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A..t des alten rechten Volksliedes auf den Ver
fasser hinweist:
Ein Füsilier von dreiundachtzig
Hat dies neue Lied erdacht sich
Nach der alten Melodei.
Drum, ihr frischen, blauen Jungen,
Lustig darauf losgesungen,
Denn wir waren auch dabei! —
Wie in der auf einem fliegenden Blatt per-.
breiteten „Bayernschanze" wird auch sonst oft der
Hessen rühmend gedacht, so etwa in. dem aus Mitte :
Juli 1870 stammenden „Klagelied eines Franzosen":
Zu Hunderttausenden kommen sie her,
Die schrecklichen nordischen Riesen,
Bom Gebirge herunter, herauf vom Meer,
Die Schwaben, die Hessen, die preußische Wehr,
Die Bayern und Sachsen und Friesen.
Es schallt ihr Schlachtlied daher mit Macht:
Frankreich, du bist zu Falle gebracht!
Besonders kamen die Einheitsbestrebungen je länger
je mehr zum poetischen Ausdruck. „Ein ganz
neues Bundeslied für den Süden, und Norden"
läßt einen Preußen die Vertreter der übrigen
Staaten apostrophieren:
Brüder„ ja, das muß man sagen:
Tapfer habt ihr euch jeschlagen,
Wie nicht besser kann jeschehn!
Wenn wir sa. zusammenhalten.
Mag der Teufel selber walten.
Kann kein Unglück uns jeschehn.
N . -dem Bayer, Württemberger und Badenser er-^
n \ Jtt, versichert der Hesse: >
Wir, wir lassen ungeschore
Jedermann, doch über's Ohre
Haun mer unsre Feinde schön. !
Unsre Fäuste sinn von Eise, j
Und die Zähn', die tun mer weise — j
Teufel, wer uns will bestehn! j
Mehr persönlicher Art sind die „Eigenen Er-!
lebnisse", die • ein ungenannter Feldarzt, auf den 1
die Hessen einen besonders starken Eindruck gemacht!
haben müssen, am 18. August 1870 unter dem j
Titel „ D i e ßraven Hessen " in schlichten!
Reimen aufzeichnete:
Nie werd' ich es vergessen,
Wie ich vor St. Privat
Zum ersten Mal die Hessen
Im Schlachtgetümmel sah.
Man bracht' zu mir getragen
Manch Helden todeswund.
Doch horch! kein einz'ges Klagen
Entschlüpft dem bleichen Mund.
Bor allen werd ich deiner
Noch denken manchesmal,
Denn wohl nicht leicht ist einer
Wie du von solchem Stahl.
Du trat'st erst aus der Reihe
Still abseits ganz allein,
Als du der Wunden dreie,
An Arm, an Brust, an Bein.
Du schautest beim Verbinden
Mir zu so wohlgemut,
Als tät'st du nicht empfinden.
Daß dies dein eig'nes Blut.
Und als ich d'rob erstaunte,
Weil's unbegreiflich schier,
Gabst du, der Wohlgelaunte,
Die schlichte Antwort mir:
„Herr Doktor, schaun's, so dacht' ich,
Du^ weichst nicht aus den Reih'n,
So lang von deinen achtzig
Noch eine Kugel dein.
Erst willst du die verschießen
Bissaus das letzte Stück,
Dein Blut mag so lqng fließen,
Du gehst nicht eh'r zurück. ;
Zur Ruh für mein Gewissen
Tat erst ich meine Pflicht.
Ich denk,, von all den Schüssen
Fehl ging wohl mancher nicht."
II.
Dir klaffte eine.Wunde
Tief in der Heldenbrust,
Du trugst sie standhaft würdig,
Mit Stolz und siegsbewußt. i
Grad, als ich sie verbunden,
Da kam herangesaust
Noch eine zweite Kugel,
Die deinen - Rock zetsaust.
Da -fingst, du an zu fluchen
Und schäumtest' auf vor Wut,
Wie wenn die zweite Kugel
Noch tiefer träf' ms Blut.
Der Fetzen in dem Rocke,
Der : schmerzte dich weit .' mehr.
Weil du darauf dem . Feinde
Erwidern konnt-st nicht mehr.
III:
„Herr Doktor, hier im Fleische
Steckt mir die Kugel noch;
Sie traf mich in die Schulter,
Schaun's her, hier sitzt das Loch!"
„Pfui, schäme dich, mein Kam'rad,
Daß sie von hinten traf!
Wer eine Kugel hinten,
Der Kam'rad war nicht brav."
So sprach ein andrer Krieger,
Der grade vor mir stand.
Weil ich ihm seine Wunde
Soeben erst verband.