Full text: Hessenland (27.1913)

Hessenland 
-KAwei. 
Hessisches Heimaisblatt 
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst 
Nr. 2. 
27. Jahrgang. 
Zweites Januar-Heft 1913. 
Burg Jürstensletn im Kreise Wolfhagen." 
Von E. Happel. Mit Zeichnungen des Verfassers. 
Schon vor Jahren hat uns Dr. Lange bei seiner 
geschichtlichen Behandlung der Schartenburg auf 
eine Urkunde hingewiesen, in der von einem Fürsten 
steine die Rede ist. Dieser Fürstenstein müßte in 
der Nähe des Amtes Schartenburg liegen und sollte 
dem Landgrafen Heinrich I. und dem Bischof Simon 
von Paderborn gemeinsam zustehen. Ein Burg 
frieden regelte auch das Zusammenleben der beider 
seitigen Burgmannen, gedachte der Baurechte, die 
jedem Teile zustehen sollten usw. Es besieht also 
gar kein Zweifel, daß im Jahre 1269 die Neu 
anlage der Burg „Vorstenstene" erfolgte. Die 
Geschichtsschreiber haben das Vorhandensein des 
Fürstensteines auch in die richtige Gegend verlegt, 
wo aber die Burg gestanden hatte, das blieb bis 
in unsere Tage das unbewußte Geheimnis einiger 
weniger Landleute, die der „Burg" jedoch gar keine 
Beachtung schenkten und sich auch nicht klar darüber 
waren, was diese Buckel, Gräben usw. im Eichholze, 
wie der Standplatz der Burg heute heißt, einst 
mals waren. 
Wer von dem waldeckischen Grenzdorfe Lüters 
heim nach Norden gegen Volkmarsen aus der Land 
straße wandert, der sieht schon bald auf seiner 
*) Bergleiche auch den Aufsatz von Dr. Lange im 
.Hefsenland" 1912, Nr. 19. 
linken. Seite den felsigen Eingang zu einem engen, 
dunkelen Tale. Die rechte Felswand ist in tou 
ristischen Kreisen als Hollenkammer gut bekannt, 
aber der linken Seite schenkte man weiter keine 
Beachtung, da die rechte malerischere Seite das 
Interesse der Besucher allein auf sich zog. Diese 
Felsen heißen in Volkmarsen Kattenkurts-Klippen, 
weil in früheren Jahren der ungetreue Hirt Kurt 
Katte das von ihm gehütete Vieh so dicht an den 
Abgrund trieb, daß öfter ein Stück abstürzte und 
nach altem Rechte als gefallenes Vieh in seinen 
Besitz gelangte. Als man die Untreue des Hirten 
erkannt hatte, wurde er aus der „alten Lehmen- 
kuhle", einem Feldstück nördlich von Volkmarsen, 
verbrannt. Im Frühjahr 1912 besuchten Valentin 
Traudt und Paul Heidelbach auch die linke Felsen 
seite, und der Lehrer zu Lütersheim erzählte ihnen 
von einer alten Burg, die da gestanden haben 
müsse; noch sei das Gefängnis zu sehen, und ein 
tiefes felsiges Loch schien die Angaben des Lehrers 
zu bestätigen. 
Nach einer gefälligen Mitteilung der genannten 
Herren machte sich der Schreiber dieses mit Herrn 
Bibliothekar Dr. Lange auf den Weg, und die 
Burg wurde gefunden. Ihre Lage muß als 
durchaus glücklich gewählt bezeichnet werden; ganz
	        
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