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auch heuet fertig wurde»i, und so etwas für
Eller Liebdeil zu kaufen fursalleu werbt, wil ich
Euer Liebdeu allch nit uneroffent laßin, beim der
selben Euer Liebdeu sreuntlich Diust zu ertzeigeil
bin ich geneigt."
An diesen Brief hat der verstorbene Keßler in
feinen hinterlassenen Aufzeichnungen, die in der >
Ständischen Landesbibliothek in Kassel aufbewahrt
werden, folgende Betrachtungen geknüpft, die auch
unseren Lesern einleuchten werden: Mit völlig
unwiderleglicher Gewißheit, — sagt Keßler —,
geht nun freilich aus diesem Schreiben nicht hervor,
daß das darin erwähnte Pfeiflein die Form eines
Schlüssels gehabt, mit der weiter geilannten Kette
verbunden und zum Tragen vor der Brust be- !
stimmt gewesen, auch ist nicht ausgeschlossen, daß !
Kurfürst Friedrich „Pseislein" genannt habe, was
eine andere Bestimmung gehabt.
Ob aber das Angehänge die Form eines Schlüssels
oder einer Pfeife gehabt, dürste zuvörderst bei
Erörterung der vvrgedachten Frage von wenigem
Belang sein, da, wenn der Landgraf kein Bedenken
fiilden konnte, eine eigentliche Pfeife an einer Kette
vor der Brust zu tragen, er natürlich ebensowenig
Anstand genommen haben kann, einen zugleich als
Pfeife zu gebrauchenden Schlüssel zum Zwecke
dieses Gebrauchs an jener Stelle zu tragen.
Sodann wird eine bestandene Verbindung der
Pfeife oder des Schlüssels mit der zugesandten
Kette schon deshalb angenommen werden müssen,
weil Kette und „Pseislein" mit dem Schreiben
offenbar abgegangen waren und demnach das Ueber-
sendete nur Kette, wovon also die Pfeife nur ein
Theil gewesen sein kann, genannt wird, auch von
einer Ausbesserung der Kette selbst nicht die Rede
ist, diese mithin nicht beschädigt gewesen und dem
Kurfürsten mit dem Schlüssel oder der Pfeife nur
iu der Absicht zugesaudt sein wird, die von ihr
abgefallen gewesene Pfeife wieder an der Kette, zu
welcher sie mithin gehörte, befestigen zu lassen.
Wollte man die Zubehörung der Pfeife zu der
Kette nicht einräumen, so würde auch jedenfalls
eine Verlegenheit über die Bestimmung des von
dem Goldschmied verfertigten und mithin ganz
gewiß golden oder silbern gewesenen Schlüssels
entstehen, der doch zum Ausschließen hölzerner
Schubladen und eiserner Kasten nicht wohl ver
wendet sein kann.
Die bedeutendste bisher bei Einräumung der
Bestimmung oder Mitbestimmung des Schlüssels
zum Gebrauch als Pfeife obwaltende Schwierigkeit
scheint die Ansicht abgegeben zu haben, daß es der
Würde des Landgrafen nicht entspreche, anzunehmen,
er habe den Schlüssel zu solchen gewöhnlichen
häuslichen und sonstigen minder wichtigen Zwecken
wie zum Herbeirufen eines Kammerdieners, zum
Gebrauche auf der Jagd u. f. w. offen vor der
Brust getragen und sich damit abbilden lassen,
während doch hierbei außer Acht gelassen wird,
daß die Bestimmung der damals von Fürsten und
anderen hohen Standespersonen getragenen Ketten
hauptsächlich Erhöhung des Schmuckes der Kleidungen
und Bezeichnung vorhandener Standesuuterschiede
war, mithin au denselben auch Gegenstände zur
Vermehrung solchen Putzes befestigt werden konnten,
denen eine ideelle oder sonstige besondere Bedeutung
nicht »mte^ulege»» war. So ist z. B. Kurfürst
Johann Friedrich von Sachsen in Pautaleou's
Prosographia lieroum, Basileae 1505, mit einem
Ringe an einer goldenen Kette und sind andere
Standespersonen daselbst ebenfalls mit ähnlichen
Schmucksachen vor der Brust abgebildet. Warum
hätte gerade der Schlüssel aus der Reihe von der
gleichen an den Ketten befestigten Gegenstände»!
verbannt sein sollen, »vie denn Estor in der Vor
rede zum 1. Bande der Marburger Beyträge zur
Gelehrsamkeit nnb Kunst auch in der Mehrzahl
von fürstlichen Zeitgenossen Philipp's redet, welche
Schlüssel an Ketten über der Brust getragen
Hütten.
Wenig Erfolg verspricht es, wenn wir nun
darüber nachdenken wollten, zu »velcheu Zwecken
sich Landgraf Philipp seines „Pseisleius" bedient
habe und ob der an der Kette befestigten Pfeife
irgendwelche tiefere Bedeutung zu Grunde liege,
die sich etwa aus den persönlichen Beziehungen
Landgraf Philipp's zu Kurfürst Friedrich dem
Weisen erklären lasse.
Vorläufig genüge es, die von Georg Ludwig
Keßler mit besonderen» Glück vertretene Hypothese,
daß der scheinbare Schlüssel in Wirklichkeit eine
Pfeife sei, wieder zu Ehren gebracht zu haben.
Aus Karl Schorn bürg's Briefwechsel.
Auch ohne das ihm in K a s s e l errichtete Dent
inal würde der ain 4. Juli 1841 verstorbene
Oberbürgermeister Karl Schomburg in» Gedächt
niß der Kasseler Bürger wie des Hessenlandes
fortleben. Will man zu einer klaren Anschauung
des Wesens des großen Patrioten gelangen, so
bietet das Studiun» des fesselnden Buches von
Karl Bernhardt: „Karl Schomburg. Brief
wechsel und Nachlaß mit biographischen Andeutungen.
Kassel 1845" dazu die beste Gelegenheit. An
dieses zwar alte, aber deshalb noch keineswegs
veraltete Werk zu erinnern, bezweckt die Wieder
gabe der folgenden Zeilen aus einen» Briefe
Schornburg's von» 17. November 1821, worin er
die Gründe auseinandersetzt, d»»rch die er sich zu
der Uebernahme des Bürgermeisteramtes