Full text: Hessenland (9.1895)

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daß ich eine Abhandlung ihm eingesandt hatte, über 
die er seine Freude gleich nach Empfang brieflich 
äußerte, aber vergebens wartete ich ans ihren 
Abdruck. Der Zufall wollte es, daß ich nach 
Kassel zu reisen hatte, und bei dieser Gelegenheit 
suchte ich auch Zwenger auf, der damals in 
einem Gartenhause der Jordanstraße wohnte. Ich 
fand ihn ans dein Sopha liegend, eine Pfeife 
rauchend. Nor ihm auf dem Tische, der mit 
Skripturen, bunt durcheinander, besät war, stand 
eine große Tasse Kaffee, der ein beschriebenes 
Heftchen als Unterlage diente. Mich faßte Er 
staunen, als ich in dem Schriftstücke meine Arbeit 
erkannte. Braune, eingetrocknete Kringel auf dem- 
selben bezeugten, daß es nicht zun: ersten Male 
zu gegenwärtigem Zwecke benutzt wurde. Ich 
Oberstlieutenant a. T 
Von G. v. 
Ant Abend des 19. April haben sich die Augen 
eines Mannes geschlossen, der nach bewegtem Leben 
nach Kassel zurückgekehrt war, um hier das Ende 
seiner Tage zu erwarten und seinen Leib der 
heimatlichen hessischen Erde zurückzugeben. 
Heinrich Gustav Eckhardt wurde geboren am 
27. November 1817 zu Darmstadt als Sohn des 
Hauptmanns Georg Eckhardt, welcher damals in 
Hanau in Garnison stand. Die Mutter war 
Henriette Grünewald, Tochter eines Bürgers von 
Hanau. Durch die Versetzung des Vaters kam 
die Familie im Sommer 1821 nach Fulda, und 
hier besuchte Gustav das Gymnasium, wurde auch 
daselbst am 22. April 1832 konfirmirt. Den 
ersten großen Schmerz mußte er durch den am 
26. März 1829 erfolgten Tod seiner Mutter 
erfahren. Tie Versetzung des Vaters nach Hersfeld 
veranlaßte, daß der Knabe das dortige Gymnasium 
vom Juni bis zum Oktober 1832 besuchte. 
Schon im Dezember dieses Jahres wurde Haupt 
mann Eckhardt mit einem ueuformirten 2. Schützen- 
bataillon nach Kassel verlegt und der jetzt 15 jährige 
Sohn machte den fünftägigen Marsch des Bataillons 
von Fulda nach Kassel mit, woselbst sie am 
Weihnachtsabende 1832 eintrafen. 
Gustav hatte nur noch den Wunsch Soldat zu 
werden, genoß Privatunterricht bei seinem Vater 
und einigen anderen Offizieren, bis er am 1. Mai 
1834 als kurfürstlicher Kadet (frei) in das 
Kadettencorps zu Kassel aufgenommen wurde. Kurz 
zuvor hatte der Tod ihm auch den Vater geraubt, 
that nur nichts bloß; als aber Zwenger nach 
einiger Zeit einmal das Zimmer verließ, steckte 
ich das Manuskript ein. Nie ist wieder davon 
die Rede gewesen; aber mit meiner Lust und 
Liebe zur Mitarbeiterschaft am „Hessenlnnde" 
war es aus geraume Zeit vorbei. — 
Die Nachricht von dem Tode Zwenger's über 
raschte mich sehr. Noch acht Tage vorher hatte 
er mir geschrieben und mich für den Sommer 
nach Fulda eingeladen; er habe einen prächtigen 
Vorwurf zu einer Novelle entdeckt — doch müsse 
ich selber kommen und die Quellen einsehen. 
Armer Freund, Deine Freude, mir eine zu 
bereiten, sollte eine vergebliche sein! Ruhe in 
Frieden! 
. Gustav Eckhardt f. 
Stamford. 
und er sah sich mit 16 Jahren der Aufgabe 
gegenüber, als Nettester seinen jüngeren Geschwistern 
und der Witwe seines Vaters eine Stütze zu 
werden. Er bemühte sich nach Kräften, besonders 
war er ein guter Sohn gegen die Stiefmutter bis 
zu deren Tode. 
Die Zeugnisse aus der Zeit im Kadettencorps 
heben seinen großen Fleiß und sein gutes Betragen 
hervor. Nach wohlbestandeuem Offizierserameu 
wurde er am 23. Dezember 1838 zum Portepee- 
fähnrich im Schützenbataillon ernannt und hier in 
die ehemalige Kompagnie seines Vaters gesetzt. 
Der 19. Mai 1839 brachte die Beförderung zum 
Secoudlieutenant. Auf sein Nachsuchen wurde 
Eckhardt am 3. Juli 1842 zur Artillerie versetzt, 
welche in jener Zeit noch von einem gewissen 
Nimbus als wissenschaftliche Waffe umgeben war. 
Das Examen zum wirklichen Artillerieoffizier legte 
Eckhardt im Jahre 1846 ab und wurde am 
31. August d. I. zu einem solchen ernannt. 
Seit dem 22. Oktober 1847 zur Dienstleistung 
beim Zeughause unter dem Zeughauptmann Major 
Moye kommandirt,. mußte er die Erstürmung und 
theilweise Plünderung des Zeughauses in der 
Nacht vom 9. zum 10. April 1848 mitansehen, 
da die höheren Befehlshaber nicht wagten ein 
zuschreiten. Es war die sogenannte Garde-du- 
Corps-Nacht, und selbst der Landesherr, bedrängt 
durch Vorstellungen über die Gefahr der Lage, 
gab den Befehl, daß seine Leibtruppe die Stadt 
räume. Nach dieser unerfreulichen Zeit lächelte 
Eckhardt das Glück der Verbindung mit der Braut
	        
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