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1495: Genetiv, weil eine Wittwe dadurch be
zeichnet wird). Von Fischen kommt nur ein Stör
vor (1435—63 Store), eher ein Charakter-
als ein Hausname, denn in manchen Gegenden
wird Stör noch als Spitzname angewendet.
Dorffhilge (1598 — 1602) hatte in seiner-
ursprünglichen Heimath das Bild des Dorsheiligen
an seinem Hause, Ritter (1626) das eines
Gewappneten.
War das Haus neu, so gab man ihm und
seinem Bewohner den Namen Nysel (1389—1439;
1575 Neussell; 1626 Neusel*). Kleine Häuschen
hießen Kote (1412—1626) und Hütte oder
Hütte (1575). Der letztere Geschlechtsname wurde
später (1626) in Hütter und Hüter ver
ändert. **)
*) Ahd. niwi — neu, sal — Haus, Wohnung. —
Vergl. aber Vilmar, Namenb. S. 41: Vierneufel — 4 Nösel,
4 Schoppen.
**) Ein Hutmacher (huoterj scheint dies also nicht zu sein.
(Schluß folgt.)
Are Kochn'it des Landgrafen Georg von Aeffen-Darmstadt
mit der Gräfin Magdalene von der Lippe.
Von Philipp Losch.
C andgraf Georg, der jüngste Sohn Philipp's
des Großmüthigen und der Begründer der
Darmstädtischen Linie unseres Fürstenhauses, war
beim Tode seines großen Vaters noch nicht ganz
20 Jahre alt. Die ersten vier Jahre seiner Re-
giernilg verbrachte er als einsamer Junggeselle
auf seinem bescheidenen Schlosse zu Dnrmstadt,
nur der treusten Fürsorge für sein kleines Land
lebend, das ihm als Antheil vom Erbe des Vaters
zugefallen war. Dabei wurde er aus's eifrigste
mit Rath lind That von seinem ältesten
Bruder, dem Landgrafen Wilhelm IV. zu
Kassel, unterstützt, der trotz der Theilung des
Landes von seinen jünger» Brüdern immer als
das leitende Oberhaupt der Familie anerkannt
wurde und die regsten, herzlichsten Beziehungen
zll ihnen unterhielt. Der weise Wilhelm war es
auch, der für seinen jüngsten Bruder auf die
Brautschau ging, und sein Auge fiel dabei auf
die ail seinem Hose lebeilde junge Gräfin Mag-
dalene von der Lippe, die 20jährige Tochter
des verstorbenen Grafen Bernhard. Die junge
Gräfin war nicht nur außerordentlich schön,
sondern besaß auch eine solche treffliche Geistes-
lllld GemüthSbildnng. daß Landgraf Wilhelm
selbst erklärte, wenn er einen erwachseilen Sohn
hätte, so wüßte er ihll kein besseres Fräulein
freien zll lassen. So gewann sie bald das Herz
des jungen Landgrafeil lind sie erwiderte seine
Zuneigung so herzlich, daß der wohlililterrlchtetc
Chronist Buch später von ihnen schreiben konnte:
„haben sich beide überaus lieb gehabt, welches
nicht wohl zu beschreiben". Da beide Verlobten
arm waren, so überllahm Landgraf Wilhelm
großmüthig die Ausstattung und die Kosten der
Vermählung, die auch an seinem Hofe zu Kassel
am 17. August 1572 kurz vor der Pariser Blut-
hochzeit*) unter günstigen Sternen gefeiert wurde.
Wir besitzen eine ausführliche Beschreibung
dieser Hochzeit aus der Feder eines Theilnehmers,
des Grasen Wolrad II. von Wal deck. Dieser
treffliche Herr (geb. als Sohn des Grafen Philipp
27. März 1509, f 15. April 1575), der von
1539 — 75 als Haupt der von ihm gestifteten
mittleren Eisenberger Linie einen Theil der Graf
schaft Waldeck regierte und namentlich in der
Reformntionsgeschichte des Landes eine ganz her
vorragende Rolle spielte, hat über die Ereignisse
seines sehr bewegten und inhaltsreichen Lebens
eine Reihe von Tagebüchern hinterlassen, die als
eine wahre Fundgrube für den Historiker jener
Zeit, namentlich aber für den Kultur-historiker
gelten können. Von dem Umfang und der Ge
nauigkeit der täglichen Aufzeichnungen des Grasen
kann ma^r sich vielleicht eine ungefähre Vorstellung
machen, wenn mau hört, daß das Tagebuch des
uns hier interessireudeu Jahres 1572**) nicht
weniger als 826 eng beschriebene Folioblätter
euthält. Für die Gewissenhaftigkeit und die
große Frömmigkeit des Grasen ist bemerkenswerth,
daß er sogar den Text seiner täglichen Gebete
wörtlich anzuführen nicht unterläßt. Die Sprache
des Tagebuchs ist fast ausschließlich lateinisch,
*) Landgraf Georg hotte übrigens vom König Karl IX.
eine Einladung zu der Pariser Hochzeit erhalten und auch
angenommen, als er eben durch feinen Bruder von der
Neife abgehalten wurde, der ihm scherzend versprach, er
wolle ihn in ein anderes Land führen, das ihm besser ge
fallen solle.
**) Ich verdanke die Einsicht in das Tagebuch der Güte
des Herrn KonsistorialrathcS 1>. Viktor Schnitze zu
Greifswald, der mit einer NcformationSgeschichte seiner
Waldeckischen Heimath beschäftigt ist.