Full text: Hessenland (9.1895)

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wie er in den Klageartikeln der Stadt genannt 
wird, erhielt einen Schuß durch den Hals und 
wurde von Matthias von der Schulenburg auf 
dessen Schloß Aldenhausen zur Heilung befördert. 
Jörg von Wrede, „der alte Hahn", und Rabodo 
von Kanstein machten sich ebenfalls bei dem 
Uebersall bemerklich. Einzelne dieser Wegelagerer 
scheinen bei der Affaire mitgewirkt zu haben, 
ohne daß sie der Stadt vorher ausgesagt hatten. 
Von Ziegenmeier wird dies bestimmt angegeben, 
sein früherer von Hamenstedt angefertigter Fehde 
brief mochte wohl durch einen inzwischen ein 
gegangenen Vergleich mit der Stadt seine Kraft 
verloren haben. 
Mittlerweile war das denkwürdige Jahr (1530), 
in welchem die Anhänger der neuen Lehre ihr 
Glaubensbekenntniß vor Kaiser und Reich ab 
legen sollten, weiter vorgeschritten; neben den 
kirchlichen Streitigkeiten sollten aber auch auf 
dem Reichstag zu Augsburg die schon so lange 
Zeit her bestehenden Differenzen der Stadt 
Goslar mit Herzog Heinrich d. I. zur Sprache 
kommen bezw. ihre Erledigung finden. Dem 
Herzog war nun viel daran gelegen, von den 
Klagepunkten und juristisch begründeten Be 
schwerden der Bürger gegen ihn, welche die 
Abgesandten der Stadt mit sich führten, Kennt 
niß zu erhalten, um sich eventuell vorsehen zu 
können. Die in neuerer Zeit geübte Gepflogen 
heit, Aktenstücke von wichtigem politischen Inhalt 
sich durch Bestechung zugänglich zu machen, 
scheint damals noch nicht sehr üblich gewesen zu 
sein, auch entsprach sie wenig den Neigungen 
dieses Fürsten, wie der ganzen Zeit. Man ging 
zu diesem Zwecke anders vor. Zunächst wurden 
durch einen bezahlten Spion von Langelsheim, 
den Müller Konrad Knipping, der sich deshalb 
eigens nach Goslar begab, die Namen der 
städtischen Delegirten ermittelt und diesen dann 
von Leuten des Herzogs aufgelauert. Es waren 
Matthias non Wrede, Hennig Hunrvd und ein 
Reisiger des Burkard von Saldern, welche den 
Gesandten, dem Bürgermeister Carsten Balder 
und dem Stadtschreiber Johann Hardt, bis nach 
Borken tu Hessen nachritten, ohne jedoch ihren 
Zweck, den Raub der Akten, erreichen zu können. 
Zur selben Zeit hatte die Stadt außerdem noch 
einen tüchtigen Juristen, Dr. Konrad Dölling 
hausen, durch beit zweiten Bürgermeister Hans 
Weydmann zu Osterode in Pflicht nehmen lassen, 
damit er als Advokat und Syndikus von Goslar- 
auf dem Reichstage ihr Interesse vertreten sollte. 
Bei diesem vermuthete man nun die kostbarsten 
Papiere, deren Kenntniß, wie man sich dachte, 
von eminenter Wichtigkeit für die Entwickelung 
der Sache sein mußte, und gegen ihn wurde der 
Hauptschlag aus lange Hand hin vorbereitet und 
ausgeführt. Nur schwer kann man sich heute 
vorstellen, was ein solcher Raub für den Herzog 
Ersprießliches haben konnte, denn zweifellos be 
saßen die Goslarer von Schriftstücken besonders 
wichtigen Inhalts Kopieen und werden ihrem 
Geschäftsträger kaum die Originale von Akten 
stücken oder Briefen mitgegeben haben, die in 
höherem Maße belastend für Herzog Heinrich 
waren. 
Die Einleitung der Operationen gegen Dölling 
hausen wurde damit gemacht, daß Burkard von 
Saldern den verdienstvollen Lamprecht nach Ein 
beck sandte, woselbst der Biedere zwölf Tage auf 
den Gesandten warten mußte. „Aber die Zeit 
ist jhm zu lang worden, ist widdernmb aus Eym- 
beck geritten, vnd der Doetor darüber gen Augs- 
purg vnbeleidiget kommen." Zu dieser Zeit tritt 
unser Gerd auch wieder ans den Schauplatz der 
sich abspielenden Ereignisse. In einer Fehde, 
welche Hans Thomas von Rosenberg mit den 
Truchseß*) hatte, wurde der Sohn des Georg 
Truchseß bei Dola**) niedergeworfen und im Schlosse 
Blankenau festgesetzt. Für die Aufbewahrung 
dieses Werthobjektes berechnete sich Gerd die 
Summe von 400 Goldgulden, und der von Rosen 
berg mußte außerdem, als er sich mit den 
Truchseß vertragen und den Gefangenen seiner 
Familie wieder zuführen wollte, Gerd das Ver 
sprechen geben, allen Fleiß aufzuwenden, damit 
der so wichtige Tillinghausen aufgegriffen würde. 
Diese Unterhandlungen scheinen außerdem, wenn 
er nicht schon früher bestand, zu einem innigen 
Anschluß der beiden, Gerd und des von Rosen 
berg, geführt zu haben; wir werden später, als 
der Krug seinen letzten Gang zum Wasser machte, 
den Zweien vereint wieder begegnen. Während 
der mittlerweile zu Augsburg begonnenen Ver 
handlungen hatte inan zu Gunsten Goslars einen 
kaiserlichen Erlaß erwirkt, wodurch dem Herzog 
bei einer Pön von 1000 Mark löthigen Goldes 
und der Reichsacht geboten wurde „wider die 
von Goßlar mit der that vnd in vngtltem nichts 
fürjjzujjnemen". Hierunter scheint Herzog Heinrich 
aber die Unternehmung gegen Döllinghausen nicht 
gerechnet zu haben, denn diese wurde inzwischen 
mit allem Eifer und einem großen Aufwand 
von Personen gefördert. 
Wie man ermittelt hatte, beabsichtigte der 
Bevollmächtigte Goslars seinen Rückweg über 
*) Adelssamilien in Franken, Kanton der Reichsritter 
schaft Ottenwald; vgl. Biedermann. 
**) Westlich von Oldendorf, an der Weser.
	        
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