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unter Beförderung zum Generalleutnant zum
Staats- und Kriegsminister ernannt. Dem Kriegs
ministerium hatte er früher bereits als Direktor
des allgemeinen Kriegsdepartements angehört. In
dieser Eigenschaft hat er sich schon wiederholt im
Reichstag als gewandter und schlagfertiger Red
ner erwiesen. Wie sein Vorgänger, so wird sich
auch der neue Kriegsminister während des Krieges
im Hauptquartier aufhalten. Der erbliche Adel
wurde ihm 1900 unter dem Namen Wild von Hohen
born, nach seinem Gute Hohenborn bei Zierenberg,
verliehen.
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Feldpostbriefe eines Hessen aus Frankreich vor 101 Jahren.
Kürzlich wurde ein Brief einer in Limoges
lebenden französischen Mutter veröffentlicht, in dem
sie einem Pfarrer in Kassel, der sich ihres gefan
genen Sohnes angenommen hatte, herzlich dankte.
Als eine Art von Gegenstück dazu könnte der unten
folgende Brief eines Hessen dienen, der im Be
freiungskrieg als Gefangener in jener Stadt lebte;
er hätte eigentlich ins Erinnerungsjahr 1913 ge
hört, hat aber wohl auch jetzt noch Interesse durch
die Art, wie er den Unterschied der Zeiten charak
terisiert.
Der Briefschreiber Friedrich Müller war geboren
in Rotenburg, wo die Familie noch existiert. Er
war noch Schüler, als Kurhessen dem Königreich
Westfalen einverleibt wurde, aber, kaum aus dem
Gymnasium entlassen, gehörte er zu den hessischen
Jünglingen, denen es unerträglich dünkte, unter
der Fremdherrschaft zu leben; all sein Dichten und
Trachten war auf den Kampf gegen den Zwing-
herrn Napoleon gerichtet. Im Jahre 1809 trat
er in das Korps ein, das Kurfürst Wilhelm I. in
Böhmen errichtete, und machte den Feldzug dieses
Jahres mit. Sein rastloses Streben nach weiterer
Betätigung wurde erst im Frühjahr 1813 erfüllt.
Auf Grund seiner Kriegserfahrung stellte man ihn
als Leutnant bei den Lützower Jägern an. In den
Kämpfen gegen Truppen Davouts bei Hamburg
wurde er verwundet, und zwar schwerer, als er
zugeben möchte, denn wochenlang lebte er wie in
der Betäubung. Sein lebhaftes Begehren, aus
gewechselt zu werden, ist kaum erfüllt worden.
Nach dem Friedensschluß vollendete er seine
juristischen Studien und lebte später tu seiner
Vaterstadt, in der er in hohem Alter gestorben ist.
„(Post Rotenburg d. 13. Jan. 1814)
Limoges, Depart. de la hte. Vienne
den 7. Dezember 1813.
Monsieur F. Schirmer, Rentmeister
Rotenbourg sur la Fulda
en Hesse prés Cassel.
Lieber Freund, wegen Mangel an Gelegenheit
habe ich Ihnen bisher keine Nachricht geben können
und wollen. Ich bin gegenwärtig ohngefähr 8
Wochen hier, wo sich sämtliche preußische kricgs-
gefangene Offiziere befinden, nachdem ich am
20. August d. I. als Leutnant im schwarzen
preußischen Jägerregiment einige Stunden von
Hamburg war gefangen worden durch kaiserlich
französische Truppen unterm Fürst von Eckmühl.
Ich habe glücklicher Weise keine Schuß- und Hieb
wunde erhalten, aber da wir in einer schlechten
Verschanzung um Mitternacht von überlegener
Mannschaft überfallen wurden, da wir nur sechs
Kompagnien waren vom Regiment, so ging es
sehr hart her. Ich bekam mehrere Kolbenschläge,
so daß ich für tot auf dem Schlachtfeld blieb und
beinahe vier Wochen nicht reden konnte, außer
ganz leise, jetzt bin ich wieder völlig gesund. Wir
sind hier bei den Bürgern einquartiert, die uns
in der Regel sehr gut behandeln, mein gegen
wärtiger Wirt ist ein angesehener Kaufmann und
erzeigt mir viele Höflichkeiten. Viele von uns
haben Tisch etc. alles frei bei ihren Wirten, die
ihnen nichts als Quartier schuldig sind. Ich be
komme als Leutnant monatlich 37 1/2 ürancs, frei
lich sehr wenig.
Sollte es nicht möglich sein, wenn Sie sich mit
meinen dortigen Freunden vereinigen, dnß der
Kurfürst oder Kurprinz, denen ich beiden sowie
dem Oberst v. Müller in Breslau meine Auf
wartung und Anerbieten gemacht habe, oder der
Fürst Lichtenstein in österreichischen Diensten, wenn
die Frau Landgräsin, seine Schwester, sich für
mich verwendet, meine Auswechselung gegen einen
kaiserlich französischen Offizier vom französischen
Gouvernement verlangten? Wenn einer oder der
andere sich nur für mich verwendeten, so würde
es gar nicht fehlen, denn man wechselt gern aus.
Wenn Sie in Cassel dazu jemand gebrauchen, so
dürfen Sie nur an den Candidat Pfister oder
Pfarrer Frankfurt in Wolfsanger schreiben, die
besorgen Briefe. Mit der Frau Landgräfin wäre
es wohl am besten — ich rechne bestimmt darauf,
daß von ihrer Seite alles Mögliche für mich
geschieht, um meine Auswechselung zu erhalten.
Ich habe alles gewagt und zwei Feldzüge gemacht,
und jetzt in der Epoche, die die Wünsche meines
Lebens ausmachte, muß ich unglücklicher Weise
gefangen sein! Dieses alles stellen Sie ja lebhaft
vor, mancher Feige, der sonst ganz anders dachte,
wird sich jetzt zur Anstellung drängen, weil der
Tag der Rache gekommen ist, und ich bin gerade
in einer so unglücklichen Lage.
Wie haben Sie, Herr Wenderoth etc. und ich doch
recht gehabt! Wie uwllten wir vergnügt sein, wenn