Heffenlanö
Hessisches Heimaisblatt
Zeitschrift sür hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 3. 26. Jahrgang. Erstes Februar-Heft 1912.
Friedrich der Große und seine Beziehungen zu den Landgrafen
Wilhelm VIII. und Friedrich II. von Hessen-Kassel.
Von G. Eisentraut.
In der Zeit der zweihundertsten Wiederkehr
des Geburtstages Friedrichs des Großen darf im
„Hessenland" ein Hinweis ans die Beziehungen
des großen Königs zu den Landgrafen von Hessen-
Kassel nicht fehlen. Zahlreiche Bände der „Poli
tischen Korrespondenz" des Königs geben Zeugnis
einerseits von dem freundschaftlichen Verhältnis,
das zwischen ihm und dem Landgrafen WilhelmVIII.
bestand, andererseits von dem hervorragenden Ein
fluß, den der König auf die Politik dieses Land
grafen und auf das Verhalten seines Sohnes und
Nachfolgers, des Landgrafen Friedrich II., vor und
während des siebenjährigen Krieges allsgeübt hat.
Der im Februar 1749 erfolgte Übertritt des
Erbprinzen Friedrich zur katholischen Kirche, den
sein Vater erst im Jahre 1754 erfuhr, wurde
diesem zu einer Quelle nie überwundenen Kummers.
Er konnte es nicht verwinden, daß sein einziger
Sohn und Erbe aus der Kirche ausgetreten war,
für die feine Vorfahren einst die schwersten Opfer
gebracht hatten. Wilhelm VIII. fürchtete von
diesem Religionswechsel die traurigsten Folgen für
sein Land und er ruhte nicht eher, als bis er
durch die sog. Assekurations-Akte vom 28. Oktober
1754 eine Sicherung für die religiösen Rechte
Hessens erlangt zu haben glaubte. Die Gewähr-
für die Ausführung der Bestimmungen dieser Akte
übernahm außer andern Fürsten und Mächten
auch der mit Wilhelm VIII. schon längst be
freundete König Friedrich II. von Preußen.
Der Erbprinz Friedrich von Hessen hatte sich
zwar den Beschlüssen seines Vaters ohne Wider
stand gefügt, doch wußte man bei seinem eigen
tümlichen Verhalten nicht, von welcher Tragweite
sein Religionswechsel für sein Land werden könnte
für den Fall, daß der Erbprinz zur Regierung
kommen würde. Sein Vater war alt und hin
fällig, sein Ableben mußte in absehbarer Zeit
erwartet werden. Europa befand sich in einem
Zustande höchster politischer Spannung. Ein er
bitterter Krieg zwischen England und Frankreich
einerseits, zwischen Preußen und Österreich anderer
seits stand in naher Aussicht, und die Politik
dieser vier Großmächte richtete sich damals be
sonders darauf, sich durch Bündnisse mit andern
Staaten für den kommenden Krieg zu stärken.
Es ist erklärlich, daß sowohl Frankreich wie das
seit dem 1. Mai 1756 mit ihm verbündete Öfter