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Wenige Jahre später (1857) wurde Spohr Jefsonda in Prag. 1859 erlöste ihn der Tod
seiner Stellung als Hoskapellmeister in Kassel ent- von quälendem Leiden,
hoben. 1858 dirigierte er noch einmal seine Oper
Kassel und die militärische Krankenfürsorge in weslsälischer Zeit.
Vortrag, gehalten am 17 März 1913 im Zweigverein Kassel des j Vereins
für hessische Geschichte und Landeskunde von Landesbibliothekar Dr. W. Hopf.
Die Errichtung des Königreichs Westfalen
brachte den in ihm vereinigten Gebieten neben
der drückenden Erhöhung und Erlveiterung
aller Abgaben eine gewaltige Steigerung vor
allem auch der militärischen Lasten. Napoleon,
der die von ihm abhängigen Staaten nur
als Geld- und Menschenquelle für seine kriege
rischen Unternehmungen ausnutzte, nahm auch
bei dieser seiner Gründung nicht die geringste
Rücksicht auf die vorhandene Leistungsfähig
keit, sondern schraubte seine Anforderungen
an die Steuer- und die militärische Kraft
des Landes unerbittlich höher und höher Ihn
kümmerte es nicht, daß die kriegerischen Ver-
lvicklungen der vorausgegangenen Jahre dem
Lande schon bedeutende Opfer auferlegt hatten
— zur Durchführung seiner Pläne brauchte er
den letzten Mann auch aus diesen Gebieten,
und er ließ sich nur von seinen eignen Berech
nungen leiten, als er die westfälische Heeres
macht aus 25 000 Mann festsetzte, eine Zahl,
die beim Beginn des russischen Feldzuges be
reits auf 30000 erhöht war Und es war
nur eine scheinbare Hülfe, wenn Napoleon
zunächst die Hälfte jener 25000 Mann über
nahm und nach Magdeburg - natürlich auf
Kosten Westfalens - eine französische Be
satzung von 12 500 Mann legte; denn diese
blieben auch dann im Lande und ihre Zahl
wurde sogar noch vermehrt, als die im Grund
gesetz festgelegte Truppenzahl längst erreicht
war.
Die vorhandenen Kasernen reichten für die
Aufnahme solcher Massen nicht aus, und so mußte
man auf das alte Aushilfsmittel der Bürger
quartiere zurückgreifen, eine Maßregel, die sich
um so empfindlicher bemerklich machte, als die un
ausgesetzten Durchmärsche sie in immer wachsen
dem Umfang in Anspruch nahmen. Und nicht
genug damit, daß ein erheblicher Teil der im
Lande befindlichen Truppen die Einwohner
in ihren ohnehin vielfach beschränkten Be
hausungen noch mehr beengte - die am
15. Oktober 1810 erfolgte Neuregelung des
gesamten militärischen Verwaltungswesens
wies den Gemeinden, in denen die Einquar
tierung den Bürgern zur Last fiel, auch noch
einen Teil der Fürsorge für die kranken Sol
daten dadurch zu, daß ihnen die Einrichtung
und Unterhaltung der Regiments - Kranken
stuben aufgebürdet wurde.
Damit war für Kassel, wo mau gerade vor
100 Jahren mit der Inanspruchnahme von
Bükgerquartieren gebrochen hatte, eine neue
und - wie sich mit der Zeit herausstellte
recht empfindliche Belastung geschaffen. Die
Grenze der Stadt erstreckte sich damals vom
Königs- über das Napoleons- (Wilhelms-)
höher Tor zur Schönen Aussicht, folgte hier
der heute noch bestehenden Linie bis zum Un
terneustädter Kirchplatz, verlief weiter zum
Weser- und Holländischen Tor und setzte sich
schließlich zusammen aus der Königs-, Hohe
Tor-, Post- und Schusterstraße - die letztere
gleich der heutigen Wolfschlucht Auf diesem
Gebiet standen rund 1500 Häuser, in denen
ungefähr 23 000 Einwohner angesiedelt waren;
die hier unterzubringende Einquartierung
sollte 3000 Mann nicht übersteigen, war aber
häufig nicht unbeträchtlich höher und muß
im Durchschnitt auf mindestens 2500 Mann
veranschlagt werden. Es leuchtet ohne wei
teres ein, daß eine solche Einquartierung,
die jahrelang mehr als 10 v. H. der gesam
ten Bevölkerung betrug, auf dieser schwer
lasten mußte, und daß dadurch vor allem
auch der vorhandene Platz bis auf das letzte
Eckchen in Anspruch genommen wurde. Um
so größer waren von Anfang an die Schwierig
keiten, der neuen Auflage zu genügen und
für die Krankenstuben der in Bürgerquar
tieren liegenden Truppenteile geeignete Räume
zu beschaffen.
Für die Krankenpflege stand damals nur
das Hospital der Charite vor dem Leipziger
Tor zur Verfügung, das heutige, inzwischen
an anderer Stelle neu aufgeführte Landkran
kenhaus, das bestimmt war, „dürftige Per
sonen vom Zivilstande, die an schweren Krank
heiten, sobald sie nur nicht chronisch oder un
heilbar waren, oder an harten Verwundungen
und gefährlichen Gliederverletzungen litten",