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und Idiotismen im besondern. Interessant war
u. a. die Mittheilung von Kinderliedern und
Schulreimen aus der Werragegend (von Treffurt
bis Allendorf) neben einer Anzahl von eigenartigen
Wortsormen und Redewendungen aus derselben
Gegend. — In der Sitzung vom 26. April sprach
Ghmnasial-Oberlehrer a. D. Dr. Henkel über
Rechtschreiben und Aussprache fremdsprachlicher
Namen in der Erdkunde, Lehrer Schrödter
über den Kreis Ziegenhain.
Der Alterthumsverein in Höchst ver
anstaltete am 18. April den letzten Vereinsabend
des Winterhalbjahrs, in welchem Herr Major
Geßner (ein geborener Fuldaer) über die Ver
theidigung der Festung Rheinfels im Jahre 1692
sprach. Eine ungewöhnlich zahlreiche Zuhörerschaft
hatte sich dazu eingesunden und mit Recht konnte
Herr Bürgermeister P a l l e s k e, welcher den Vorsitz
führte, aus diesem starken Besuche aus das hohe
Interesse schließen, welches man dem verehrten
Redner und dem von ihm gewählten Thema ent
gegenbringe. Einige seltene Abbildungen der Festung
Rheinsels, zum Theil kunstvolle Handzeichnungeu,
zirkulirten in der Versammlung und machten den
Vortrag doppelt interessant.
Volksbühnenspiel. Das Volksbühnen- und
Festspiel „Der Reichstag von Speyer" von
Fräulein Marie Luise Hesse aus Marburg
wurde am Freitag den 19. April und an fünf
Tagen der folgenden Woche im großen Stadtpark
saale zu Kassel zur Aufführung gebracht und
zwar unter der sachkundigen Leitung unseres Lands
manns, des früheren Theater-Regisseurs, Schrift
stellers Franz Treller. Einer Kritik des Stückes
müssen wir uns hier enthalten. Der Inhalt und die
Tendenz desselben sind ja bekannt. Die Uebergänge
zwischen den einzelnen Szenen wurden durch Choral
gesänge vermittelt. Die Aufführungen, welchen unter
Anderen auch der Vorsitzende des Evangelischen
Bundes, Graf Wintzingerode, die Dichterin und die
Spitzen der Behörden, sowie ein sehr zahlreiches
Publikum beiwohnten, wurden beifällig aufgenommen.
Hessen und Lippe. Zu der in voriger Nummer
veröffentlichten Notiz über die Verlobung im land-
grüslichen Hause Hessen geht uns von befreundeter
Seite die Berichtigung bezw. Ergänzung zu, daß
Prinzessin Bertha von Hessen-Philippsthal-
Barch seid eine Tochter des Prinzen Wilhelm
(nicht Philipp) von Hessen-Philippsthal-Barchfeld
aus dessen zweiter Ehe mit Gräfin Bentheim-
Steinfnrt ist. Eine Tochter erster Ehe des Prinzen
Wilhelm mit Prinzessin Marie von Hanau (jüngster
Tochter des letzten Kurfürsten) ist mit einem Onkel
des Bräutigams, einem jüngeren Bruder des
Regenten von Lippe, vermählt. Auch Fürst Wilhelm
von Hanau und Horzowitz (dritter Sohn des
Kurfürsten) lebt in. zweiter kinderloser Ehe mit
einer Gräfin zu Lippe-Biesterseld, während seine
erste Gemahlin die in Wiesbaden noch lebende
Prinzessin Elisabeth von Schaumburg-Lippe war.
Versteigerung. Vom 15. April ab fand
im oberen Saale der Gewerbehalle zu Kassel die
öffentliche Versteigerung der bekannten E. Habich'-
schen kunstgewerblichen Sammlung statt. Die
Betheiligung seitens des Publikums war eine sehr
zahlreiche, namentlich waren viele auswärtige Fach
leute und Händler erschienen. Die erzielten Preise
können nach Erklärung der Sachverständigen als
mittlere bezeichnet werden. Ankäufe für die Stadt
Kassel wurden von Herrn Museumsdirektor Dr. Eisen-
mann und Herrn Direktiorialassistent Dr. Böhlau
gemacht. Ein Degenknauf aus Eisen, geschnitten, Dar
stellung eines Centaurenkampfes, deutsche Arbeit,
wurde für den Preis von 6000 Mark von Herrn
Dr. Böhlau für das Königliche Museum zu Kassel er
standen. Die übrigen Nummern gingen, abgesehen von
den Ankäufen der Gewerbehalle, welche Herr Ruetz
übernommen, zum größten Theile in den Besitz
auswärtiger Käufer über.
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Keffische Müchevschcrrr.
Therese Köstlin. Bilder aus Geschichte
und Leben in Gedichten. 1899. Gießen,
Rickerffche Buchhandlung. IV und 72 S.
Geh. 1 Mark, Geb. 2 Mark.
Diese kleine Sammlung von Gedichten ist dem nur
um wenige Monate älteren gedruckten Manuskripte
„In der Stille erblüht" keineswegs vorzuziehn.
Als Ganzes ist sie ein Rückschritt. Denn wenn
auch in dem neuen Gedichtbuch. die stark hervor
tretende Eigenart der Dichterin, ihre Neigung
zum tragischen Ernste, ebenso klar hervortritt,
wie in den früheren, so fehlt doch — von den
Gedichten „Kinderleben" und „Kriegers Abschied"
abgesehen — alles, was das Manuskript aus dem
eignen Leben der Verfasserin enthält.
Es scheint, als habe die Dichterin ihr poetisches
Innenleben der weiten Oeffentlichkeit absichtlich
vorenthalten wollen. Und das muß man bedauern.
Man muß bedauern, daß unter den Bildern aus
dem Leben die Gedichte „Epheu", „Sehnsucht",