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bekleidete Badstube, darinnen auch „sonderbare
sehr artige Spritzwerke zu finden", wobei man an
die Vexirwasser der Wilhelmshöhe denken darf.
Der Landgraf ließ Feldland und Wiesen in
seiner Aue von einer Meierei aus bewirthschaften,
die unweit der großen Fulda in der Gegend
lag, wo jetzt die Hosgärtnerwohnung östlich der
Orangerie sich befindet. Die fürstlichen Vieh-
heerden weideten auf den fetten Huteplätzen,
längs der User der beiden Flußarme sah
Merian noch Reihen von Obstbäumen und
und auch sonst war Gehölz vorhanden.
Als Moritz tiegebeugt am 17. März 1627 die
Regierung niedergelegt hatte, war der dreißig
jährige Krieg in vollem Gange, auch seiner
Moritzaue geschah manche Unbill. Die feind
lichen Durchzüge durch Niederhessen trieben das
Landvolk unter den Schutz der Festung Kassel, was
nicht in der Stadt unterkommen konnte, lagerte
in der Aue, wie es besonders im Jahre 1635
war. Da geschah viel Schaden an Bäumen und
Anlagen. Aus dieser Zeit ist die Nachricht von
einer Jagd aus Füchse und Schweine überliefert,
welche in der Aue zu Ehren des französischen
Gesandten Marquis de Feuquieres abgehalten
wurde, der dem Landgrafen Wilhelm V., dem
Standhaften, die Bestallung als Generallieutenant
König Ludwig's XIII. überbrachte. Doch wurde
die friedliche Arbeit trotz der Gewaltthaten des
Krieges fortgeführt. Wir besitzen ein Schriftstück,
welches unter dem Titel „Anschläge und Ver-
meyerungen 1625 — 1639" über die in der
Moritzaue betriebene Landwirthschast Kenntniß
gewährt. Ich erwähne daraus, daß die Be
soldung des Vogtes, des Gesindes und des Kuh
hirten des Jahres auf 62 Gulden angeschlagen
ist. Hierzu ist zu rechnen als „Coststellung des
Vogts, Seiner Haußfrawen, vier Viehmagdten
vndt einem Kuhehirten 30 Viertel Korn; vffs
Dienstvolk 12 Viertel Korn, dem Vogt und dem
Futterschnitter 9 Viertel Hafer, dem Vogt
1 Viertel Waizen, 12 Viertel Wintergerste,
1 Viertel Erbieß, 1 Viertel Rubesahmen, dann
den Dienstleuten noch Einiges". An Vieh empfing
der Vogt jährlich 16 Hämmel, 4 Schweine,
welche aber, da sie nicht gezogen wurden, in
Geld und zwar 1 Schwein mit 4 Gulden,
1 Hammel mit 1 Gulden vergütet wurden. Die
erzeugte Butter wurde jährlich zu 560 */2 Pfund
angeschlagen, das Pfund mit 3 Albus berechnet.
Nach Abzug der angegebenen und sonstiger Lie
ferungen von dem Ertrage blieb eine jährliche
man sieht, daß unsere Vorfahren bereits recht
genau rechneten. In dem Anschlage heißt es
auch: Kraut, Wurtzel und Rüben, alß welche
bey Fürstlicher Hoffhaltung nicht zu entrathen,
seindt in diesen anschlag nicht gebracht, tragen
aber ein Jahr ins andere 7120 Häupter, jedes
1000 zu 6 Fl. 24 Alb. — 49 Fl. 7 Alb. 7^ Heller.
Weiße und gelbe Rüben, 224 Körbe, jeden zu
4 Alb. = 34 Fl. 12 Alb.; beide Posten zu
sammen 83 Fl. 19 Alb. 775 Heller. Die in
der Moritzaue wohnenden fürstlichen Diener er
hielten für ihren Bedarf „Krautland" und zwar:
der Gärtner 1 Acker, die Wäscherin 7^, der
Hoffischer 7*» der Entensänger 7 2 Acker, sodann
jede dieser 4 Personen 4 Metzen Lein in's Brach
feld und 2 Kühe in der Sommerweide.
Der Ackerbau in der Aue hielt 300 Acker,
deren 100 zum Winterfeld, 100 zum Sommer
feld und 100 zur Brache gerechnet wurden. Der
damalige Vogt war Simon Rudolph. Am
24. Juni 1639 erklärte die Landgräfin Amelia
Elisabeth in einem Meyerbrief, „sie wolle den
Ackerbaw in der Awe in ihre Aufsicht nehmen
zu demselben Pacht, den Simon Rudolph, der
bisherige Veständer, bis daher bezahlet; aus 6
Jahre und jährlich an die Rentkammer des Land
grafen Wilhelm 1000 Gulden zu 26 Albus ent
richten. Das an die Hofhaltung des Landgrafen
an Butter, Milch, Käse und sonst aller Hand
geliefferte solle an der Pacht abgehen und zu
dem Preiß wie obiger Beständer gehabt." Der
ihr überlieferte Viehbestand wird zu 48 Kühen,
2 Ochsen, 179 Schafen und 8 Schweinen ange
führt; sie verspricht, die Felder ausgestellt, das
Vieh wie sie es empfangen, nach Ablauf der sechs
Meyerjahre wiederum zu liefern, „Alles trewlich
und ohne Gefährde". Die Fürstin war noch in
Westfalen bei ihrem Heere, und erst als sie am
9. März a. St. 1640 in Stille in Kassel eingezogen
war, konnte sie persönlich die übernommene Land
wirthschaft beaufsichtigen.
Amelia Elisabeth setzte nach den: Tode Wil
helms des Standhaften dessen Politik auf das
Kräftigste fort, vermehrte ihr Heer auf mehr als
20 000 Mann, eine damals beträchtliche Stärke,
und griff neben Schweden und Frankreich in den
großen Krieg gegen den Kaiser und die katho
lische Partei ein. Sie ließ die Festungswerke
ihrer Hauptstadt im Jahre 1640 durch den Bau
meister Tissot verstärken, wobei die Schloßbastion
angelegt und in der Aue am rechten Ufer der
kleinen Fulda die kleine Aueschanze auf
geworfen wurde.
Nutzung von 650 Fl. 11 Alb. 2 5 /s
Hellern;
(Fortsetzung folgt.)