zu erheben, der an diesen Märkten eigentlich ihm
selbst ans seiner kaiserlichen Machtvollkommenheit
zustehe (teloneum, guod no8tro jure ac potestate
de eisdem mercatibus debetur). Es ist wohl
anzunehmen, daß diese Märkte, die an den Kirch
weihtagen der beiden Orte stattfanden, von denen
ja Wolfsanger urkundlich schon von Karl dem
Großen als ein nicht ganz unbedeutender Ort er
wähnt wird, schon vor der Beurkundung dieser
Schenkung Heinrichs II. an das Kloster Kaufungen
bestanden und daß an ihnen auch schon eine Zoll
erhebung erfolgt war, die bis dahin aber zu den
Einnahmen des Kaisers selbst gehört hatte. Die
Einwohner des Hofes Chassala werden also, ehe
sie in ihrem zum Städtchen erhobenen und mit
Marktrecht begabten Gemeinwesen die Annehmlich,
keit des Zollzahlens enipfanden, diese schon auf
den Märkten der nahe gelegenen Dörfer Wolfs
anger und Kaufungen, auf denen sie wohl ihre
geringen Bedürfnisse ankauften, kennen gelernt
haben. Dazu war ihnen bald noch mehr Gelegen
heit geboten, nachdem der Nachfolger Heinrichs II.,
Kaiser Heinrich III., in einer aus Walldorf an
der Werra im jetzigen Herzogtum Sachsen-Mei
ningen vom II, August 1041 datierten Urkunde
dein Kloster Kaufungen einen an jedem Mittwoch
stattfindenden Wochenmarkt, sowie einen dreitägigen
Jahrmarkt am St. Margaretentage (13. Juli) ver
lieh und auch hierbei wieder die an diesen Märkten
zu erhebenden Zölle dem Kloster abtrat.
Wir haben es hier mit einem Marktzolle zu
tun, über welche Art des Zolls aus jener frühen
Zeit wenige Bestimmungen erhalten sind. Aus
den älteren Quellen ist indessen festzustellen, daß
diese Zollerhebung derart stattfand, daß sowohl
der Käufer als der Verkäufer beim Übergang der
Ware ans einer Hand in die andere eine Abgabe
an den Grundherrn der Marktstätte oder an den
jenigen, dem sonst das Zollrecht zustand, zu ent
richten hatte. Dafür übernahm der Grundherr
die Verpflichtung, für die Sicherheit der Ware,
der Händler und der Käufer sowohl auf dem Markte
selbst, als auf der Hin- und Rückreise, soweit sie
sein Gebiet berührten, zu sorgen. Aus dieser Abgabe,
soweit sie den Schutz auf der Landstraße betraf,
entwickelte sich später das sog. Geleit, eine ganz
besondere, jetzt verschwundene Abart des Zollwesens.
Neben dem Marktzoll gab es im frühen Mittel
alter besonders Schiffahrts-, Straßen- und
Brückenzölle. Abgesehen von dem durch diese
Zölle von den Zollpflichtigen dem Zollherrn ge
währten Entgelt für die Sicherung der reisenden
Kaufleute und ihrer Waren auf den Land- und
Wasserstraßen, spielt hier schon etwas weiteres hin
ein, nämlich die in der Zollzahlung liegende Ver
gütung für die Instandhaltung der Straßen und
Brücken. Wie sehr man mit dem Begriffe des
Zolls damals die für den Zollherrn bestehende
Pflicht der Erhaltung der Verkehrswege verband,
ergibt sich u. a. aus einem argen Mißbrauch, der
hin und wieder getrieben wurde. Die Grundherren
bauten nämlich an irgend einer Stelle, wo gar
kein Wasserlauf vorhanden war, eine Brücke und
nötigten die Fuhrleute, diese beim Durchzug durch
ihr Gebiet zu benutzen und dabei einen Brücken
zoll zu zahlen, der natürlich hoch genug bemessen
war, um dem Zollherrn nicht nur die Mittel zur
Erhaltung dieser Pseudobrücke zu bieten, sondern
auch einen nicht zu geringen Überschuß in seine Kasse
fließen zu lassen. Das war aber, wie gesagt, ein Un
fug, im allgemeinen fand stets die Zollerhebung da
statt, wo der Zollherr die Verpflichtung übernahm,
als Gegenleistung für den Straßen-, Schiffs- oder
Brückenzoll die betreffenden Verkehrswege in gutem
Stande zu halten und für ihre Sicherheit zu sorgen.
Von den erwähnten wichtigsten Zollarten finden
wir in Kassel zuerst den Schiffszoll. Die Fluß
schiffahrt auf den kleineren Flüssen war ja damals
von weit größerer Wichtigkeit als später, weil der
Straßenbau bei der Schwierigkeit des noch viel
Sumpf und Wald enthaltenden Geländes noch
sehr im argen lag. So diente denn auch die Fulda
als vielbenutzte Verkehrsstraße, an der u. a. in
Kassel ein Zoll erhoben wurde. Wir finden diesen
erwähnt zwischen den Jahren 1140 und 1172.
In dieser Zeit gab Landgraf Ludwig der Eiserne
von Thüringen allen seinen Schultheißen und
Zöllnern in beiden Ländern, d. h. sowohl in Thü
ringen als in Hessen, in den Städten Kassel,
Münden, Kreuzburg, Eisenach, Gotha und Brei
tungen den Befehl, alle Lebensmittel der Brüder
und Schwestern des Stifts zu Hersseld frei durch
ziehen zu lassen. Hierbei muß uns auffallen, daß
die Gewährung der Zollfreiheit von dem Land
grafen, also dem Landesherrn, ausgeht, während,
wie bereits erwähnt ist, ursprünglich nur dem
König das Recht der Zollerhebung, also auch das
Recht der Befreiung davon, zustand. Es lag dies
in den gänzlich veränderten Verhältnissen im Zoll
wesen, die etwa seit Mitte des 12. Jahrhunderts
eingetreten waren. Weltliche und geistliche Fürsten,
selbst mächtigere Grafen nahmen sich seit jener
Zeit heraus, auch ohne königliche Vergebung und
an neuen, bis dahin ungewohnten Plätzen Zoll
zu erheben. Sie begannen das Zollrecht als einen
Ausfluß ihrer eigenen obrigkeitlichen Gewalt, ihrer
Landeshoheit, zu betrachten.
Einige weitere Zollbefreiungen im Kasseler Tale
bestätigen dies. Landgraf Ludwig IV. der Heilige
von Thüringen begnadigte zwischen 1216 und 1228