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Das Kloster, welches Bonifatius zu Fritzlar
gründete, wurde mit Benediktinern besetzt, — kam
er doch selbst aus einem Benediktinerkloster.
Zum Abte bestellte er wegen seiner häufigen
Abwesenheit seinen Landsmann Wigbert, einen
eifrigen sittenstrengen Mann. Sodann erbaute
er eine dem Apostel Petrus geweihte Kirche neben
dem Kloster, und von dieser heißt es z. B. in
den „Mittelalterlichen Baudenkmälern in Kur
hessen" S. 2 8 * ): „möglicher Weise nur eine
Vergrößerung oder Erneuerung der mit dem
Holze der Donnereiche erbauten Kirche". Für
diese Jdentifizirung spricht der Umstand, daß
von einer Kirche zu Geismar in damaliger Zeit
nirgends die Rede ist, dagegen die Gründung
der Kirche zu Fritzlar sehr ausführlich und im
Anschlüsse an die Füllung der Donnereiche be
handelt wird, und dabei nur noch die Kirche zu
Amöneburg erwähnt wird.
Bonifatius erhob auf seiner dritten Reise nach
Deutschland (738) den aus der südwestlich von
Fritzlar gelegenen kahlen Höhe, dem Bürberg
oder Bura berg, erbauten Ort, welcher durch
Natur und Kunst für damalige Zeiten stark
befestigt war. zu einem Bischofssitze und weihte
seinen Landsmann Witta zum ersten Bischof von
Bürberg (741). Seine Lebensverhültnisse sind
nicht näher bekannt, als daß ihn der Nachfolger
des Bonifatius ans dem erzbischöflicher Stuhle
zu Mairrz, Lullus, als er sein Ende herannahen
sah, zu sich rrach Mainz beschied, und daß Witta
dort sehr bald starb urrd zwar unter der Messe,
und auch in demselben Jahre Lullus (786).
Wahrscheinlich hatte er dem Urnstand, daß er krrrz
vor diesem bedeutender: Manire, bekanntlich dern
erster: Abte von Hersfeld, verschied, zu verdairkerr,
daß er später mit diesem unter die Heiliger:
versetzt worden ist. Wenck sagt darüber (a. a. O.
S. 260 fg.): „Er wurde zu dem gewöhnlichen
Kirchenadel der Heiligen erhoben, man weiß aber
doch kein Wunder von ihm, vermuthlich weil sich
hierirr die Hersfelder Mönche durch den heiligen
Wigbert schorr so versorgt hielten, daß sie keinen
neuen Wurrderthäter nöthig fanden."
Die Gebeine des oben erwähnten Abts Wigbert,
welcher 747 zu Fritzlar verstarb, wurden in 780
nach Hersfeld gebracht. Dies vorausgeschickt zur
Erklärung der Benrerkung Wenck's halten wir
urrs im Gange der Geschichte.
Es wird uns ein verheerender Einfall der
Sachsen in Hessen und besonders irr Fritzlar,
8 ) Bergt. auch die „Baudenkmäler im Neg.-Bez. Kassel"
<1870) S. 0-2 fg. und den angegebenen Vortrag von
R ognes, ferner G. Land a u : Malerische Ansichten
von Hessen (Kassel 1842) S. 194 fg.
aus dem Jahre 774 berichtet. Die Sachsen,
gegen die Karl der Große zuvor (772) siegreich
gewesen war, indem er ihre Festung Eresburg
(das heutige Ober-Marsberg) eirrgenommerr und
das sächsische Heiligthum Jrrnensul zerstört hatte,
benutzten den Zug Karl's gegen die Longobarden
im Jahre 774, um ihre Festung wieder zu
erobern und wegen der Zerstörung ihres Heilig
thums sich zu rächen, und fielen, was hier gerade
in Betracht kommt, irr Fritzlar ein. Dessen
Bewohner flüchteten mit ihren Habseligkeiten urrd
— was nicht vergessen wurde — mit den Gebeirren
ihres hochverehrten vor der Kirche zu Fritzlar
begrabenen Abtes Wigbert rrach dein befestigten
Bürberg (von den verschiedener: Schriftstellern '•')
castrum oder castellum genannt) und überließen
ihrer: Geburtsort der Wuth der vordringenden
Heiderr. Diese richtete:: auch eine gründliche
Zerstörung an, und viele Wohnungen sauten in
Schutt und Asche; auch das Kloster ging mit
der: Urkunden in Flarnrnei: auf. Nur die vor:
Bonifatius geweihte Peterskirche widerstar:d
dem Feuer, was natürlich mit Wur:dern aus
geschmückt wurde. „Eirrige Jüi:glinge vor: über
menschlicher Größe, urrd arrgethar: mit weißer:
Kleidern, ließen sich ::: glürrzerrder Lichtgestalt
aus der Zinne des Tempels sehen, urrd brachten
einer: so panischer: Schrecken über die Sachsen,
daß alle davor: liefen. Ein Sachse, der deur-
ungeachtet das angelegte Feuer noch anblasen
wollte, wurde in der rrümlichen Stellrurg todt
gefunden." Hatte doch Bonifatius im prophetischem
Geiste vorausgesagt, daß die Kirche zu Fritzlar
niemals sollte verbrannt werden. 10 ) Aber Fritzlar
entstand aus der Asche von Nenerrr, und nun
verfiel merkwürdiger Weise der Bürberg.
Auch das Kloster ward wieder aufgebaut und
dasselbe, welches bei feiner Gründn::g nur als
Klösterlein (momisteriolum) bezeichnet worden
war, gewaru: rmmentlich durch seine Klosterschule
großes Anseherr. 21 ) In Fritzlar wurde sogar der
dritte Erzbischof von Mainz gewühlt (786): Richolf.
0) so z. B. Wenck a. a. O. S. 315 Note i.
'") cf. Würdtwein, Tom. JII pag. 378. Servata
tua- fuisset eedesia, monasterium tarnen et claustrum
cum primariis huius incliti loci documentis penitus
destructum et exustum . .
”) Das Peters-Stift erhielt eine ansehnliche Schenkung
durch Karl den Großen, welcher mehrere ihm von dem
Mainzischen Erzbischof Lullus abgetretene Güter, belegen
in mini8terio (comitatu) Rabanono et Swiganio vel
Agilgando —jedenfalls in Hessen — cum ternis Ecdesifs
cum eorum ornamentis . . schenkte am 4. Juli 782;
vergl. Wenck,. a. O. Bd. II S. 329, 534; Nrk.-B. II.
S. 10, VII.
(Fortsetzung folgt.)