Bahnzügen dergestalt vorgespannt werden, daß
man denselben in zwei Teile, jeden zu 500 Zentner
abteilt, so werden 8 gut ge nährte Pferde
rech: gut, bei fortwährender Mitwir
kung der Dampfmaschine, eine solche Ab
teilung im gestrecktem Trabe mit 1 :50 Steigung
aufwärts fördern können. Oben werden die beiden
Abteilungen wieder zusammengehängt, bewegen sich
auf der horizontalen Hochebene fort und laufen auf
der anderen Seite die schiefene Ebene von selbst
herunter. Me Pferde kehren sofort von der Höhe
in ruhigem Schritte nach ihren - Ställen zurück,
ruhen und fressen eine Stunde, bis sie dem nächsten
Bahnzuge wieder vorgespannt werden." —
(Schluß folgt.)
Erinnerungen aus meinem Leben.
Von Otto Bähr.
(Fortsetzung.)
Zu Ostern 1835 bezog ich die Universität Göt
tingen. Dort hörte ich zunächst deutsches Privat
recht bei Albrecht, Zivilprozeß bei Mühlenbruch,
Strafrecht bei Bauer; im nächsten Semester
Staatsrecht und Kirchenrecht bei Albrecht und
Zivilprozeßpraktikum bei Bergmann. Mbrecht war
ein sehr guter Lehrer. Er sprach zwar langsam
und etwas näselnd, aber er war präzis in seinen
Gedanken, und wenn man ihm zu folgen vermochte,
so konnte man viel bei ihm lernen. Auch das
Kolleg bei Bergmann war von Wert. Er sah die
von den Studenten gelieferten schriftlichen Ar
beiten durch und besprach dann im Kolleg die
wahrgenommenen Fehler in sehr anschaulicher
Weise. Mühlenbruch, der ja ritten sehr großen
Ruf genoß, befriedigte mich weniger. Er war nicht
immer klar in seiner Darstellung.
Da meinen Eltern geraten war, mich neben der
Jurisprudenz auch Staatswissenschaften oder, wie
man damals sagte, „Kameralia" studieren zu
lassen, so wandte ich mich im nächsten Semester
kameralistischen Kollegien zu. Ich hörte Staats
wissenschaftslehre bei Dahlmann, Technologie bei
Hausmann und Chemie bei Wühler. Von juristi
schen Vorlesungen besuchte ich nur eine, das von
Göschen publiee gelesene „Erbrecht", wo man von
7—8 Uhr morgens einen strengen Schreibkursus
durchzumachen hatte. In meinem häuslichen Fleiß
beschränkte ich mich auf das Nachstudium der ju
ristischen Fächer, da ich in diesen zunächst mein
Examen zu bestehen hatte.
Im Herbst 1836 wandte ich mich, nach länge
rem Schwanken, nach Heidelberg. Dort hörte ich
bei Thibaut Pandekten zum zweiten Male. Auch
er las sie achtzehnstündig. Es war ein angenehmes
Kolleg. Thibauts Vortrag hatte etwas Gemüt
liches, und er war bestrebt, das Recht als etwas
Verständliches und Verständiges darzustellen. Aber
seine Rechtsauffassungen waren nicht sehr tief, und
viel habe ich bei ihm nicht gelernt. Ein vorzüg
licher Lehrer war der alte Zachariä, bei dem ich
konstitutionelles Staatsrecht (2 Stunden) hörte.
Er trug sehr anschaulich und mit großer Schärfe
vor. Außerdem hörte ich bei Rau Finanz- und
Polizeiwissenschaft, auch Handelslehre, und bei
Mörstadt Nationalökonomie und Völkerrecht.
Mehrere dieser Fächer wurden jedoch nur zwei
stündig gelesen. Rau gab sehr viel Material,
war aber in seinem Vortrag langweilig und trocken.
Mörstadt war nicht ohne Geist, aber zu sehr Hans
wurst auf dem Katheder.
Im Sommer 1837 kehrte ich nach Marburg zu
rück und hörte hier noch Strafprozeß und römische
Rechtsgeschichte; letztere nur deshalb, weil ich sie
bescheinigt haben mußte. Gelernt aber habe ich
nichts darin, weil ich das, woraus es ankam, schon
aus den Pandekten kannte. Schon damals in
meinem siebten Semester quälten mich vielfach
juristische Zweifel. Um mich- zu unterrichten, nahm
ich ganz allein noch ein Privatissimum bei dem
Priyatdozenten, späteren Professor Büchell. Bü-
chell war ein ganz gelehrter Herr. In diesem Pri
vatissimum entwickelte sich nun aber ein stiller
Kampf zwischen uns beiden. Er wollte mich stets
unterrichten über das, was er wußte, und ich
wollte unterrichtet sein über das, was ich nicht
wußte. Beides traf nicht immer zusammen.
Brachte ich es einmal dahin, daß er über Mnge,
über die ich aufgeklärt sein wollte, mir Rede und
Antwort stand, so fand sich öfters, daß er davon
nicht mehr wußte, wie ich. Dadurch erlitt mein
pietätvoller Glauben, daß ein Professor ein Mann
sei, der alles wisse, einen kleinen Stoß.
'Am 31. August 1837 machte ich mein Uni
versitätsexamen in Marburg. In diesem Examen
prüften die ordentlichen Professoren der Fakultät.
Ein einzelner Prüfling wurde zwei Stunden lang
vorgenommen. Es wurde lateinisch examiniert.
Die Prüfung war öffentlich, und hinten im Zu
hörerraum pflegten die Studenten in hellen Haufm
zu stehen. Es ging das Gerede, daß die Gegen
stände der Prüfung bei den einzelnen Professoren
regelmäßig wiederkehrten, und daß man deshalb/
wenn man genau acht gebe, vorausberechnen