175
wie er in den Klageartikeln der Stadt genannt
wird, erhielt einen Schuß durch den Hals und
wurde von Matthias von der Schulenburg auf
dessen Schloß Aldenhausen zur Heilung befördert.
Jörg von Wrede, „der alte Hahn", und Rabodo
von Kanstein machten sich ebenfalls bei dem
Uebersall bemerklich. Einzelne dieser Wegelagerer
scheinen bei der Affaire mitgewirkt zu haben,
ohne daß sie der Stadt vorher ausgesagt hatten.
Von Ziegenmeier wird dies bestimmt angegeben,
sein früherer von Hamenstedt angefertigter Fehde
brief mochte wohl durch einen inzwischen ein
gegangenen Vergleich mit der Stadt seine Kraft
verloren haben.
Mittlerweile war das denkwürdige Jahr (1530),
in welchem die Anhänger der neuen Lehre ihr
Glaubensbekenntniß vor Kaiser und Reich ab
legen sollten, weiter vorgeschritten; neben den
kirchlichen Streitigkeiten sollten aber auch auf
dem Reichstag zu Augsburg die schon so lange
Zeit her bestehenden Differenzen der Stadt
Goslar mit Herzog Heinrich d. I. zur Sprache
kommen bezw. ihre Erledigung finden. Dem
Herzog war nun viel daran gelegen, von den
Klagepunkten und juristisch begründeten Be
schwerden der Bürger gegen ihn, welche die
Abgesandten der Stadt mit sich führten, Kennt
niß zu erhalten, um sich eventuell vorsehen zu
können. Die in neuerer Zeit geübte Gepflogen
heit, Aktenstücke von wichtigem politischen Inhalt
sich durch Bestechung zugänglich zu machen,
scheint damals noch nicht sehr üblich gewesen zu
sein, auch entsprach sie wenig den Neigungen
dieses Fürsten, wie der ganzen Zeit. Man ging
zu diesem Zwecke anders vor. Zunächst wurden
durch einen bezahlten Spion von Langelsheim,
den Müller Konrad Knipping, der sich deshalb
eigens nach Goslar begab, die Namen der
städtischen Delegirten ermittelt und diesen dann
von Leuten des Herzogs aufgelauert. Es waren
Matthias non Wrede, Hennig Hunrvd und ein
Reisiger des Burkard von Saldern, welche den
Gesandten, dem Bürgermeister Carsten Balder
und dem Stadtschreiber Johann Hardt, bis nach
Borken tu Hessen nachritten, ohne jedoch ihren
Zweck, den Raub der Akten, erreichen zu können.
Zur selben Zeit hatte die Stadt außerdem noch
einen tüchtigen Juristen, Dr. Konrad Dölling
hausen, durch beit zweiten Bürgermeister Hans
Weydmann zu Osterode in Pflicht nehmen lassen,
damit er als Advokat und Syndikus von Goslar-
auf dem Reichstage ihr Interesse vertreten sollte.
Bei diesem vermuthete man nun die kostbarsten
Papiere, deren Kenntniß, wie man sich dachte,
von eminenter Wichtigkeit für die Entwickelung
der Sache sein mußte, und gegen ihn wurde der
Hauptschlag aus lange Hand hin vorbereitet und
ausgeführt. Nur schwer kann man sich heute
vorstellen, was ein solcher Raub für den Herzog
Ersprießliches haben konnte, denn zweifellos be
saßen die Goslarer von Schriftstücken besonders
wichtigen Inhalts Kopieen und werden ihrem
Geschäftsträger kaum die Originale von Akten
stücken oder Briefen mitgegeben haben, die in
höherem Maße belastend für Herzog Heinrich
waren.
Die Einleitung der Operationen gegen Dölling
hausen wurde damit gemacht, daß Burkard von
Saldern den verdienstvollen Lamprecht nach Ein
beck sandte, woselbst der Biedere zwölf Tage auf
den Gesandten warten mußte. „Aber die Zeit
ist jhm zu lang worden, ist widdernmb aus Eym-
beck geritten, vnd der Doetor darüber gen Augs-
purg vnbeleidiget kommen." Zu dieser Zeit tritt
unser Gerd auch wieder ans den Schauplatz der
sich abspielenden Ereignisse. In einer Fehde,
welche Hans Thomas von Rosenberg mit den
Truchseß*) hatte, wurde der Sohn des Georg
Truchseß bei Dola**) niedergeworfen und im Schlosse
Blankenau festgesetzt. Für die Aufbewahrung
dieses Werthobjektes berechnete sich Gerd die
Summe von 400 Goldgulden, und der von Rosen
berg mußte außerdem, als er sich mit den
Truchseß vertragen und den Gefangenen seiner
Familie wieder zuführen wollte, Gerd das Ver
sprechen geben, allen Fleiß aufzuwenden, damit
der so wichtige Tillinghausen aufgegriffen würde.
Diese Unterhandlungen scheinen außerdem, wenn
er nicht schon früher bestand, zu einem innigen
Anschluß der beiden, Gerd und des von Rosen
berg, geführt zu haben; wir werden später, als
der Krug seinen letzten Gang zum Wasser machte,
den Zweien vereint wieder begegnen. Während
der mittlerweile zu Augsburg begonnenen Ver
handlungen hatte inan zu Gunsten Goslars einen
kaiserlichen Erlaß erwirkt, wodurch dem Herzog
bei einer Pön von 1000 Mark löthigen Goldes
und der Reichsacht geboten wurde „wider die
von Goßlar mit der that vnd in vngtltem nichts
fürjjzujjnemen". Hierunter scheint Herzog Heinrich
aber die Unternehmung gegen Döllinghausen nicht
gerechnet zu haben, denn diese wurde inzwischen
mit allem Eifer und einem großen Aufwand
von Personen gefördert.
Wie man ermittelt hatte, beabsichtigte der
Bevollmächtigte Goslars seinen Rückweg über
*) Adelssamilien in Franken, Kanton der Reichsritter
schaft Ottenwald; vgl. Biedermann.
**) Westlich von Oldendorf, an der Weser.