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falens birgt die Abteilung „Kuriositäten und Er
innerungsgegenstände": 1. Erlaß an die Super
intendenten pp. betr. die kirchliche Feier des Ge
burtstages des Königs d. d. 5. 8 . 1811. Einblatt
druck; 2 . Obligation der kgl. westfäl. Amortisations
kasse über 200 Franken, ausgestellt am 8 . 3.1809
auf die Gemeinde Dorla, 3. Paß ausgestellt von der
General-Polizei Westfalens für den Schlosserge
sellen Tiefenbach aus Hanau, d. d. Kassel 7, 3.
1811; 4. Patent auf das Jahr 1809 ausgestellt von
der Direktion der direkten Steuern im Fulda-De
partement für die Witwe Friederike Hörlein betr.
den Betrieb einer Schankwirtschaft. Kassel 30. 12 .
1808 ; 5. Proklamation an die Einwohner trotz des
Eindringens der Russen in das Königreich die
Ruhe aufrecht zu erhalten und die Amtsgeschäfte
fortzuführen, d. d. Kassel 8 . 10 . 1813 u. a. m.
Unter den „Plastischen Darstellungen", die nur
Unica enthalten, befindet sich eine Sammlung von
85 Militärfiguren (französische Infanterie), die
aus dem Vorbesihe einer Kasseler Familie stammt.
Diese Figuren sind aus Pappe angefertigt, auf
Holzfüße gestellt, ca. 110 mm hoch und original
getreu in Farben ausgemalt und von einem fraw-
zösischen Offizier-Invaliden, I. B. Dupont aus
Straßburg hergestellt. Dieser war als Kapitain
bei Waterloo so schwer verwundet, daß ihm beide
Beine abgenommen werden mußten. Um sich zu
beschäftigen fertigte er diese Figuren an, z. T.
in Kassel, wo er 1861 bei Verwandten, einer Fa
milie Flemming, starb.
Ganz besonders reich besetzt ist die eigentliche
In der Reihe der zur Tausendjahrfeier geschaffenen
Veranstaltungen durften auch die Festspiele nicht fehlen.
Es ist hergebracht, bei solchen Gelegenheiten dem Pub
likum die Vergangenheit in dramatisch bewegten Bildern
vorzuführen. Mit Recht. Denn stärker als Wort und
Schrift prägen sich die Vorgänge auf den Brettern den
Sinnen ein, mehr als jene sind sie im Stande, Be
geisterung auszulösen und zu erhöhen. Um ein geeignetes
Festspiel zu erhalten, standen der Stadt Kassel zwei
Wege offen: sie konnte einen namhaften Dichter mit der
Schaffung beauftragen, oder ein Preisausschreiben er
lassen. Sie hat — mit vollem Recht — den zweiten ge
wählt. Sie wollte sich nicht blindlings binden und war
durch mehrfache Vorgänge aus der letzten Zeit gewitzigt
worden. Achtunddreißig Stücke wurden eingereicht und
die Jury hatte schwere Arbeit. Sie teilte keinem Dichter
den Preis zu. Dieser wurde zwischen Benno v. Francken
und dem heimischen Poeten Bertelmann geteilt. Da
Franckens Stück vom bühnentechnischen Standpunkt aus
geeigneter schien, wurde dessen Schauspiel „1385" zur
Aufführung bestimmt. Der Schreiber dieser Zeilen hat
der Jury angehört. Ihm ziemt daher bei Beurteilung
des Werkes Zurückhaltung. Aber das darf auch einer, der
für die Wahl des Stückes mit verantwortlich ist, hervor
heben, daß es den Ausschnitt aus der Vergangenheit der
Stadt, den es zeigt, in charakteristisch bewegten Szenen
bietet, daß es hübsche Kinder- und Volksszenen enthält, daß
es sich müht, ein getreues Bild der Zeit zu geben und daß es
auch nicht ohne dramatische Kraft ist. V o r der Aufführung
Waffensammlung, die sogar einen Säbel und einen
Hut Napoleons enthält. An westfälischen Uniform
stücken finden sich darin vier Tschakos, einer (siehe
Nr. 578) mit weißen Borten und rotem Pompon,
ein zweiter mit weißer, doppelter sparrenförmiger
Borte, rotem Pompon und weißem Behang (Tram-
bezw. Trainsergeant), ferner (siehe Nr. 580) einer
mit silbernen Borten und weißem Pompon (Train-
kapitain) und ein vierter mit rotem Stutz und
rotem Behang, eines Kanoniers der 2 . Linien-
Artillerie-Kompagnie. Neben einer Sammlung
jetzt seltener Uniformknöpfe der westfälischen Ar
mee und einem Offiziersäbel der westfälischen Li
nieninfanterie führt der Auktionskatalog noch ein
seltenes, ganz besonderes Wertstück in einem Ehren
degen auf, wie ihn König Jérôme als Zeichen be
sonderer Gunst an seine Offiziere verschenkte, (siehe
Nr. 707) Das Gefäß mit ornamentiertem Gold
beschlag versehen, der Griff aus Ebenholz ge
schnitzt; auf der vergoldeten Stichplatte in einem
Lorbeer- und Eichenkranz das Monogramm J. N.,
die Stahlklinge an der Wurzel blau angelassen
und mit graviertem und vergoldetem Ornament
werk geschmückt. Lederscheide mit vergoldetem Be
schlag. Goldgewirktes Porteepêe.
Auch ein Offiziers-Tschako der kurhessischen In
fanterie und ein Grenadier-Tschako (beide aus der
Zeit um 1832) kommen zur Versteigerung.
Möchten diese Zeilen dazu beitragen, daß ein
oder der andere dieser so leicht nicht wieder zu
erlangenden Gegenstände in unser neues Landes
museum übergeht!
des Stückes ist es - gegen alle hergebrachte Übung — stark in
der Tagespresse angegriffen worden, weil der Verrat Kasseler
Bürger an ihrem Landesherrn im Mittelpunkt des
Schauspiels stehe. Es mag zugegeben werden, daß dieser
Punkt sich bei der Lektüre störend geltend machte.
Bei der Aufführung trat er zurück. Es ist kein Fest
spiel im eigentlichen Sinne. Dazu umfaßt das Schau
spiel eine zu geringe und, trotz allem, zu wenig be
deutungsreiche Spanne Zeit. Aber (auch das Bertel-
mannsche Festspiel behandelte seltsamerweise den gleichen
Vorgang) es war das relativ Beste und — es hat ja
auch lebhaften Beifall gefunden, über die Schwächen
sah das Publikum hinweg, es beachtete den ein wenig
gewaltsamen Schluß und einige verfehlten Szenen des
letzten Aktes so wenig wie häufigere Verstiegenheiten
der Sprache und ließ die treffliche Darstellung auf sich
wirken. Diese ging weit über das Maß dessen hinaus,
was Dilettanten sonst zu bieten pflegen, — dank der
hingebenden, unermüdlichen und erfolggekrönten Tätig
keit, die Herr Jürgensen entfaltete, der seine Kraft
und seine reiche Bühnenerfahrung seit Monaten in den
Dienst der Sache gestellt hatte. Die Darsteller ver
dienen, daß man mit Anerkennung ihre Namen ver
zeichnet. Sie alle zu nennen, verbietet ihre große Zahl.
Darum seien nur die trefflichen Vertreter der Hauptrollen
erwähnt: die Herren Fr. Junghenn und H. Iöckel
(Landgraf), O. Schönemann und H. S ch u l z (Narr),
die Damen E. Wilhelm und E. S i e b e r t (Land
gräfin), Grete Junghenn und Margarete
Festspiele.