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Den gelehrten Neigungen des Landgrafen Moritz
entspricht es durchaus, daß er auch eine Druckerei
in Kassel haben wollte. Schon 1593 hatte er,
wie wir sahen, selbst ein Werk druckeil lassen, aber
er war genöthigt den Druck in Schmalkalden her
stellen zu lassen. Wilhelm Wessel erhielt von ihm
die Bestallung als Buchdrucker und Formeuschneider
unter dem 10. Oktober 1594. Es ist das erste
erhaltene hessische Druckerprivileg (Wortlaut s.
Köuuecke S. 11 — 12). Es muß zunächst in Kassel
aber wenig Bedarf nach einer Druckerei gewesen
sein; denn erst das Jahr 1597 bringt zwei Drucke,
und auch diese sind nur von geringem Umfange.
Das erste umfangreichere ans der Wessel'schen
Druckerei hervorgegaugeue Werk ist des Jodokus
Jungmann, des Rektors des Kasseler Päda
gogiums und gelehrten Freundes und Berathers
des Landgrafen Moritz, Trium logicarum artium
Praxis (42 Bogen in 8°), welches 1598 er
schienen ist.
Die erste Kasseler Druckerei gehörte übrigens
eigentlich überhaupt nicht Wessel selbst, sondern
dem Rektor Jungmann, der die Mittel zu der
Einrichtung der Druckerei vorschoß (Könnecke,
S. 14, 15).
Wessel's Druckthätigkeit war in der Zeit von
1598 bis zu seinem im August 1620 im 62.
Lebensjahre erfolgten Tode eine sehr umfassende,
und es ist nicht recht zu begreifen, wie er bei
dieser starken Beschäftigung seiner Pressen doch
stets in mißlichen finanziellen Verhältnissen
lebte. Er hat mehrere Hunderte von Druck
schriften hergestellt, außer Schulbüchern druckte er
namentlich für das Collegium Mauritianum und
ihm vom Landgrafen Moritz aufgetragene gelehrte
Schriften und Deduktionen. Unter den von ihm
gedruckten Werken sind folgende allgemein be
kannte zu nennen: 1) Dilich, Ritterspiel, 1601
(Prachtkupferwerk); 2) Landgraf Moritz, Psalmen
David's (Lobwasser) 1607; 3) Landgraf Moritz,
Christlich Gesangbuch, 1612; 4) Dill ich, Kriegs
buch, 1607; 5) Dillich, Hessische Chronica,
1605, 1606, 1608, 1617, das für Hessen
wichtigste Buch der Wessel'schen Offizin, und 6) Hes
sisches Wappenbuch, 1621, 1625.
Wessel's Buchdrnckerei befand sich Anfangs in
einem von Wilhelm IV. erbauten Lusthause.
Später hatte Wessel in der Herrengasse (jetzt
Wildemannsgasse) ein eigenes Haus, in welchem
(wahrscheinlich) von ihm und seinen Nachfolgern
die Buchdruckerei betrieben wurde. Lehren
Könnecke's Ausführungen, daß der Graf Philipp
Luwig von Hanau seinen Aubry sehr wenig
förderte (S. 126), so ist von Landgraf Moritz
in Bezug auf Wessel gerade das Gegentheil zu
berichten, der seinen typographus auch mit Geld
zu unterstützen nicht müde wurde (Könnecke,
S. 15) und so dafür Sorge trug, daß die
Druckerei über Wasser gehalten wurde. Das soll
ihm unvergessen sein.
Rinteln erhielt noch als gräflich schaum
burgische Stadt im Jahre 1621 seine Universität,
deren Einweihung dann, wie nicht anders zu er
warten war, die Eröffnung einer Buchdrnckerei
dort im Gefolge hatte. Der erste Buchdrucker,
von dem sicher zu beweisen ist, daß er in Rinteln
ansässig war, ist Petrus Lucius, geboren am
14. August 1590 in Altenstüdten in der Wetteran,
ein Lehrling des Marbnrger Buchdruckers Paul
Egenolfs. Nach längerem Aufenthalt in Kopen
hagen und Stockholm kam er im Jahre 1618
nach Gießen, wo er eine eigene Druckerei errichtete.
Von dort kam er aus Anregung verschiedener
Ninteler Professoren am 5. Oktober 1621 nach
Rinteln, wo er vom Grafen Ernst 51t Holstein-
Schaumburg alsbald die Bestallung als akade
mischer Buchdrucker erhielt, die ihm auch nach der
Einverleibung in Hessen erneuert wurde. Im
folgenden Jahre ließ er sich mit seiner Druckerei
in Rinteln ständig nieder. Zn den Frankfurter
Messen brachte er in der Zeit von 1622 bis
1653 im ganzen 77 Werke. Seine Druckerei
war gut eingerichtet. Noch im Jahre 1652 ließ
er seine Typen renoviren. Trotz der schweren
Kriegszeit, die er durchzumachen hatte, muß er
in guten Verhältnissen gelebt haben. Er starb
am 5. September 1656.
Fuldas erster dem Namen nach bekannter
Drucker ist der zuerst im Jahre 1670 dort nach
weisbare Markus Bloß, doch ist aller Wahr
scheinlichkeit nach bereits in den Jahren 1618
bis 1629 eine Druckerei vorhanden gewesen, da
an der Existenz einer Zeitung „Fuldaer Post-
reuter" in jenen Jahren kaum zu zweifeln ist
(Könnecke S. 95, 96).
Ueber die noch zu erwähnenden Orte dürfen
wir uns kurz fassen. Hersselds erster Buch
drucker ist Wolsgang Ketzel, der nach Geist-
hirt's Chronik im Jahre 1627 von Schmalkalden
nach Hersfeld gekommen sein soll. Vordem war
er in Lich in der Grafschaft Solms. Erzeugnisse
seiner Hersfelder Druckthütigkeit sind bisher aus
dem Jahre 1631 nachzuweisen gewesen. Seine
Wittwe wird nur im Jahre 1636 mit einem
Druckwerk genannt; der nächste Hersfelder Drucker
erscheint erst im Jahre 1670 (Johann Andreas
Fleischauer ans Schmalkalden).
Eil: Sohn des Wolsgang Ketzel ist der erste
Buchdrucker in Grebenstein, Johann Dietrich
Ketzel, geboren vermuthlich um das Jahr 1600