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Ihr vorliegendes neuestes Werk Zeigt uns wieder
ihre herrliche Begabung, zu schildern, Menschen zu
zeichnen und fesselnde Situationen zu entwickeln,
die zuweilen sogar dramatisch wirken. Die Personen
treten uns als natürliche Gestalten des Lebens
entgegen, gleichviel, ob sie uns aus den breiten
Schichten des Volks, in ihrer schlichten Einfachheit
und Sprache, oder aus den Kreisen einer höher
stehenden Gesellschaft vorgeführt werden. Es ist
greifbare Wahrheit, was die Dichterin schreibt,
und diese Wahrheit fesselt durch die blühende Form
des sprachlichen Ausdrucks. Iran Mentzel weiß
zu schreiben, sie läßt keine Lücke in der Darstellung,
vermeidet aber auch andererseits die großen Breiten.
Die elf Frankfurter Novellen sind Zeichnungen
aus dem bürgerlichen Leben der Stadt Frankfurt
bis zur Goethe'schen Zeit, und ich irre wohl nicht,
wenn ich sie theilweise als Frucht historischer
Studien hinnehme. Einige sind freilich nur Er
zählungen bestimmter Vorgänge in der alten Kaiser
stadt, sie gewinnen aber und nehmen unser ganzes
Interesse dadurch in Anspruch: daß wir den
handelnden Personen tief in die Seele sehen und
infolgedessen ihre Handlungsweise begreifen, wie
z. B. in dem „Lindenzweig", im „Pfingst-
wasser", „Meisterschuß". Die kleine Novelle
„Der Hexenmeister" dagegen zieht uns an durch
ihren „Helden", den kleinen Wolfgang Goethe, das
„Wölfche" der „Frau Rath". Der kleine Wolf
wird am Weihnachtsabend durch das Dienstmädchen
zum alten Puppenspieler Döhler gebracht, wo er
sich die Komödie: „Das wunderliche Leben und
traurige Ende des weiland berühmten Dr. Johannes
Faust" vorspielen läßt. „Wölsche" ist natürlich
ganz Aug' und Ohr imb äußert dann am Schlüsse,
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Verliehen: den Oberlehrern Dr. Franz und
Dr. Po hl er zu Kassel und Hölzerkopf zu Marburg
das Prädikat Professor; dem Bürgermeister a. D. Braun
zu Hersfeld der rothe Adlerorden 4. Klasse.
Ernannt: der Landgerichtsrath Dr. Martin zu
Hildesheim zum Oberlandesgerichtsrath in Celle; der
außerordentliche Pfarrer Pfeiffer zum Pfarrer in
Hohenzell; der Gerichtsassessor Volley zum Auditeur;
die Referendare Dr. Hill, Bock und Dr. Hahn zu
Gerichtsassessoren; Postsekretär Röbel zu Kassel zum
Oberpostkassenbnchhalter in Magdeburg.
Geboren: ein Sohn: Secondlieutenant Eduard
Strahler und Frau (Hanau, 9. Dezember); Oberlehrer
Dr. Otto Paulus und Frau Julie, geb. Schieck
(Kassel, 11. Dezember); praktischer Arzt Dr. Ludwig
Held mann und Frau Anna, geb. Merzyn (Ditfurt,
18. Dezember); Regierungsrath Grimm und Frau Olga,
geb. Stohlmann (Trier. 21. Dezember); Oberlehrer
Dr. Ludwig Fenge und Frau (Jnowrazlaw,
21. Dezember); Gymnasiallehrer Fritz Heckmann und
Frau Anna, geb. Wagner (Kassel, 21. Dezember);
dem alten Döhler gegenüber, seine Meinung: „Ach,
das war schön! Ich möchte auch alles wissen, —
wie Faust", wobei er aber gleich die Hoffnung
ausfpricht, daß er doch auch den Teufel zuletzt
unter sich kriegen werde. Goethe ist auch die Haupt
person in der Novelle „Spinnenfädchen", in
der wir mit einer seiner Liebes-Affairen, nach seiner
Liebe zu Lotte, bekannt werden, aber auch den
mächtigen Eindruck kennen lernen, den Goethe's
Erscheinung aus die Frauen machte. In der an
schönen Charakterzeichnungen reichen Novelle „Der
Stein der Weisen", spielt Goethe nur insoweit
eine Rolle, als am Abend des 8. Mai 1786 in
Frankfurt die Darstellung des „Götz von Berlichingen"
stattfindet, bei der die Frau Rath mit ihrer weißen
Flügelhaube „wie das verkörperte Glück" aussah.
Diese Ausführung ist zugleich der Ausgangspunkt
der Konflikte, denen wir hier in einer Novelle
begegnen, die uns mit einer srappirenden Darstellungs
kunst in das Fühlen und Denken einer alten
Frankfurter Patriziersamilie einführt. — Von den
weiteren Novellen als „Mutter Ra Hel" —
meisterlich durchgeführt in der Seelenmalerei zweier
im Unglück sich berührenden, aber von wider-
streitenden Empfindungen geleiteten Mütter —,
dann „Galgen-Ursel" und „Der Kirchen
stuhl" ist es schwer zu entscheiden, welcher man den
Vorzug zuerkennen soll. Jede hat ihre besonderen
Vorzüge, und die Leser dieser Blätter, denen das
Buch hiermit bestens empfohlen sei, mögen das selbst
beurtheilen. Hierbei sei schließlich bemerkt, daß die
„Frankfurter Novellen" nicht etwa nur für Frank
furter Leserkreise bestimmt sind, sondern Anspruch
auf allgemeine Beachtung haben. ^ ^
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eine Tochter: praktischer Arzt Dr. Eysell und Frau
Johanna, geb. Vilmar (Kassel, 21. Dezember).
Gestorben: Professor Dr. phil. Albert Rands,
38 Jahre altlMarburg, 17. Dezember); Schatzzahlmeister a.D.
Eduard Klöpfer, 76 Jahre alt (Kassel, 17. Dezember);
Veterinärassessor Hermann Holzendorfs, 56 Jahre
alt (Kassel, 17. Dezember); PostassistentIulius Dieterich,
26 Jahre alt (Kassel, 18. Dezember); Landgerichtsrath
Karl Spangenberg, 63 Jahre alt (Marburg, 18. De
zember); verwittwete Frau Baronin E l i s a b e t h S ch w e r tz e l l
zu Willingshausen, geb. Gräfin Bose (Kassel,
18. Dezember); Frau Pfarrer Wilhelmine Hast,
geb. Paul, 23 Jahre alt (Niedergrenzebach, 20. Dezember);
Handschuhsabrikant Karl Brübach, 66 Jahre alt
(Göttingen, 21. Dezember); verwittwete Frau Amtsgerichts
sekretär Lina Sudrow, geb. Strem me, 46 Jahre alt
(Kassel, 23. Dezember); verwittwete Frau Katharina
Weiffenbach, geb. Bickhard, 82 Jahre alt (Kassel,
25. Dezember); verwittwete Frau W i l h e l m i n e K l e i n,
geb. Bö dicker, 68 Jahre alt (Kassel, 26. Dezember); ver
wittwete Frau Luise Ruelberg, geb. Graes, 83 Jahre
alt (Kirchberg, 27. Dezember); Lehrer a. D. Johann
Jiegler (Bettenhausen, 27. Dezember); verwittwete Frau
Julie Schieck, geb. Lohmeye^ (Kassel, 29. Dezember).
Für die Redaktion verantwortlich: Dr. W. Grotesend in Kassel. Druck und Verlag von Friedr. Scheel in Kassel.