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bündnissen zusammengeschlossene Kreis der treuen An
hänger Follens, der „Unbedingten", war sehr klein, in
Gießen wie in Jena, und Leo, der zu ihnen gehört hat,
überschätzt seine Bedeutung und seinen Einfluß gar sehr.
Jedenfalls ist der Einfluß dieser extremen Partei in
Marburg gleich Null gewesen: wohl bestand Verkehr
zwischen den beiden Universitäten Marburg und Gießen,
aber zu Vilmars Zeit seit Sommer 1818 mehr mit der
Partei der „Weißen" in Gießen, d. h. der konservativen
Partei. Daß der den Follenschen Ideen nahestehende
damalige Pfarrer Weidig 1819 für diesen in Mar
burg Propaganda gemacht habe, ist nicht nachweisbar,
wenn er auch persönliche Bekanntschaft mit Marburgern
gemacht habe. — In manchen Beziehungen verwandt
mit den Follenschen Gedanken war der damals sich aus
breitende Liberalismus, der von der Einführung eines
Repräsentativsystems alles Heil erwartete, Freiheit und
Gleichheit aller Menschen forderte, und als alle seine
auf Preußen gesetzten Hoffnungen schwanden, sich in
zunehmender Unzufriedenheit mit dem herrschenden Ne
gierungssystem äußerte. In merkwürdiger Verschmelzung
mit derartigen Ideen stand die ihnen eigentlich wider
sprechende, ebenfalls weitverbreitete Weltanschauung der
Romantik, die in der Rückkehr zu den alten Tugenden
der Väter, zu der vereinten Herrlichkeit des mittelalter
lichen Kaisertums, in Erneuerung des religiösen Lebens
das Ideal sah. Diese beiden widerstrebenden Elemente
lagen in der Burschenschaft von Anfang an neben ein
ander, bis ihr Widerstreit später die Burschenschaft zer
riß. Beide Elemente finden sich auch in Marburg. Die
Teutonia von 1816 war auf Freiheit und Gleichheit aller
Studierenden aufgebaut. Sie verfiel aber in den Fehler,
das historisch Gewordene beseitigen zu wollen, nament
lich das hergebrachte studentische Duell tunlichst zu be
seitigen, daran scheiterte sie. Die drei Landsmannschaften
vereinigten sich zum Kampfe gegen die Teutonen und
traten schließlich, von der unitarischen Idee angesteckt,
selbst am 6. September 1817 zu einer Gegenbnrschenschaft
zusammen. Der Einfluß des Wartburgfestes vom 18.
Oktober 1817, ein Streit mit den Behörden bei Ge
legenheit des Reformationsfestes am 31 Oktober führten
zu einer allgemeinen Verbrüderung und zur Aufhebung
beider Sonderorganisationen. Die in der Entstehung
begriffene allgemeine Burschenschaft verbarg sich unter
einer Lesegesellschaft. Am 18. Januar traten daun
20 bis 30 Studenten zu einer anderen Verbindung
Germania zusammen, die sich allmählich zu einer alle
ehrenhaften Studenten umfassenden Burschenschaft er
weitern sollte. Sie kehrte zum studentisch konservativen
Standpunkte zurück. Von Beseitigung des Duells war
keine Rede mehr, doch wurde es natürlich durch die
Bestimmung eingeschränkt, daß die Vorsteher Streitig
keiten der Mitglieder schlichten sollten. In diesen Kreis
trat Vilmar alsbald hinein. Auf dem Renthofe wurde
eifrig geturnt und „rappiert", am 18. Juni 1818 der
Jahrestag der Schlacht vom „schönen Bunde" mit den
Gießnern gemeinsam gefeiert. An der eigentlichen Bur
schenschaft hatte Vilmar als Fuchs noch keinen Anteil,
erst am 4. September 1818 wurde er rezipiert.
Im Winter 1818/19 gestaltete sich das Leben be
wegter. Der Abfall einer großen Zahl von Mit
gliedern, die die alten Landsmannschaften erneuern
wollte, setzte die Burschenschaft in Verwirrung. Vil
mar blieb ihr treuer Anhänger und wurde bald zum
Mitglied des Ausschusses und des Vorstandes der Bur
schenschaft gewählt. Verlegenheiten bereitete der Burschen
schaft, daß öfter die akademische Behörde von geplanten
Duellen mit den Gegnern, sowie von geheimen Ver
handlungen in der Burschenschaft Kenntnis erlangte,
wie sich später herausstellte durch ein Vorstandsmitglied
selbst. Da geriet man auf den Gedanken, den Vilmar
offenbar selbst eifrig verfochten hat, die Burschenschaft
zu einer „öffentlichen" zu machen. Man berief eine
allgemeine Studentenversammlung auf den 11., dann
auf den 14. und 16. Januar 1819. Trotz der Versuche
der landsmannschaftlichen Partei, den Plan zu ver
eiteln, kam dieser zur Ausführung. Am 16. Januar
erfolgte die Stiftung einer neuen Germania und am
17. unterschrieben 112 Studenten deren Verfassung.
Aus dieser, sowie aus der von 1817'18 teilte der Vor
tragende die wesentlichsten Teile kurz mit.
Hopf faßt die „Öffentlichkeit" dieser Verbindung im
gewöhnlichen Wortsinn auf davon aber kann keine
Rede sein. Den Behörden und Dritten gegenüber sollte
sie, wie die bisherige, geheim sein, wenn natürlich tat
sächlich auch der Bestand selbst niemandem ein Geheim
nis bleiben konnte. Öffentlich war die Verbindung nur
insofern, als jeder ehrenhafte Student — auch ein
Fuchs nach kurzer Probezeit — ohne weiteres aus
Meldung Mitglied werden konnte. Sonach drang das
liberale Prinzip der Gleichheit durch, aber im übrigen
blieb alles im wesentlichen beim Alten. Die Farben
schwarz-rot-weiß, der Wahlspruch „Gott, Freiheit, Vater
land" blieben unverändert. Gleichzeitig schloß man sich
der allgemeinen deutschen Burschenschaft, in der Berlin
den Vorsitz führte, der man schon 1818 beigetreteu
war, wieder an. Bei den nun folgenden Reibereien
zwischen der Burschenschaft und der akademischen Be
hörde tritt Vilmar wiederholt hervor, besonders aber
seit er mit Beginn des Sommers 1819 dem Vorstände
der ersteren angehörte. Am 15. Januar 1819 wurde er
als Vorstand der Lesegesellschaft ermahnt, in dieser für-
größere Ruhe zu sorgen. Im Mai suchte er wiederholt
um Genehmigung zu einem Kommers nach, der anfan'gs
nicht gestattet wurde. Unter den zahlreichen Studenten,
die wegen verbotenen Fechtens auf dem Renthofe denun
ziert wurden, befinden sich im Mai 1819 auch Vilmar
und als sein Schicksalsgenosse Friedrich Scheffer, der
_ spätere hessische Minister. Erregte das Verbot des
„Rappierens" und des Singens auf der Straße die
Studenten, so kam vollends die Erregung zum Aus
bruche, als am 28. Juni 1819 der Prorektor heimlich
in der Nacht durch die Pedellen die Turngeräte ent
seruen ließ. Diese Maßregel war aus höhere Anweisung
erfolgt, weil man das Turnen als eine „schädliche,
Leben und Gesundheit gefährdende Übung" betrachtete.
Nachdem der zur Abfassung rappierender Studenten
auf dem Renthofe erschienene Pedell bereits verhöhnt
war, wurden er und ein Wächter am Abend von einer
Schar Studenten, die eins der „gestohlenen" Turnhölzer
wieder geholt hatten, geprügelt und jenem auch die
Fenster eingeworfen. Als der Senat darauf mit dem
Verbot antwortete, nach 9 Uhr auszugehen, zog am
29. Juni abends gegen *^10 Uhr die gesamte Burschen
schaft in geschlossenem Zuge schweigend von Ockers
hausen nach dem Marktplatze, sany dort ein Lied und
ließ die Burschenschaft leben. Der ratlose Senat ließ
einzelne Studenten, darunter auch Vilmar, der hervor
ragend beteiligt war, verwarnen, verglich sich dann
aber mit der von der Burschenschaft gewählten Depu
tation dahin, daß das Fechten künftig unter Aufsicht
von vier Studenten stattfinden dürfe. Das Verbot nach
9 Uhr auszugehen wurde beseitigt.
Am 10. Juli 1819 legte Vilmar sein Vorsteheramt
nieder, nicht, wie Hopf meint, wegen Unstimmigkeiten,
sondern weil die Verfassung es verlangte und Wiederwahl
unzulässig war. Ob dann Vilmar, der sich nun wohl
eifrig seinen nie vernachlässigten Studien ividmete, an