Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 20. 29. Jahrgang. Zweites Oktober Heft 1915.
Malthaeus Gundelach,
ein hessischer Maler des siebzehnten Jahrhunderts.
Von Georg Gronau.
Ebenso vertraut wie der Familienname Gundelach I
jedem Bewohner des ehemaligen Kurfürstentums
Hessen klingt, ebenso neu wird der Name des Malers
sein, der dieser Familie angehört; wie denn über
haupt von den Künstlern, die im siebzehnten Jahr
hundert in Hessen wirkten und von dorther stamm
ten, nur eine spärliche Tradition sich lebendig er
halten hat. Ich selbst darf bekennen, daß ich diesen
Malernamen zum erstenmal hörte oder jedenfalls
in mich aufnahm, als mein Kollege, Museums
direktor Dr. Boehlau, mir, von einer Reise über
Würzburg heimkehrend, erzählte, er habe im dortigen,
Kunsthandel ein bezeichnetes Werk dieses Malers
gesehen und veranlaßt, daß es der Galerie zur
Ansicht gesandt werden sollte.
Nicht nur der Wunsch, ein gesichertes Werk
eines von Kassel gebürtigen Malers so früher Zeit
zu erhalten, gab den Ausschlag bei der Erwerbung
des Bildes; die Qualität rechtfertigte diese vollauf.
Denn wer deutsche Malerei aus der Zeit des
dreißigjährigen Krieges kennt, der weiß, wie schlimm
es damit zu jener Zeit — begreiflich genug! —
aussah; ja, vielleicht darf man nicht einmal die
äußeren Umstände, das nationale Elend allein da
für geltend machen; auch ohne diese wäre es wahr
scheinlich, wenigstens mit der deutschen Malerei,
damals schlecht bestellt gewesen.
Das kleine Bild*), das seit kurzem in der Gemälde
galerie eine bleibende Stätte gefunden hat, stellt
eine Nürnberger Patrizierin mit Schlichtheit und
Treue dar. Ruhige Naturbeobachtung und der
Wunsch, das, was sich dem Auge darbot, zuver
lässig wiederzugeben, zeitigten das Bildchen, das
bei kleinsten Abmessungen — 0,253 in der Höhe,
0,193 in der Breite — einer gewissen Größe
nicht entbehrt. Dem Maler war alles wichtig,
was er sah; nicht nur das Antlitz der verblühten
Frau, die gewiß nie eine Schönheit gewesen ist;
auch ihre Hände, auch das kostbare Kleid, der
Schmuck, der den Reichtum des Hauses, dem die
Dargestellte angehörte, bezeugt; die Halskette aus
Perlen und edlen Steinen, der Spitzenkragen sind
kleine Meisterstücke feiner Vollendung. Nicht als
ob ich in einer solchen Tüftelei mit dem Pinsel
die letzte Aufgabe der Kunst fände, im Gegenteil:
das ist mehr eine Sache der Geduld und des
Fleißes, als der künstlerischen Begabung; aber
hier galt es unter allen Umständen, bei der Klein-
: ) Vgl. die Beilage zu diesem Heft.