f*UL> 349
Das Kasseler Konsistorium ging nun sofort auf
die von dem Pfarrer Schreiber gegebene Anre
gung ein und erließ unterm 28. März 1707 an
den Amtmann zu Sababurg und sämtliche Pfarrer
seines Amtes „ein scharfes Edikt", in dem es
dem Amtmann aufgab, den Untertanen des Am
tes Sababurg den Steinigungskampf „unter offe
nem Glockenschlag" ernstliche zu untersagen und
jeden, der nicht gehorche, in eine Geldstrafe von
5 Gulden zu nehmen, im Wiederholungsfälle aber
mit „einer dem Gelde proportionierlichen Turm
strafe zu belegen". Die Pfarrer wurden ange
wiesen, diese Verordnung von der Kanzel zu ver
lesen. Auch sollte der Amtmann seinen Kollegen
in Nienover, die Pfarrer aber ihre Amtsbrüder
in den hannöverschen Grenzorten von der Ver
ordnung in Kenntnis setzen, damit auch von diesen
in gleicher Weise vorgegangen werde.
So schnell wie in Hessen ging aber die Sache
in Hannover nicht. Das hannöversche Konsisto
rium hielt sich zum selbständigen Vorgehen wohl
nicht befugt und berichtete deshalb am 14. März
1707 über den bisherigen Hergang an den Kur
fürsten Georg, den späteren König Georg I. von
Großbritannien und Irland. Damit war der
Fall aber auch erledigt, eine Antwort erfolgte
nicht und der Unfug an der Grenze ging weiter.
Nach Ansicht des Bodenfelder Pfarrers hatte sich
„der eingewurzelten Bosheit von Seiten der hessi
schen Untertanen nicht so leicht wollen Schranken
setzen lasten", was um so mehr der Fall sei, als
die Hannoveraner, denen ja noch nichts in den
Weg gelegt worden war, „in ihrem alten Mut
willen ungehindert fortfuhren". Er zeigte dies
unterm 9. Mai 1707 wiederurp dem Konsistorium
in Hannover an und berichtete, was er immer schon
vorausgesagt habe, sei nun eingetreten. Am Palm
sonntag, 17. April 1707, sei ein Müllerknecht
seiner Gemeinde, Johann Heinrich Siebrecht, von
einem Stein hinter das rechte Ohr getroffen wor
den und „weiln sogleich haemorrhagia, phrenitis
und apoplexia darauff erfolget", am dritten Tage
elendiglich gestorben. Das habe zwar viele Ein
wohner von Bodenfelde in Schrecken versetzt, aber
trotzdem sei nicht zu hoffen, daß dieser Unglücks
fall das Ende des Steinigungskampfes herbei
führen werde. Denn wenn auch infolge des Er
eignisses der Amtmann zu Menover am 1. Oster
tage durch besonderen Befehl den Steinigungs-
kampf untersagt habe, so lehre doch die Erfahrung,
daß solche Befehle gar nichts hülfen, und zudem
müsse man befürchten, daß die Einwohner von
Bodenfelde nun erst recht den Tod ihres Genossen
rächen und den Kampf fortsetzen würden. Es
sei also hohe Zeit, daß nun endlich das Konsi
storium zu Hannover sich zu einem Verbote auf
raffe, das von dem hessischen Konsistorium ja
schon längst erlassen sei. Aber wiederum glaubte
das hannöversche Konsistorium nicht selbständig
vorgehen zu dürfen. Es berichtete" also abermals
unter Darstellung der neueren Vorgänge am 30.
Mai 1707 an den Kurfürsten. Darauf erging
dann endlich unterm 2. August 1707 ein Schreiben
der Regierung zu Hannover an den Amtmann zu
Menover, in dem sie ihm ihr Befremden.aussprach,
daß er nicht schon längst gegen dieses Unwesen
eingeschritten sei oder der Regierung darüber be
richtet habe. Jedenfalls habe er künftig „bei
Straffe einer nahmhafften Geldbuße oder Gefeng-
nisses oder auch dem Befinden nach noch schwererer
Ahndung" die > Ausübung des alten Brauchs zu
untersagen und auch, wenn das nicht helfen sollte,
die angedrohten Strafen wirklich zur Anwendung
zu bringen. Wenn auch das wider Erwarten
keine Abhilfe bringen sollte, habe er erneut zu be
richten. Von dieser Verfügung gab die Regierung
zu Hannover - an demselben Tage der fürstlich
hessischen Regierung zu Kassel Kenntnis. Der
Steinigungskampf hat dann auch wirklich aufge
hört.
Erinnerungen aus meinem Leben.
Von Otto Bähr.
(Fortsetzung.)
Im Sommer 1857 ernannte mich die Universität
Marburg zum Ehrendoktor. Es wurde mir auch
schon um jene Zeit eine Professur in Marburg
angeboten; aber ich konnte mich nicht entschließen,
aus der Praxis zu scheiden. Im Laufe der fol
genden Jahre sind noch gleiche Angebote von
zwei anderen Universitäten an mich ergangen.
Noch unter dem Ministerium Hassenpflugs yatte
ich Hei einer sich darbietenden .Gelegenheit den Ge
danken angeregt, das Währschaft- und- Hypothe
kenwesens Kurhessens umzugestalten. In Kurhessen
galt schon von Alters her (seit 1732) das Auf-
lafsungsprinzip, d. h. es bestand der Grundsatz,
daß Eigentümer von Grund und Boden nur durch
gerichtlichen Vertrag übertragen werden könnm.
Sämtliches Eigentum wurde auch auf den Namen
der Eigentümer in ein Grundbuch (General-Währ-
schaftsbuch) eingetragen. , Aber diese Einträge
hatten keine formelle rechtliche Bedeutung. Sie
bezeugten nur das vom Gericht Festgestellte, galten