itrirb auch der Psalter Elisabeths durch eine spätere
Eintragung als Geschenk Elisabeths bezeichnet.
Natürlich war auch dafür Bertold der Mittler,
wenn auch seine Anregung sich zunächst nur aus
den ihm bekannten Hausschatz der Familie An
dechs-Meran, den schon Jahrhunderte alten Eg
bertpsalter, und nicht auf den in Thüringen heimi
schen neuen Elisabethpsalter bezogen haben mag.
Entstanden war er in der Malstube des Hausklo-
fters der thüringischen Landgrafen Reinhards
brunn, und die erste Besitzerin war Landgräfin
Sophie, die Gattin des kunstsinnigen Landgrafen
Hermann, gewesen. Sie war eine fromme, zu
barmherziger Nächstenliebe geneigte Frau. Das
bezeugen andere mrbestreitbare Quellen und auch
Blätter mlseres Psalters, die mit eigenen Gebeten
der um das Seelenheil ihres Gatten geängstigten
Landgräfin von der Hand ihres Kaplans, bezie
hungsweise mit bedeutungsvollen Bildern geschmückt
sind. Man hat gesagt, daß Elisabeth in einein
Doppelbilde am Ende des Psalters in Verkörpe
rungen des andächtigeil und des tätigen Lebens
ihr Lebensprogramm finden konnte. Die Land
gräfin hat ihr das Buch geschenkt, wie sie den eige
nen frommen Sinn auf die ihr in frühesten Kin-
derjahren zugeführte ungarische Königstochter nber-
tragen hat. War sic doch keineswegs die „böse
Schwiegermutter", als die die spätere Legende sie
dargestellt hat! Dann, als in Elisabeth nach dem
Tode ihres früh (1227) verstorbeneir Gatten der
franziskanische Armutsdrang übermächtig gewor
den war, hat sie dies Gebetbuch und den Egbert-
psalter, der von ihrer Tante, der heiligen Hedwig,
oder von ihrer Mutter Gertrud auf sie übergegan
gen war, dem geistlichen Oheim Bertold überlassen.
(Nur mit ungefährer Zeitangabe wird die Schen
kung auf „nach 1220" durch jene Eintragung im
Elisabethpsalter angesetzt.)
Die Ursprungsstätte des Egbertpsalters, dieses
wertvoller: Erzeugnisses der zweiten Blüteperiode
abendländischer Malerei unter der: Ottonen, wird
von der neueren Forschung im Kloster Reichenar:
am Bodensee gesucht. Der Trierer Erzbischof Eg
bert, der 977—93 regierte, hat einen gewisser:
Ruodprecht zur Herstellur:g des Psalters veran-
laßt und diesen seiner Domkirche gescher:kt, rvie
er ihr auch einen kunstvoller: Tragaltar mit Re-
liquien des hl. Andreas gespendet hat. Irr: fol
genden 11. Jahrhundert wurde der Psalter weit
nach dem Osten Europas verschlagen, vielleicht
durch Richeza, die Tochter eines lothringischer:
Pfalzgrafen Erenfrid, der in schwerer: Kriegsnöter:
des Erzstifts den Psalter wohl leicht hatte erwerben
können. Richeza lvurde Gemahlin eines polnischen
Fürster: und Schwiegermutter eines russischen
Großfürster: Jaropolk, der ir: Kiero seinen Sitz
hatte (f 1087). Gebete seiner Genmhlin Ger
trud, der Tochter Richezas, füllen eine Reihe von
Blättern der Handschrift; und diesen Gebeten, die
nach ihrem Schriftcharakter in der zweiten Hälfte
des 11. Jahrhunderts geschrieben sind, verdankt der
Egbertpsalter den Namen Codex Gertrudiaims.
Es tv-ar ein großer Irrtum, ihn auf Königin Ger
trud von Ungar::, die Mutter der heiligen Elisa
beth, zurückzuführen, jene Gebete müssen min
destens ein ganzes Jahrhundert vor ihren Leb
zeiten geschrieben sein, und daß der Psalter je in
Gertruds Händen gewesen sei, ist möglich, aber
nicht zu erweisen. Neben den Gebeten erhielt der
Psalter in Rußland einen besonderen Schmuck an
fünf Bildern byzantinischen Charakters mit russi
schen: Einschlag. Sie beziehen sich zum Teil auf
die Lebensschicksale Jaropolks und Gertruds. Ge
bete und Bilder haben moder::er Forschung dazu
gedient, ein noch dunkles Stück russischer Geschichte
aufzuhellen. Man hat gesagt, daß die heilige Eli
sabeth nachmals der gerade auf ihren Fall Passen
den „Gertrudianischei: Gebete" sich bedient haben
möge, als ihr Herz in folternder Spannung bei
ihrem auf der Kreuzfahrt befindlichen Gatten
weilte.
Wie aber fand der Psalter den Rückweg nach
Deutschland? Durch verwandtschastliche Verbin
dungen zlvischen den russischen und polnischen
Fürstenfamilien gelangte er um 1140 in die Hände
der polnischen Herzogin Salome. Sie aber stammte
ans dem angesehenen Geschlecht der oberschwäbi-
schen Grafen v. Berg (ihre Schwestern waren
böhmischen und mährischen Fürsten verinählt). In
den letzten sechs Jahren ihres Lebens (si 1144)
stand sie als Witwe in den engsten Beziehungen
zu dem Fainilienkloster der Grafe:: v. Berg Zwie-
falten. Es zählte in: Jahre 1138 neben 70 Mön
chen und 130 Laienbrüder:: 62 Nonnen, darunter
Grafentöchter und die Herzogin Gertrud, eine
Tochter Salomes. Mit ihr hat die Mutter dem
Kloster viel kostbare Geschenke übersandt, darun
ter „einen großen, mit Goldtinte geschriebenen
Psalter". Das war unser Egbertpsalter, dessen
Kalender und Nekrolog den Anhalt für diese Fest
stellungen geböte:: haben. Aber nicht lange blieb
der Psalter in Zwiefalten, vielmehr gelangte er
noch vor 1160 in de:: Besitz der Grafen von An
dechs, die durch enge verwandtschastliche Be
ziehungen mit den Schutzherren von Zwiefalten,
den Grafen v. Berg, verbunden und als Inhaber
der Grafschaft Diessen den: Kloster benachbart
waren. Graf Berthold IV. von Andechs, der Groß
vater Elisabeths, wird den Band erworben haben.
Bon ihm, der sich zuerst seit ungefähr 1180 Herzog