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Direktor Dr. Lohmeyer Mittheilungen üb er
den Stand der Grimm-Gesellschaft gemacht, hielt
Herr Oberbibliothekar Dr. Brunner einen Vor
trag über „Kassel zur. Zeit der Brüder Grimm"
(1813 — 1829), jedoch konnten diesmal nur die
Jahre 1813 und 1814 behandelt werden. Der
Bortrag wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen.
Universitätsnachrichten. Professor Paul
Martin in Zürich nahm den Ruf an die Veterinär-
Landesanstalt der Universität Gießen an. —
Dr. Wilhelm Trabert, der einzige Sohn
unseres bekannten Landsmannes Adam Trabert,
bisher Universitäts-Dozent und Sekretär der
k. k. meteorologischen Centralanstalt zu Wien, Ver
fasser einer Reihe von Schriften, die als bahn
brechend auf dem Gebiete der kosmischen Physik
anerkannt sind. wurde durch Dekret des Kaisers
von Oesterreich zum außerordentlichen Professor
der Universität Wien ernannt.
M ü n z s u n d. Die Fuldaer Gegend steht gegen
wärtig im Zeichen der Münzfunde. Nachdem erst
kürzlich im Garten des Gerbermeisters H. Hodes
in Fulda ein Metallgefäß mit 285 Dukaten aus
dem 16. und 17. Jahrhundert gesunden wurde,
hat ebenfalls vor Kurzem eine Tagelöhnerin auf
dem nahen Nauscheberge zwei handlange Rollen
würzburgischer Silbergulden aus derselben Zeit,
deren Gepräge wohlerhalten ist, und einen etwa
15 Centimeter langen Silberbarren mit der Hacke
zu Tage gefördert.
„Teufels scheu ne." Am 6. November brannte
die zum Gute Ellenbach hinter Sandershausen ge
hörige sog. „Teufelsschenne" nieder. In dieser
Scheune befand sich ein Stein, in welchem ein
dreispänniger Wagen eingemeißelt war, dessen Fuhr
mann, wie versichert wird, das Gesicht im Nacken
gehabt haben soll. Das Letztere war aber schon
seit geraumer Zeit nicht mehr §u erkennen, ebenso
wie die Inschrift zum größten Theil abgebröckelt war.
Aus dem noch erhaltenen „Anno Domini 160 — “
aber ging hervor, daß das ländliche Hochrelief mehr
als 290 Jahre alt war. Die Volkssage, welche
sich. an die Ellenbacher Scheune knüpft, ist ähnlich
wie die, welche man sich über den Hahnhof bei
Herleshausen und über ein Haus zu Schönstadt
bei Marburg erzählt. Der Teufel soll bis zum
ersten Hahnenschrei eine Scheuer bauen und dafür
eine arme Seele erhalten. Die arme Seele aber
wird gerettet, weil der Hahn zum Krähen gebracht
wird, ehe der letzte Stein vom Teufel herbei
gebracht ist. Das hierdurch entstandene Loch aber
kann nicht zugemauert werden, denn so oft es auch
geschieht, verschwinden die Steine über Nacht immer
wieder. Das Mauerloch in der Ellenbacher Scheune
war zuletzt durch einen Anbau verdeckt worden.
Todesfälle. Am 26.Oktober verschied zu Schön
stadt der Königliche Oberförster a. D. Friedrich
Heeg er im hohen Alter von 87 Jahren. Mit
hingebender Treue hat der Verstorbene seines Amtes
54 Jahre lang gewartet. Auf viele Jahrzehnte
sind die Spuren seiner rastlosen Thätigkeit ein
gegraben in den Obersörstereien Hessenstein (jetzt
Frankenau), Wölkersdorf, Rosenthal und Bracht.
Ob er am Schreibtisch beschäftigt war oder im
grünen Wald, ob er stundenlang an langwierigen
forstlichen Berechnungen saß oder mit seiner nie
fehlenden Büchse auszog zum fröhlichen Jagen,
überall war er mit ganzer Seele in seinem Beruf.
Wie sehr er darin aufging, beweist, daß er
während der ganzen Zeit feiner Amtsführung nicht
einen Tag Urlaub zu seiner Erholung oder zu
seinem Vergnügen beansprucht hat. Des Verstorbenen
rechtschaffener und unparteilicher Sinn gewann ihm
die Verehrung seiner Untergebenen, seine umfassenden
sachwissenschaftlichen Kenntnisse sicherten ihm die
Achtung seiner Vorgesetzten. Auch die Anerkennung
seiner treuen Dienste fehlte ihm nicht. Bei seinem
50 jährigen Dienstjubiläum wurde er durch Ver
leihung des Rothen Adlerordens 4. Klasse, bei
seiner Pensionirung durch Verleihung des Rothen
Adlerordens 3. Klasse ausgezeichnet. —
In der Nummer 20 des „Hessenland" findet sich
aus S. 283 ein kurzer Nekrolog des am 6. Ok
tober d. I. zu Kassel verstorbenen Landesrathes
Georg Zuschlag. Da mehrere Angaben nicht
ganz der Wirklichkeit entsprechen, so sei es gestattet,
an dieser Stelle einige Berichtigungen und Er
gänzungen vorzunehmen.
Georg Zuschlag wurde am 17. Juni 1852 zu
Nentershausen im Kreise Rotenburg geboren, wo sein
Vater, der am 5. März 1862 zu Sontra verstorbene
Metropolitan Friedrich Zuschlag, damals Pfarrer
war. Seine Mutter war die jüngste Tochter des
Kirchenraths und Professors Dr. Fr. Petri zu
Fulda, der als Herausgeber eines Fremdwörterbuchs
seiner Zeit in Hessen allgemein bekannt war.
Von seinem Vater, welchen der Literatur-Historiker
Professor Dr. A. Vilmar wegen seiner Gelehrsam
keit und seines gewissenhaften Fleißes sehr hoch
schätzte, scheint Zuschlag in geistiger Hinsicht Vieles
geerbt zu haben. Nach dem Tode seines Vaters
trat er als Schüler in das Lyceum Fridericianum
zu Kassel ein, wohin seine Mutter mit ihm und
seinen beiden Schwestern gezogen war. Zu Ostern
1870 bestand er die Abiturientenprüsung, studirte
dann zu Leipzig und Göttingen die Rechtswissenschaft