Full text: Hessenland (32.1918)

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stehen in einen „Deutschen Bildungsverein". Als 
auch dieser der Auflösung verfiel, gaben die 
Schwarzen zeitweilig jede äußere Form der Ver 
einigung -auf, ohne jedoch hierdurch das sie um 
schließende Band zu lockern. Im Jahre 1816 schien 
sich infolge eines von dem Jenaischen burschen- 
schaftlichen Kreise gegebenen Anstoßes die Mög 
lichkeit einer Aussöhnung der beiden feindlichen 
akademischen Parteien zu eröffnen. Man beriet 
in verschiedenen Burschenversammlungen über den 
Verfassungsentwurf eines Gießener Burschen- 
ftaates, den die Führer der Schwarzen aus 
gearbeitet hatten, und zu dessen Amrahme auch 
die Landsmannschafter sich geneigt zeigten. 
Schließlich kam es aber doch wieder zu offenem 
Bruche. In einer im Dezember 1816 abgehal 
tenen Studentenversammlung bestritten die Ver 
treter der Landsmannschaften Hassia und Kon 
stantia allen Nichtlandsmannschaftern das Recht, 
über Fragen des Komments Entscheidungen zu 
treffen. Als danrr die Schwarzen mit andern An 
hängern ihrer Gedanken auf Grundlage der Ver 
fassung des „Ehrenspiegels" sich zur „christlich- 
deutschen Gießener Burschenschaft" vereinigt hat 
ten, verfiel diese im Jahre 1817 dem Verrüfe der 
Landsmannschafter, wodurch nun wieder eine 
Reihe von heftigen feindlichen Zusauunenstößen 
beider Parteien herbeigeführt wurde. Der Gegen 
satz wurde noch besonders dadurch verschärft, daß 
die Landsmannschafter ihre Gegner in Anzeigen 
beim Universitätssenate als Mitglieder einer 
staatsgefährlichen Verbindung hinstellten, während 
sie selbst zum Zeichen ihrer staatstreuen Gesinnung 
die hessische Kokarde an dm Hut steckten. Im 
Laufe der sich anschließenden Disziplinarunter 
suchung, die zur Auflösung sowohl der Ehren 
spiegelburschenschaft, als auch der Landsmannschaf 
ten führte, sandte der hessische Staatsminister eine 
Denkschrift an die preußische Regierung, worin 
sich die Angst der Kleinstaaterei gegenüber der 
burschenschastlichen Einheitsbewegung deutlich 
kundgibt. Geradezu als Hochverrat wird es hier 
den Schwarzen angerechnet, daß sie erklärt hätten, 
Deutschland sei ihr gemeinsames Vaterland und 
müsse wieder zu einem Staate vereinigt werden! 
Mitten in jene leidenschaftlichen Zwistigkeiten 
traf die Einladung der Jenaischen Burschenschaft 
zum Wartburgfeste des 18. Oktober 1817 in Gießen 
ein. Von den beidm Parteien wurde auf den Ge 
danken der Feier lebhaft eingegangen.. Aus dem 
Kreise der Schwarzen machten sich 14, von den 
Landsmannschaften 9 Mitglieder nach Eisenach 
auf den Weg. Auch aus der Wartburg ist es dann 
zwischen den alten Gegnern zu einem heftigen 
Zusammenstoß gekommen, als der Schwarze von 
Buri die Gießener Landsmannschafter der Stö 
rung des akademischen Friedens und der studen- 
tischm Gleichheit beschuldigte. Bei der begeisterten, 
einer allgemeinen Verbrüderung zuneigenden 
Stimmung der Versammlung wurde es aber dem 
Vorsteher der Jenaischen Burschenschaft, Scheid- 
ler, nicht schwer, eiuen Ausgleich herbeizuführen. 
Als von Buri und sein Gegner App sich zur Ver 
söhnung die Hand reichten, folgte die ganze Ver 
sammlung begeistert ihrem Beispiele. „Bekannte 
und Unbekannte drückten sich die Hände, hielten 
sich fest umschlungen und waren verloren in 
Freude und Liebe." Unter dem hinreißenden Ein 
drücke des Festes entschlossen sich dann mehrere 
Mitglieder der Gießener Hassia, der Jenaischen 
Burschenschaft beizutreten, der im Wintersemester 
1817/18 auch zwei Glieder des Kreises der Schwar 
zen sich anschlossen. 
Noch immer war aber die Zeit der Versöhnung 
der beiden feindlichen Gießener Parteien nicht ge 
kommen. Die Landsmannschafter wurden aller 
dings durch ihre nach Jena übergesiedelten Mit 
glieder für den burschenschastlichen Gedanken ge 
wonnen und zeigten sich zur Aufrichtung einer all 
gemeinen Gießener Burschenschaft bereit. Karl 
Fallen aber, das Haupt der Schwarzen, wies 
solche Annäherungsversuche starrsinnig zurück und 
beschuldigte seinen Freund von Buri wegen dessen 
Nachgiebigkeit aus der Wartburg geradezu des 
Wortbruchs gegenüber seinem Gießener Bunde. 
Und auch zwischen der Jenaischen Burschenschaft 
und den Schwarzen kam es zu Anfang des Jahres 
1818 zu einem scharfen Zusammenstoße. In ihrem 
stürmischen Reformeifer machten die Schwarzen 
der Jenaischen Burschenschaft bittere Vorwürfe 
wegen des von ihnen geduldeten Lichtenhainer 
Bierstaates, dessen üble Trinksitten sich mit den 
idealen Aufgaben der Burschenschaft nicht vertrü 
gen. Die Jenaer dagegen rückten den Schwarzen 
den Starrsinn und geistigen Hochmut vor, den sie 
gegenüber den Einigungsversuchen an der Ludovi- 
ciaua bekundet hätten und stellten sich ganz auf 
die Seite der Gießener Landsmannschafter. Der 
gereizte Briefwechsel führte schließlich zu einer 
Pro-Patria°-Forderung der Jenaer auf zwanzig 
Paare, die in Wieseck ausgesuchten werden sollte. 
Auch nachdem durchs den Jenaischen Burschentag 
von Ostern 1818 eine Zurücknahme der Forde 
rung und eine Aussöhnung der Schwarzen mit 
Jena herbeigeführt worden war, rückten die Ver 
suche zur Einigung der Gießener Parteien, um 
die sich auch der unglückliche Karl Ludwig Sand 
eifrig bemühte, nicht vom Flecke. So standen 
denn die Schwarzen und ihr Anhang, als die 
bisherigen Gießener Landsmannschafter am 13. 
August 1818 zur Aufrichtung der „allgemeinen 
Gießener Burschenschaft" schritten, grollend zur 
Seite. Der Namen der neuen Burschenschaft war 
Germania, ihre Farben waren blau-rot-grün, viel 
leicht eine Verbindung der Farben der aufgelösten 
Hassia (schwarz-rot-grün) und Konstantia (blau- 
weiß-rot). Als Wahlspruch führte sie neben dem 
Jeuaischen „Freiheit, Ehre, Vaterland" noch den 
der Hassia „Alle für Einen, Einer für Alle!" 
Als ihr letztes Ziel bezeichnete die Verfassung der 
Germania: „In ihr und durch sie soll eine all 
gemeine Einheit und Gleichheit aller der Mitglied
	        
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