JI2 22. IX - Jahrgang. Kajsel, 16. iloucittbrr 1895.
Das „ßtffznhxxib“ erscheint am 1. und 16. jedes Monats 1'/, bis 2 Bogen stark und kostet vierteljährlich
1 Mark 50 Pf., die einzelne Nummer 30 Pf. Auswärts kann das „Hessenland" durch die Post (Postzeitungsliste 1895
Nr. 3148) oder durch den Buchhandel oder auch direkt vom Verlag unter Streifband bezogen werden;
in Kassel nimmt der Verlag (Bnchdruckerei von Friedr. Scheel, Schloßplatz 4), ^Bestellungen entgegen.
Anzeigen werden mit 20 Pf. für die gespaltene Petitzeile berechnet.
Inhalt: „Im Walde". Gedicht von Emilie Scheel; „Die Negententhätigkeit Landgraf Wilhelms VI." von
Dr. W. Grvtefend (Fortsetzung); „Eine letzte Audienz" von Dr. F. Melde; „Eine Wallfahrt" von H. Keller-Jordan
(L-chluß); „Es ward bekängt gemacht!" Gedicht (niederhessisch) von Frida Storck; Aus alter und neuer Zeit; Aus
Heimath und Fremde; Hessische Bücherschau; Briefkasten; Anzeige.
,enn die Rinder traumbefangen
Schlafen fuß und friedlich ein,
vöglein sind zur Ruh' gegangen
lind der bleiche Mond scheint d'rein,
Dann lebendig wird's im Walde —
Heimlich Flüstern, leises Gehen,
Leichtes Schweben auf der Halde
Schnell verhaucht wie Geisterweheu.
m Walde.
(Märchen.)
. Möchte Lrdmännlein beneiden
Um die Lust bei ihrem Mahl,
Auch ein Rönig dürft' bescheiden
Sich mit solchein Festessaal.
Ruhen dort ans samint'nen Pfühlen,
Die von weichem Moose schwellen,
Maulwurf lockerte mit wühlen
Ans der Sitze grüne wellen.
Läßt der wind die Blätter weichen?
Hebt er das Gerank empor?
Rein, es treten aus der Lichen
Dunkler Höhlung jetzt hervor
Rleiue, putzige Gestalten,
Männlein sind's, die Bärte fallen
Bis zur Lrde fast den Alten,
Und die grauen Röcklein wallen.
Gleich wie Säulen stehen Bäume,
D'ranf der Zweige Wölbung liegt,
Und erquickend durch die Räume
Sich ein milder Luftzug wiegt.
Und ein Teppich ist gewoben,
Drinnen Thau wie Perlen flimmert.
An des Saales Decke droben
Hell das Heer der Sterne schimmert.
Gehen init bedächt'gem Schritte,
Lagern sich am Waldeshang,
Und es tönt ans ihrer Mitte
Fröhlich Rnrzweil und Gesang.
Und es kreist der volle Becher.
Ls beginnt ein lustig Schmausen,
Sollt man denken, daß die Zecher-
So an tausend Jahr schon Hausen?!
Doch lebendig wird's im Walde
Ucberall um Mitternacht.
Dort, wo auf der grünen Halde
Blumen blüh'n in voller Pracht,
Sammelten sich Llfenkinder,
Um sich leicht im Tanz zu heben.
Um jetzt langsam, dann geschwinder
In dein Reigen Hinzuschweben.