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leben (das beste Land der Flur), die Gebind,
ma. de Gebeng, 1361 neben der gebint, 1362
an den Gebinde Flur Molschleben (sog. Herren
land), die Ober-, Mittel-, Unter-Gebind Flur
Groß-Rettbach, auf der Gebind, ma. uf der Ge
beng Flur Töttelstedt, auf der Gebind, ma. uf
der Gebind, 1494 an der gebint, 1768 an der
Gebind, die Gebind, ma. Gebend, urk. uf der
Gebind Flur Leina, die Gebind, ma. Geweind
Flur Gierstädt, die Gebind, ma. Gebend Flur
Groß-Fahner (war vor der Separation gutsherr
lich), die Gebind, ma. i der Gebind Flur Wer
ningshausen (großes, zusammenhängendes Stück
Land) usw.
Wie die mundartliche Form Geweind beweist,
hat sich die intervokalische Labialis b zuweilen zu w
entwickelt, vgl. dazu noch thüringisch") die Gebind,
1640 in der Gebindt, ma. in der Quind Flur
Haarhausen. Hie und da ist diese mundartliche Be
zeichnung auch in die Schriftsprache übergegangen,
z. B. thüringisch in der Quint, ma. Geweng,
1696 die Gewindt, die Quintländer, ma. Geweng-
langer, Flur Apfelftedt (grenzt an die Sülzen
brücker Flur), nafsauisch") Quintoben, hessisch")
das Gewann Eem. Großseelheim, im Gewende
(grossen und Meinen) Gem. Schwabendorf, das
hinterste Gewende Gem. Roda, das Gewende
Gem. Willershausen, die Gewänne Gem. Roßdorf,
das Gewenn (Feld) Gem. Belnhausen, die Ge-
wendswiesen, das Gewenn Gem. Betziesdorf, das
Gewennfeld Gem. Roßberg, das Gewengsfeld
Gem. Heimbach, das Gewend Gem. Riebelsdorf,
die Gewinde (Bach) Gem. Willersdorf usw. Vgl.
auch Quintinberch (Wüstung an der Quint, Neben
fluß'der SJlofel 14 ) 1203.
Wie sich nun Fuchsbinde (Münchhausen), Stein
binge (Schwarzenberg), Flimmenbinge (Harle),
Hesselbinde (Schemmern) als Kompositum findet,
so war auch die Zusammensetzung Forle Quinte
zur Unterscheidung von Fart Gerneng üblich. um im
Gegensatz zu dem Gemeindegrundstück, an dem
alle Bauern Anteil hatten, das Sondergrundstück
oder das Jntereffentengebiet zu bezeichnen, an dem
nur einzelne Berechtigte Anteil hatten. Farle
Quinte fällt also begrifflich zusammen mit dem inter
essanten Flurnamen Farspel, Eirspel, Firchspiel,
über den ich an anderer Stelle gehandelt habe.
Dieser Flurname Farle Quinte hat meines
Erachtens in Verbindung mit dem obenerwähnten
CarolusMrchen, als er dem Volksempfinden völlig
unverständlich geworden war, den Anlaß zur Bil-
") Kehrein a. a. O. S. 522.
") Mühlhause a. a. O.
'*) Oesterley, Histor.-Geogr. Wörterb. (Gotha 1883)
S. 541.
düng einer Namenssage gegeben. Interessant ist
dabei zu verfolgen, wie die durch den unverstan
denen Flurnamen Farl entstandene Sage von
Karl dem Großen sich allmählich auf Karl Y.
übertragen hat, hier wieder hervorgerufen durch
den zufälligen Zusammenklang von Quinte —
Gebinde und Quinte ----- quintus. Ich halte die
Form Quintes neben Quinte für eine volksetymo
logische Angleichung an das lateinische Quintus
„der Fünfte". Sehr treffend sagt Andresen 16 )
über diese Art von Volksetymologie: „Grund aller
volkstümlichen Erklärungen ist das S p r a ch -
bewußtsein, welches fich dagegen sträubt, daß
dex Name leerer Schall sei, vielmehr einem jeden
seine besondere Bedeutung und eine zweifellose
Verständlichkeit zu geben bemüht ist. In sorgloser
Hingabe an den Gleichklang genügt es, etwas zu
haben, woraus sich stützen läßt, etwas zu denken,
das zu passen scheint, mag es, bei Lichte be
trachtet, noch so unsicher und unwahr
scheinlich oder unzweifelhaft verkehrt,
ja völlig sinnlos sein."
Im übrigen verweise ich auf meine in der Zeit
schrift des Vereins für Volkskunde (Berlin) er
scheinende Arbeit „Volksetymologie und Sagen
bildung", in der ich an der Hand von Flur
namen eine Reihe ähnlicher Beispiele angeführt habe,
bezüglich der obenerwähnten Heßlerschen Hypothese
auf die ablehnende Kritik seines Buches „Uber Ent
stehung und Bedeutung hessischer Sagen" durch
Karl Helm in den Hessischen Blättern für Volks
kunde 1914 (Bd. XHI) S. 136, wo Helm sehr
richtig bemerkt: „Wann wird man endlich auf
hören, um jeden Preis germanische Götter auch
da finden zu wollen, wo sie nun einmal nicht hin
gehören? Und wann wird man aufhören, nordische
Götter auf Deutschland zu übertragen?"
Zugleich aber erhellt aus diesem Beispiel die
Wichtigkeit der Flurnamenforfchung für die Sagen
forschung. Mit Recht betont schon Otto Böcke! in
seinem anregend geschriebenen Buch „Die deutsche
Volkssage" (Leipzig 1909) S. 4 ff.: „Viel Erinne
rung an Taten der Vorzeit steckt in den Flurnamen
der Gewanne, Namen, die bis jetzt noch wenig
beachtet wurden, obwohl in ihnen mehr Geschichte
fortlebt als die Chronisten früherer Jahrhunderte
aufzuzeichnen der Mühe wert erachteten. ... Da
ergibt sich mancher Schluß aus geschichtliche Be
gebnisse, auch manche Sage wird erst dann
richtig verständlich— Eine umfassende
genaue Sammlung deutscher Flurnamen
würde auch der Sagenforschung ersprieß
liche Dienste leisten."
*°) Deutsche Volksetymologie (Lpz. 1899) S. 2.