Full text: Hessenland (31.1917)

E- 324 9W6 
Seht, ob bei dem Maskenfeste 
Nickt die große Tat gelingt, 
Daß sich eures Stammes Veste, 
Daß Preziofa sich verjüngt. 
lZum Großhrrzyz:) 
Hoher Fürst der weißen Männer, 
Der ihr unser Gönner seid 
Und als schöner Künste Kenner 
Auch um Schönheit wißt Bescheid, 
Rührt mit diesem Zauberstabe 
Preziosen gnädig an, 
(Fortsetzung folgt.) 
Dann wird sie die Doppelgabe 
Jugend-Schönheit neu eMpfah'n. 
(Verwandlung.) 
Etwas langsam ging es zwar. 
Aber doch recht wunderbar, 
Gerade so, als wirkte hie 
Hostheater-Masckin'rie. 
Feiere Spiel und Tan) jetzunder 
Dieses nagelneue Wunder, 
Doch zuvor, Preziofa, weihe 
Unser Fest ein — prophezeiet 
Erinnerungen aus meinem Leven. 
Von Otto Bähr. 
(Fortsetzung.) 
Inzwischen schritten die politischen Ereignisse 
rasch vorwärts. Im Februar 1850 erschien plötz 
lich der bisherige Appellationsgerichtspräsident in 
Greifswald, Hassenpslug, in Kassel, um an Stelle 
der bis dahin tätig gewesenen Märzminister das 
Ministerium zu übernehmen. Und damit bereitete 
sich für die hessische Justiz eine Katastrophe vor, 
wie sie wohl selten die Justiz! eines Landes er 
lebt hat. 
Es muß hier vor allem einiges über das, oft 
mals geschmähte, Verhältnis der Justiz in Kur 
hessen zur Verwaltung gesagt werden. 
Bereits im vorigen Jahrhundert, als Hessen 
ein Privilegium äs uou appsilanäo erhielt und 
dementsprechend das Oberappellationsgericht zu 
Kassel eingesetzt wurde, war durch ein landes 
herrliches Edikt die Unabhängigkeit der Justiz in 
starken Ausdrücken gewährleistet. 
In der kurhessischen Verfassung von 1831 waren 
diese Grundsätze wiederholt zum Ausdruck ge 
kommen. Es hatte sich in der hessischen Recht 
sprechung der alte Grundsatz erhalten, daß die 
Gerichte die Untertanen in ihren Privatrechten 
gegen Rechtsverletzungen jeder Art zu schützen 
haben. Demgemäß wurde dieser Schutz auch da 
geübt, wo die Staatsverwaltung durch Hand 
lungen, deren Rechtswidrigkeit nach Rechtsgrund 
sätzen erkennbar war, in die Privatrechtssphäre 
der Untertanen eingriff. Hiernach ist zu bemessen, 
-was es bedeutete, wenn man oft in gehässiger 
Weise den Vorwurf erhoben hat, .„nt Kurhessen 
habe jede Verwaltungshandlung vor die Gerichte 
gezogen werden können". Das ist insofern richtig, 
als, wenn die Verwaltung mit Überschreitung ihrer 
Zuständigkeit rechtswidrig in die Privatrechte der 
Untertanen eingriff, die Gerichte dagegen Schutz 
gewährten. Man erkannte keine „Lebensgebiete" 
«an, in denen die Verwaltung mit absoluter Frei 
heit hätte schalten und walten, namentlich auch 
über die Rechtsgrenze ihrer in die Privatrechte 
eingreifenden Befugnisse hätte urteilen können. 
Niemals aber haben die hessischen Gerichte in 
Anspruch genommen, Verwaltungshandlungen als 
solche vor ihr Forum zu ziehen und darüber zu 
urteilen. Und der oben gedachte Vorwurf läuft 
auf ein arglistiges Wortspiel hinaus. 
Der spezisisch hessische Gerechtigkeitssinn erwies 
sich auch in der für die Rechtsverfolgung dem 
Staate gegenüber getroffenen Einrichtung, daß jede 
Klage gegen den Staat ohne weiteres wider den 
„Staatsanwalt" gerichtet werden konnte, und der 
Kläger nicht nötig hatte, mühsam und auf seine 
Gefahr nach der Behörde zu suchen, die er zu ver 
klagen habe. Bekanntlich scheitern jetzt an dieser 
Schwierigkeit nicht selten Prozesse. 
In neuerer Zeit hat man in Preußen und 
auch in anderen deutschen Ländern Verwaltungs 
gerichte geschaffen, die über Fragen des öffent 
lichen Rechtes, zum Teil in noch weit größerem 
Umfange als dies seitens der hessischen Gerichte 
geschah, eine Rechtsprechung ausüben. Damit ist 
im Prinzip eine Rechtsprechung dieser Art als 
berechtigt anerkannt. Die Frage, was für Organe 
für diese einzusetzen seien, ist keine Frage des 
Prinzips, sondern eine solche der Opportunität. 
In Kurhessen lag es in der geschichtlichen Ent 
wickelung, daß die ordentlichen Gerichte diese 
Rechtsprechung übten. Und niemand wird behaup 
ten können, daß sie diese in mißbräuchlicher Weise 
geübt, namentlich die Verwaltung in irgend einer 
heilsamen Tätigkeit gehindert haben. Wie die 
Dinge in Kurhessen lagen, war dieser Schutz gegen 
Verwaltungswillkür für das Land die größte 
Wohltat. 
Das Ministerium Hassenpflug trieb seinen an 
dauernden Zwiespalt mit den Landständen auf die 
Spitze, indem es Steuern forderte ohne oie ver 
fassungsmäßige Vorlage eines Budgets. Die Ab 
lehnung dieser rechtswidrigen Anforderung wurde 
für eine „Steuerverweigerung" erklärt und daraus
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.