Vre Kasseler Schützen.
(In Anlehnung an den Vortrag des Oberstlieutenants z. D. von Kropff im Verein für hessische
Geschichte und Landeskunde zu Kassel.)
¿■¡nie ersten eingehenderen Nachrichten über das
Ws Schützenwesen in Hessen entstammen dein
Op 16. Jahrhundert, zumal der Zeit der Land
grafen Philipp des Großmüthigen und Wilhelm IV.
des Weisen. In den handschriftlichen Quellen
dieses Zeitraums, Urkunden, Briefen und Berichten,
lesen wir mehrfach von den damals abgehaltenen
regelmäßigen Schießübungen, Preis- und Frei
schießen, zu welch letzteren Teilnehmer auf Ein
ladung von weit her kamen. Eine Reihe Akten
stücke des 16. und 17. Jahrhunderts aus der
werthvolleu und stattlichen Sammlung, welche aus
Landau's Nachlaß in den Besitz der Ständischen
Landesbibliothek zu Kassel gelangt ist, handelt aus
schließlich von dem Scheibenschießen in Hessen.
Die ältesten aus Hessen erhaltenen Schützen-
ordnungen der Kasseler Schützen von 1553 und
1594 wie manche andern auf deren Geschichte
bezügliche Archivalien befinden sich im Archiv der
Residenzstadt, ebenso die wöchentlichen Schicß-
register aus den Jahren 1627—1647.
Landgraf Philipp wie seine nächsten Nach
kommen ließen sich die Pflege des Schützenwesens
angelegen sein, um die Wehrhaftigkeit ihres Landes
zu fordern. In einer Eingabe der Frankenberger
Bürger und Schützen vom August 1593 um
Genehmigung der Abhaltung eines von ihnen
geplanten Freischießens, wurde, um den Land
grafen ihrem Unternehmen geneigter zu machen,
als Zweck des Freischießens ausdrücklich hervor
gehoben, „damit die junge Bürgerschaft so viel
desto mehr lüsten mitt Buchsen umbzugehen und
uff den Fall der Noht mehr auch fertige Schutzen
haben moichten". Aehnlich begründeten die Schützen
und Bürger zu Allendorf a. W. fast gleichzeitig
ein dem Frankenberger entsprechendes Anliegen.
Nicht zufällig fällt die erste Erwähnung der
Kasseler Bürgerschützen im Jahre 1552
mit der Anlegung der neuen Befestigungen der
Residenzstadt zusammen. Die Kasseler Bürger
schützen waren für den Fall einer Belagerung der
nach Philipp's Rückkehr aus der Gefangenschaft neu
befestigten Hauptstadt, deren Werke Wilhelm der
Weise gänzlich umbaute, ausdrücklich mit zu deren
Vertheidigung bestimmt. „In jeder Kasematte
soll einer vom Adel das Kommando über die
Büchsenmcister und Bürgerschützen führen", heißt
es in einer der vom Landgraf Wilhelm für den
Fall eines feindlichen Angriffs ertheilten Unter
weisungen. Die Förderung des Schützenwesens
erschien geradezu als eine nothwendige Ergänzung
der Bestrebungen auf Erhöhung der Wehrfähigkeit
des Landes.
Wir sahen bereits, daß die Pstege des Schützen
wesens sich nicht allein auf die Stadt Kassel
beschränkte. Abgesehen von Frankenberg und
Allendorf, interessirte man sich beispielsweise auch
in Eschwege, Rotenburg, Melsungen, Sooden a. W.
und Zicgenhain für die Abhaltung von Schieß
übungen lebhaft, in Rotenburg und Sooden schon
um die Mitte des 16. Jahrhunderts. In Kassel
wie in Ziegenhain nahm die Militärbehörde
selbst mehrfach die Abhaltung von Freischießen
in Angriff, so in Kassel für den 3. September
1581 und für den 27. Mai 1588, in Ziegenhain
für den 26. August 1627.
Während die fürstlichen Beamten wie Schult
heißen und Rentmeister die Bestrebungen auf
Einrichtung regelmäßiger Schießübungen unter
stützten, ist dies von den Förstern keineswegs
zu sagen, die, wie ein übler Streit zwischen
Schultheiß und Förster zu Rotenburg im Jahre
1582 lehrt, namentlich auf dem platten Lande,
wo man sich in der edlen Schießkunst auch zu
üben wünschte, vielmehr niit allen Mitteln die
Schießübungen zu hindern bemüht waren, da sie
vielleicht nicht ohne Grund befürchteten, die Wild
dieberei würde in deren Gefolge wesentlich um sich
greifen. Von Einrichtung regelmäßiger Uebungen
in den Dörfern hören wir denn auch weiter
nichts.
Den Schießfesten gingen im Sommer Sonn
tags nach der Mittagskirche regelmäßig ab
gehaltene Uebungen voraus, bei denen man,
uni den Eifer der Schützen zu steigern, wohl
kleine Preise ausschoß, wie z. B. in Eschwege