern erfolgreich zu arbeiten
und die Verantwortung vor der Zukunft tragen zu
können. Diese Schicht der Heimatsucher bedarf der
Führung, jene erste Schicht, so treu sie ist, hat keine
iverbende Kraft und bedarf der Stärkung.
Tie Erkenntnis unseres kulturellen Tiefstandes, der
schweren Gefährdung unserer Seele, des Elends unserec
Kunst hat zur Gründung des Reichsbundes für
Heimatkunst geführt, der, nach einer ersten
Versammlung im Mar in Berlin, eine zweite Tagung
in Homburg v. d. H. abgehalten hat, zu der Teilnehmer
aus allen Teilen des Deutschen Reiches zahlreich er
schienen waren. Der Verband erstrebt erfolgreich den
Zusammenschluß aller in seinem Sinne in Deutschland
wirkenden Kräfte zu einer Arbeitsgemeinschaft der Pflege
des Deutschtums in Dichtung und Kunst im Geiste
Aus aller ur
Monsieur Billiet in Gaillon und sein Hochzeils
geschenk.
Dieser ungeheure Weltkrieg, in dem das deutsche Volk
so heldenmütig sein Dasein, seine Freiheit und seine
Größe gegen eine Welt von Feinden verteidigt, er
scheint uns im Vergleich zu dem weltgeschichtlich hoch auch
so bedeutungsvollen Einheitskriege von 1870/71, der uns
die ersehnte Einigung und den deutschen Kaiser brachte,
wie eine blutige ungeheure Schicksalstragödie des Alter
tums gegen ein friedliches Idyll, einen militärischen
Spaziergang, den Zweikampf von zwei tapferen ge
wandten Fechtern, die sich auf der Mensur gegenüber
stehen, die von der Korona mit Spannung und Bewun
derung verfolgt wird, in, der der eine endlich, ein ele
ganter, tapferer Schläger, von dem kräftigeren, ebenso
gewandten nach längerem Widerstand nach allen Regeln
der Kunst glän>zend „abgeführt" wird.
Aber auch sonst finden sich eine Menge Gegensätze
in diesen beiden größten Kriegen der Neuzeit. Den
grimmigen Haß, mit den das französische Volk die ver
haßten boedes heute überschüttet, der sich z. B. in un
edelster Weise bei der sog. ritterlichen Nation in der
grausamen unH niederträchtigen Mißhandlung unserer
bedauernswürdigen, Kriegsgefangenen zeigt, kannte man
in den Jahren 1870/71 nicht; wohin wir in Frank
reich in Quartier kamen, insbesondere wenn wir mehrere
Tage oder gar Wochen lagen, bildete sich oft ein fast
freundliches Verhältnis zwischen Quartiergebern und- ihren
Gästen; der Krieg war ein inulbenr pour nous et pour
vous, pour tous, man teilte, was man hatte, wir
gaben Fleisch und Brot ihnen, sie uns stärkenden
und herzerfreuenden Wein. Und als wir in Chartres bei
dem liebenwürdigen dicken Brauereibesitzer Franyois
Legras einige Tage in Quartier gelegen hatten und
einer frohen, stolzen Heimattreue. Aus allen Erör
terungen und Vorträgen gelegentlich der Hamburger
Tagung klang ein tiefer Glaube an die Weltsendung
und Kraft des deutschen Geistes.
Zu der Förderung des Werkes ist jeder Deutsche be
rufen. Wenn der Reichsbund in erster Linie die bestehen
den Vereine zusammenfassen will, so will er sich anderer
seits doch guch auf einzelne Träger des Heimatwerkes
stützen. Er ruft zuerst die Geistlichen und Lehrer der
Dorfgemeinden, die berufenen Hüter heimischen Volks
tums, auf und erhebt die Forderung, daß an den Hoch
schulen Lehrstühle für das heimische Volkstum errichtet
werden. Die Professoren der höheren Schulen sollen
den Geistlichen und den Lehrern auf dem Lande an die
Seite treten. Die Mithilfe aller in Frage kommenden
amtlichen Stellen wird erbeten. Die großen Mittel
punkte des Deutschtums, vor allem das germanische
Nationalmuseum, sollen mehr lebendige Lehranstalten
als Sammelstätten sein. Die Kunst soll sich ihre Stoffe
in der Heimat und Heimatgeschichte suchen, die Schrift
steller sollen die heimatliche Literatur pflegen. Dazu
müßten die Verleger die Hand bieten. Die Tagespresse
wird aufgefordert, sich in den Dienst aller dieser Be
strebungen zu stellen.
In den ersten Arbeiten des Bundes (Bücherei, Flug
schriften) zeigen sich die Anfänge und hoffentlich Stufen
zu freien Höhen einer neuen deutschen Kunst, zur Er
höhung des Lebensgehaltes der Deutschen, zu einer
innerlich reichen Zukunft unseres Volkes.
neuer Zeit.
nach einigen Wochen nach Chartres zurückkehrten in
ein anderes, da ließ er es sich nicht nehmen, alle
seine alten Offziere zu einem solennen Abendessen ein
zuladen, bei dem es gar fröhlich herging. Nunc est
bibendum! — Und noch mehr: Wie viele deutsche Sol
daten und Offiziere haben doch noch nach dem Kriege
in Schriftverkehr mit dem Feinde gestanden, sich der
freundlichen Aufnahme in ihrem Hause dankbar er
innert und von diesen herzliche Worte des Dankes
gehört Zür ihr menschenfreundliches Verhalten in schwe
rer Zeit.
Und so möchte auch ich in meinen alten Tagen noch
ein Ereignis aus jener Zeit erzählen, das der Vergessen
heit entrissen zu werden doch vielleicht nicht unwert
erscheint, dergleichen nach diesem Krieg wohl kaum sich
wiederholen wird.
Unser Bataillon lag Ende Januar 1870 in Pontau-
demer, nicht allzuweit vom Atlantischen Ozean, und
mehrere Kameraden hatten sich vorgenommen, am an
deren Tage eine Fahrt nach Le Hapre zu machen, um
die Mündung der Seine und das gewaltige Meer mit
eigenen Augen zu sehen. Da kam plötzlich die Nachricht
Don dem am 28. Januar abgeschlossenen Waffenstill
stand, die mit lautem Jubel und Entzücken begrüßt
wurde — der Anfang vom Ende des Krieges! — und
zugleich der Befehl zum Abmarsch am folgenden Tage
über Elboeus der Seine entlang nach Versailles, ins
Hauptquartier, wo Kaiser Wilhelm und Kronprinz
Friedrich lagen. Und die Aussicht, in der alten Kö
nigsstadt mehrere Wochen vielleicht weilen, sich gründ
lich ausruhen, dort Bruder und Freunde nach 8 Mo
naten des Kampfes wieder zu treffen — es war des
Glücks zu viel!
Mit Rücksicht auf den Waffenstillstand traten in
mancher Beziehung fast friedliche Verhältnisse ein; es