Heffenlan-
Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 2. 30. Jahrgang. Zweites Januar-Heft 1916.
Der Hexenglaube ttt Hessen.
I. Hexenlreiben.
Von Heinrich Franz.
(Fortsetzung.)
Von diesen Festnächten ist offenbar wieder die
erste, die Walpurgisnacht, die vornehmste, die
eigentliche große Buhl- und Hochzeitsnacht. 3 ^)
Als Versammlungs- bzw. Festorte haben die
Hexen, von den beliebten, wohl nur für die
Vorübungen benutzten Kreuzwegen abgesehen, be
stimmte, in der Regel auf Bergen gelegene Tanz
plätze. Diese Hexenberge dürfen mit einer ge
wissen Sicherheit als altgermanische Opferstätten,
wahrscheinlich solche, wo man den seelischen Geistern
oder deren Führern Spenden brachte, angesehen
werden. In Norddeutschland werden solche An
höhen als „Blocks-" oder „Brocksberg" bezeichnet.
Das Wort erscheint zuerst um 1300 und soll
„Wolkenberg" Eiebeitten. 35 ) Am berühmtesten ist
bekanntermaßen der Brocken im Harz, der schon
im fünfzehnten Jahrhundert als Hexensammelplatz
erwähnt wird. 3 * 33 ) Andere „Blocksberge" befinden
sich in Mecklenburg, in Preußen, in Holstein. Aber
3i ) Pfister 61/62; Mögt § 34, ©.48; Hoffmeister 20.
36 ) Sitzungsberichte der Münchener Mademie der Wiss.
1867 II, 7 u. 167 ff.
33 ) Grimm, D. M. II*, 879.
auch die übrigen deutschen Länder und Landschaften
haben ihre Hexenberge, so z. B. die Schweiz,
Tirol, das Elsaß, Schwaben, Franken, Westfalen,
Thüringen, Hessen. Auch die dänische, die nor
wegische und die schwedische Sage kennen Berge als
Sammelplätze der Hexen. Hessen, dem wir hier
unser Interesse im besonderen zuwenden, besitzt,
wie übrigens auch einige von den anderen deut
schen Landschaften, gleich eine ganze Reihe von
Hcxenbergen bzw. Hexentanzplätzen. Der bekann
teste ist der Bechtelsberg bei Ottrau, Kreis Ziegen
hain. 37 * ) Nahe dem Gipfel desselben, der Rummels
kuppe, befindet sich eine kesselförmige Vertiefung,
die Silber- oder Hexenkaute, wo, wie der Name
schon anzeigt, in der Walpurgisnacht große Gaste
rei und Hexentanz stattfindet. Andere hessische
Hexentanzplätze, sämtlich auf die erste Mainacht
gedeutet, sind: die Pfingstweide zu Volkartshain
im Vogelsberg (Kreis Schotten), wo die Hexen
aus dem ganzen Vogelsberg um die Mitternachts-
37 ) Lynker, Deutsche Sagen und Sitten in hessischen
Gauen Nr. 23 (bei Mogk, wohl infolge Druckfehlers,
Hechelsberg); Suchier, Orion der Jäger 45.