Full text: Hessenland (27.1913)

238 Tî, 
rische Überlassung seiner großen Bücherei zum Wohl- 
täter wurde. Unter den Grabsteinen im Chor trägt 
einer die Jahreszahl 1503, Erinnerungen an gewalt 
same Eingriffe des Landgrafen Moritz sind mit der 
Geschichte der Kirche verknüpft. Aufsteigend zur 
Burg empfand man imponierend die gewaltigen 
Größenverhältniffe des aus dem angehenden 16. Jahr 
hundert stammendes Hexenturms. Der Schutz der 
Burg wurde sonst durch die dreifache Umhüllung 
des nassen Grabens, des Walls und der Mauer 
besorgt. Die Mantelmauer, die die Burg umzieht, 
fällt teilweise bis zu 13 Meter tief in den Burg- 
graben ab. Sie stammt aus den letzten Jahrzehnten 
des 15. Jahrhunderts. Als die Burg, in den letzten 
Jahren des 30jährigen Krieges mehrfach umstritten, 
auch vom Feuer verheert worden war, ließ die Land- 
gräfin Amelia Elisabeth, um einer Festsetzung des 
Landesseindes an dieser Stelle vorzubeugen, breite 
Breschen in das Mauerwerk schlagen. Die Wanderung 
um die langausgedehnte Mauer war reizvoll durch 
den Ausblick und andererseits durch den Ausblick 
in das üppiggrüne Wiesenland, aus dem sich nahe 
grüßend der Bergrücken Amöneburgs erhebt. Von 
Tor zu Tor, die schlichte anmutige Vorburg passierend, 
gelangte man zu dem von Fr. Lange in der Mitte 
des vorigen Jahrhunderts restaurierten und mit 
einem Anbau versehenen Hauptwohngebäude der 
Unterburg. In einem großen gewölbten Raum des 
Erdgeschosses, wohl der ehemaligen Gesindestube, wo 
die Fundstücke der besonders vor zwei Jahren mit 
bestem Erfolg vorgenommenen Ausgrabungen aus 
gestellt waren — und vor einem Tisch, aus dem 
Grundrisse und Zeichnungen ausgebreitet lagen, emp 
fingen die Anwesenden aus dem Munde des Geheim 
rat Schenk dankenswerte Mitteilungen aus der Ge 
schichte des Geschlechtes und der Burg. Im Jahre 
1215 taucht der Name Schweinsberg zuerst urkundlich 
aus. Ein Glied desMarburgerBurgmannengeschlechts, 
das sich von seiner Marburg nannte, Guntram, hatte 
mit einem Fräulein von Merlau am Ausgang des 
12. Jahrhunderts, wie eine Urkunde von 1199 
bezeugt. Schweinsberg, das freie Eigentum der Vor 
besitzer, erheiratet. Noch heute ist es Gegenstand 
des ganerbschaftlichen Besitzes der Familie. Die 
erste Ummauerung ist in das 13. Jahrhundert zu 
verlegen, die beiden folgenden Jahrhunderte schufen 
neue Mauerkränze. Die Oberburg blieb, während 
andere Behausungen für einzelne Geschlechtsgenossen 
geschaffen wurden, gemeinsamer Besitz, im Jahre 
1646 wurde sie durch eine zufällige, aus Unvor 
sichtigkeit beruhende Explosion zur Ruine. Die oben 
erwähnten Ausgrabungen haben die beinahe kreis 
förmige Umfassungsmauer und den runden Bergfried 
im Grundriß festgestellt. — Nach den Genüssen, die 
dein Auge und dem geschichtlichen Sinne der Ausflugs 
teilnehmer geboten waren, wurde ihnen durch die 
Güte der Schloßherrn auch materielle Stärkung zu 
Teil. In dem angeregten Beisammensein wurden 
von Archivrat vr. Rosenseld im Namen des Mar- 
burger Zweigvereins und von dem Erbschenken Trink 
sprüche gewechselt. Dann besichtigte man noch einige 
Behausungen unterhalb der Burg, in denen einzelne 
Zweige des Geschlechtes Wohnung haben, und kehrte 
endlich heim mit dem dankbaren Bewußtsein, den 
schönen Stammsitz eines unserer ältesten hessischen 
Adelsgeschlechter näher kennen gelernt zu haben. 
Der Kasseler Verein veranstaltete am 21. Juli 
eine vorbereitende Mitgliederversammlung, um sich 
über die der Jahresversammlung in Homberg vor 
zuschlagenden Wahlen zu verständigen. Man einigte 
sich aus den bisherigen Vorstand. Der Vorsitzende, 
General Eisen traut, teilte noch mit, daß nach 
Erweiterung der Landesbibliothek dem Vereine im 
alten Museum ausreichende Räume zur Verfügung 
stehen würden. 
Marburger Hochschulnachrichten. Zum 
Rektor der Universität sür das Rektoratsjahr 
1913/14 wurde Geh.Justizrat Proseffor vr. Träger 
gewählt. — Der Proseffor der Chirurgie Geh. Me 
dizinalrat Professor vr. med. Emil Küster, 
Generalarzt, M. d. H., in Charlottenburg, der 1890 
bis 1907 in Marburg wirkte, beging am 4. August 
die 50 jährige Doktorjubelseier. — Im besten 
Mannesalter von 40 Jahren wurde Proseffor vr. 
phil. lie. theol. Gust av Westph al durch den 
Tod abberufen. — Dem Assistenten an der medi 
zinischen Polyklinik vr. Friedrich Loening 
wurde die venia legendi erteilt. — Am 28. Juli 
hielt vr. Georg Magnus seine Antrittsvor 
lesung über „Wundbehandlung" 
Das Rittergut Freudenthal bei Witzen- 
hausen a. d. Werra konnte am 6. August eine 
seltene Feier begehen. Seit dem 6. August 1813 
wird das Gut, das landschaftlich sehr schön gelegen 
ist und eine interessante geschichtliche Vergangenheit 
auszuweisen hat, ununterbrochen von der Familie 
Badenhausen landwirtschaftlich bewirtschaftet. Am 
3. und 4. April 1813 verkauften die Brüder v. Butt 
lar ihre Güter Ermschwerd, Stiedenrode und Freuden 
thal mit sämtlichen Vorwerken an den Kgl. Preuß. 
Regierungsrat Heimbach in Langeln. Von diesem 
kaufte das Gut Freudenthal am 25. April der 
Kgl. Westfälische Generalleutnant und Königsleut 
nant Allix für 50 000 kr. Der Kaufvertrag wurde 
durch die Notare Wachs und Schulte in Kaffel 
rechtsgültig ausgenommen. Am 26. April nahm 
Allix Besitz von Freudenthal und bewirtschaftete es
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.