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tums sein, so wie die innere Auszierung, die jetzt
hie und da ganz den Geschmack unseres Zeitalters
zeigt. Jedes Haus müßte durch Bepflanzung mehr
abgesondert, verborgen und beschattet erscheinen.
Hier würde ich den Platanus, der schon in Griechen
land vor den Hallen der alten Philosophen seine
Schalten verbreitete, wieder grünen lassen, die
Wohnungen des Sokrates und des Plato, die eben
abgerissen und zerstreut liegen, müßten, mehr
herabgezogen, mit den anderen Häusern in eine
nähere Angrenzung gebracht werden. Jede Woh
nung müßte die Werke des Philosophen in der
besten Ausgabe enthalten. Eine solche Einrichtung
würde nicht bloß mehr angemessene Verzierung
und mehr Täuschung, sondern auch selbst mehr
Veranlassung zur Unterhaltung des Geistes mit
den Schriften der alten Weisen in der Einsamkeit
geben."
Wenn außer der Eremitage des Sokrates im
Philosophentale noch ein Denkmal überkommen ist,
so liegt das daran, daß zu seinem Bau dauer
hafteres Material verwendet wurde. Die Grotte
der Sibylle, die ihren Platz in geringer Entfernung
nördlich der Demokrit-Siedelei hat, ist in Tuffstein
hergestellt. Sie besteht aus einem in den Berg
getriebenen Stollen, der von einem Tonnengewölbe
überdeckt wird und in einem schlichten Rundbogen-
portal nach dem Tale zu sich öffnet. Der hintere
Teil des Ganges, der irrtümlich mit der Löwen
burg in Zusammenhang gebracht wird, ist durch
einen Tagesbruch verschüttet, so daß nur noch eine
Länge von etwa 7 Meter zugänglich ist. Was
die Grotte ehedem enthielt, verrät auch Hirschfeld
nicht, der die „Höhle" als „tief, dunkel, feierlich
furchtbar" bezeichnet, „wie es sich für eine Wahr
sagerin schicket, die in der Nacht der Zukunft forscht
und mit Schicksalen schreckt, die noch nicht herein
gebrochen sind." Doch muß wohl eine Statue
am Ende des Ganges vorhanden gewesen sein, da
1799 die Rede davon ist, daß „man der Cumäjschen
Sibylle in ihrer 100 Fuß tiefen dunkelen Grotte,
mit Hülfe eines Lichtes, einen Besuch machen kann".
Von 1779 bis 1782 dauerte der Bau des Stollens,
zu dem Bergleute, Maurer und Zimmerleute heran
gezogen wurden. Ob der „Tempel der Sibylle"
mit der Grotte gleichbedeutend ist, kann zweifel
haft erscheinen, da 1780 in einem Rechnungsbelege
die Grotte neben dem Tempel erscheint. Möglich,
daß die über dem Stollen gelegene kleine Aus
buchtung der Bergnase, anscheinend ein Steinbruch,
der mit dem Tagesbruch des Stollens in Ver
bindung steht, ehedem ein tempelartiges Bauwerk
trug. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß Landgraf
Karl sowohl den Tempel der tiburtinischen Sibylle
in Tivoli als auch die Grotte der cumäischen
Sibylle bei Neapel aufgesucht hatte und ent
sprechende Notizen in sein Diarium Italicum auf
nehmen ließ, und es darf wohl als wahrscheinlich
angenommen werden, daß Friedrich II. 1777 bei
seiner Anwesenheit in Italien dieselben Punkte
aufsuchte, für die sich der Großvater interessiert
hatte.
Daß man die Statuen der Sibylle, des Sokrates,
des Anaxagoras und Plato, deren Herstellung
1782 Heyd besorgte, mit den gleichnamigen Bauten
in Verbindung zu bringen hat, ist fraglich, da im
selben Jahre der gleiche Bildhauer auch die Stand
bilder des Demosthenes und Lykurgus lieferte, von
deren Behausungen nichts bekannt ist.
Nördlich vom Philosophental lag das Tal des
Peneus, das annähernd dieselbe Richtung wie jenes
hatte. Durchflossen wurde es von dem Wasser
lauf, der aus dem Bassin vor der Plutogrotte
sich ergoß, um in das große Becken am Bowling-
green einzumünden. Auf dem rechten Ufer befand
sich, etwa in der Mitte zwischen dem späteren Aquä
dukt und Fontänenbassin, im „Peterswäldchen",
die Eremitage des Peter, die offenbar in derselben
Art gehalten wie die Siedeleien des Philosophen
tales, auf den Lageplänen als kleiner Bau von
rechteckigem Grundrisse verzeichnet ist, bis 1800
sich nachweisen läßt, in Ansichten jedoch nicht über
kommen zu sein scheint. Vermutlich aber besaß
die Hütte alle jene Ausstattungsstücke, die zu einer
kunstgerechten Einsiedelei gehörten, eine Bank, einen
Altar, das Bild des Schutzheiligen und ein Glöckchen.
Diese Attribute wenigstens verlangt Hirschfeld, auf
den die Peterseremitage einen befriedigenden Ein
druck machte. „Seine Einsiedelei ist im echten
Stil erbaut und täuschend verziert. Er selbst sitzt,
eine Figur in Lebensgröße, in der Kleidung eines
Walderemiten, und hat eine Karte, worauf die
Wege in seinem Walde gezeichnet sind, und wo
er zu suchen scheint, um den Rittern den Pfad
zum Hause der Armide zu weisen. Um die Ein
siedelei erblickt man ein schönes waldigesMnd an
gepflanztes Revier, verschiedene hervorspringende
und verschließende Gruppen. Eine Szene, die gut
erfunden und angeleget ist."
Das erwähnte Haus der Armide lag der Klause
schräg gegenüber auf der linken Seite des Baches,
aber schon auf dem ansteigenden Gelände der Berg
lehne. Auch diese Anlage findet Hirschfelds Beifall,
wenngleich sie ihm nicht „mit den übrigen Auf
tritten, besonders mit den aus dem Altertum, in
einer näheren Verbindung" zu stehen schien. „Die
Geschichte hatte das Romanhafte, das die Ein
bildungskraft so ganz bezaubert und dahin reißt,
und scheint hier, mehr ihrem Interesse als der
Zeit nach, mit den übrigen Gegenständen verbunden