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daß ich eine Abhandlung ihm eingesandt hatte, über
die er seine Freude gleich nach Empfang brieflich
äußerte, aber vergebens wartete ich ans ihren
Abdruck. Der Zufall wollte es, daß ich nach
Kassel zu reisen hatte, und bei dieser Gelegenheit
suchte ich auch Zwenger auf, der damals in
einem Gartenhause der Jordanstraße wohnte. Ich
fand ihn ans dein Sopha liegend, eine Pfeife
rauchend. Nor ihm auf dem Tische, der mit
Skripturen, bunt durcheinander, besät war, stand
eine große Tasse Kaffee, der ein beschriebenes
Heftchen als Unterlage diente. Mich faßte Er
staunen, als ich in dem Schriftstücke meine Arbeit
erkannte. Braune, eingetrocknete Kringel auf dem-
selben bezeugten, daß es nicht zun: ersten Male
zu gegenwärtigem Zwecke benutzt wurde. Ich
Oberstlieutenant a. T
Von G. v.
Ant Abend des 19. April haben sich die Augen
eines Mannes geschlossen, der nach bewegtem Leben
nach Kassel zurückgekehrt war, um hier das Ende
seiner Tage zu erwarten und seinen Leib der
heimatlichen hessischen Erde zurückzugeben.
Heinrich Gustav Eckhardt wurde geboren am
27. November 1817 zu Darmstadt als Sohn des
Hauptmanns Georg Eckhardt, welcher damals in
Hanau in Garnison stand. Die Mutter war
Henriette Grünewald, Tochter eines Bürgers von
Hanau. Durch die Versetzung des Vaters kam
die Familie im Sommer 1821 nach Fulda, und
hier besuchte Gustav das Gymnasium, wurde auch
daselbst am 22. April 1832 konfirmirt. Den
ersten großen Schmerz mußte er durch den am
26. März 1829 erfolgten Tod seiner Mutter
erfahren. Tie Versetzung des Vaters nach Hersfeld
veranlaßte, daß der Knabe das dortige Gymnasium
vom Juni bis zum Oktober 1832 besuchte.
Schon im Dezember dieses Jahres wurde Haupt
mann Eckhardt mit einem ueuformirten 2. Schützen-
bataillon nach Kassel verlegt und der jetzt 15 jährige
Sohn machte den fünftägigen Marsch des Bataillons
von Fulda nach Kassel mit, woselbst sie am
Weihnachtsabende 1832 eintrafen.
Gustav hatte nur noch den Wunsch Soldat zu
werden, genoß Privatunterricht bei seinem Vater
und einigen anderen Offizieren, bis er am 1. Mai
1834 als kurfürstlicher Kadet (frei) in das
Kadettencorps zu Kassel aufgenommen wurde. Kurz
zuvor hatte der Tod ihm auch den Vater geraubt,
that nur nichts bloß; als aber Zwenger nach
einiger Zeit einmal das Zimmer verließ, steckte
ich das Manuskript ein. Nie ist wieder davon
die Rede gewesen; aber mit meiner Lust und
Liebe zur Mitarbeiterschaft am „Hessenlnnde"
war es aus geraume Zeit vorbei. —
Die Nachricht von dem Tode Zwenger's über
raschte mich sehr. Noch acht Tage vorher hatte
er mir geschrieben und mich für den Sommer
nach Fulda eingeladen; er habe einen prächtigen
Vorwurf zu einer Novelle entdeckt — doch müsse
ich selber kommen und die Quellen einsehen.
Armer Freund, Deine Freude, mir eine zu
bereiten, sollte eine vergebliche sein! Ruhe in
Frieden!
. Gustav Eckhardt f.
Stamford.
und er sah sich mit 16 Jahren der Aufgabe
gegenüber, als Nettester seinen jüngeren Geschwistern
und der Witwe seines Vaters eine Stütze zu
werden. Er bemühte sich nach Kräften, besonders
war er ein guter Sohn gegen die Stiefmutter bis
zu deren Tode.
Die Zeugnisse aus der Zeit im Kadettencorps
heben seinen großen Fleiß und sein gutes Betragen
hervor. Nach wohlbestandeuem Offizierserameu
wurde er am 23. Dezember 1838 zum Portepee-
fähnrich im Schützenbataillon ernannt und hier in
die ehemalige Kompagnie seines Vaters gesetzt.
Der 19. Mai 1839 brachte die Beförderung zum
Secoudlieutenant. Auf sein Nachsuchen wurde
Eckhardt am 3. Juli 1842 zur Artillerie versetzt,
welche in jener Zeit noch von einem gewissen
Nimbus als wissenschaftliche Waffe umgeben war.
Das Examen zum wirklichen Artillerieoffizier legte
Eckhardt im Jahre 1846 ab und wurde am
31. August d. I. zu einem solchen ernannt.
Seit dem 22. Oktober 1847 zur Dienstleistung
beim Zeughause unter dem Zeughauptmann Major
Moye kommandirt,. mußte er die Erstürmung und
theilweise Plünderung des Zeughauses in der
Nacht vom 9. zum 10. April 1848 mitansehen,
da die höheren Befehlshaber nicht wagten ein
zuschreiten. Es war die sogenannte Garde-du-
Corps-Nacht, und selbst der Landesherr, bedrängt
durch Vorstellungen über die Gefahr der Lage,
gab den Befehl, daß seine Leibtruppe die Stadt
räume. Nach dieser unerfreulichen Zeit lächelte
Eckhardt das Glück der Verbindung mit der Braut