Full text: Hessenland (31.1917)

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Das Kasseler Konsistorium ging nun sofort auf 
die von dem Pfarrer Schreiber gegebene Anre 
gung ein und erließ unterm 28. März 1707 an 
den Amtmann zu Sababurg und sämtliche Pfarrer 
seines Amtes „ein scharfes Edikt", in dem es 
dem Amtmann aufgab, den Untertanen des Am 
tes Sababurg den Steinigungskampf „unter offe 
nem Glockenschlag" ernstliche zu untersagen und 
jeden, der nicht gehorche, in eine Geldstrafe von 
5 Gulden zu nehmen, im Wiederholungsfälle aber 
mit „einer dem Gelde proportionierlichen Turm 
strafe zu belegen". Die Pfarrer wurden ange 
wiesen, diese Verordnung von der Kanzel zu ver 
lesen. Auch sollte der Amtmann seinen Kollegen 
in Nienover, die Pfarrer aber ihre Amtsbrüder 
in den hannöverschen Grenzorten von der Ver 
ordnung in Kenntnis setzen, damit auch von diesen 
in gleicher Weise vorgegangen werde. 
So schnell wie in Hessen ging aber die Sache 
in Hannover nicht. Das hannöversche Konsisto 
rium hielt sich zum selbständigen Vorgehen wohl 
nicht befugt und berichtete deshalb am 14. März 
1707 über den bisherigen Hergang an den Kur 
fürsten Georg, den späteren König Georg I. von 
Großbritannien und Irland. Damit war der 
Fall aber auch erledigt, eine Antwort erfolgte 
nicht und der Unfug an der Grenze ging weiter. 
Nach Ansicht des Bodenfelder Pfarrers hatte sich 
„der eingewurzelten Bosheit von Seiten der hessi 
schen Untertanen nicht so leicht wollen Schranken 
setzen lasten", was um so mehr der Fall sei, als 
die Hannoveraner, denen ja noch nichts in den 
Weg gelegt worden war, „in ihrem alten Mut 
willen ungehindert fortfuhren". Er zeigte dies 
unterm 9. Mai 1707 wiederurp dem Konsistorium 
in Hannover an und berichtete, was er immer schon 
vorausgesagt habe, sei nun eingetreten. Am Palm 
sonntag, 17. April 1707, sei ein Müllerknecht 
seiner Gemeinde, Johann Heinrich Siebrecht, von 
einem Stein hinter das rechte Ohr getroffen wor 
den und „weiln sogleich haemorrhagia, phrenitis 
und apoplexia darauff erfolget", am dritten Tage 
elendiglich gestorben. Das habe zwar viele Ein 
wohner von Bodenfelde in Schrecken versetzt, aber 
trotzdem sei nicht zu hoffen, daß dieser Unglücks 
fall das Ende des Steinigungskampfes herbei 
führen werde. Denn wenn auch infolge des Er 
eignisses der Amtmann zu Menover am 1. Oster 
tage durch besonderen Befehl den Steinigungs- 
kampf untersagt habe, so lehre doch die Erfahrung, 
daß solche Befehle gar nichts hülfen, und zudem 
müsse man befürchten, daß die Einwohner von 
Bodenfelde nun erst recht den Tod ihres Genossen 
rächen und den Kampf fortsetzen würden. Es 
sei also hohe Zeit, daß nun endlich das Konsi 
storium zu Hannover sich zu einem Verbote auf 
raffe, das von dem hessischen Konsistorium ja 
schon längst erlassen sei. Aber wiederum glaubte 
das hannöversche Konsistorium nicht selbständig 
vorgehen zu dürfen. Es berichtete" also abermals 
unter Darstellung der neueren Vorgänge am 30. 
Mai 1707 an den Kurfürsten. Darauf erging 
dann endlich unterm 2. August 1707 ein Schreiben 
der Regierung zu Hannover an den Amtmann zu 
Menover, in dem sie ihm ihr Befremden.aussprach, 
daß er nicht schon längst gegen dieses Unwesen 
eingeschritten sei oder der Regierung darüber be 
richtet habe. Jedenfalls habe er künftig „bei 
Straffe einer nahmhafften Geldbuße oder Gefeng- 
nisses oder auch dem Befinden nach noch schwererer 
Ahndung" die > Ausübung des alten Brauchs zu 
untersagen und auch, wenn das nicht helfen sollte, 
die angedrohten Strafen wirklich zur Anwendung 
zu bringen. Wenn auch das wider Erwarten 
keine Abhilfe bringen sollte, habe er erneut zu be 
richten. Von dieser Verfügung gab die Regierung 
zu Hannover - an demselben Tage der fürstlich 
hessischen Regierung zu Kassel Kenntnis. Der 
Steinigungskampf hat dann auch wirklich aufge 
hört. 
Erinnerungen aus meinem Leben. 
Von Otto Bähr. 
(Fortsetzung.) 
Im Sommer 1857 ernannte mich die Universität 
Marburg zum Ehrendoktor. Es wurde mir auch 
schon um jene Zeit eine Professur in Marburg 
angeboten; aber ich konnte mich nicht entschließen, 
aus der Praxis zu scheiden. Im Laufe der fol 
genden Jahre sind noch gleiche Angebote von 
zwei anderen Universitäten an mich ergangen. 
Noch unter dem Ministerium Hassenpflugs yatte 
ich Hei einer sich darbietenden .Gelegenheit den Ge 
danken angeregt, das Währschaft- und- Hypothe 
kenwesens Kurhessens umzugestalten. In Kurhessen 
galt schon von Alters her (seit 1732) das Auf- 
lafsungsprinzip, d. h. es bestand der Grundsatz, 
daß Eigentümer von Grund und Boden nur durch 
gerichtlichen Vertrag übertragen werden könnm. 
Sämtliches Eigentum wurde auch auf den Namen 
der Eigentümer in ein Grundbuch (General-Währ- 
schaftsbuch) eingetragen. , Aber diese Einträge 
hatten keine formelle rechtliche Bedeutung. Sie 
bezeugten nur das vom Gericht Festgestellte, galten
	        
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