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Schiller im Herbst 1782 auf der Flucht mit seinem
treuen Freunde Streicher in Frankfurt bei dem
Storchenwirth Steiner jenseits des Maines unverhofft
angenehmes Unterkommen findet, die verhängnißvolle
Wirkung seiner «Räuber- bei dem Verlobten der
schönen Wirthstochter erkennt und schließlich den
Konflikt durch Bekehrung des Ferdinand und Ver
söhnung der Liebenden löst. Ferdinand, Luise, der
alte Steiner, seine Frau und die episodenhaften
Figuren des Barons von Recken und der Madame
de Lermelte geben dem jungen Schiller neuen Stoff
zu einem Drama, welches, wie man leicht erräth,
«Kabale und Siebe* heißt.
Als eine glückliche Idee ist es zu preisen, daß
Schiller nicht im Vordergründe des Stückes steht,
nicht allein, weil er als Bühnensigur doch nie dem
Ideal des Zuschauers entspräche, sondern weil er in
der geschilderten Zeit, innerlich noch in der Ent
wicklung begriffen, auch äußerlich wenig aus sich zu
machen wußte. So ist denn der Wirth zum «Storchen-
— durch Herrn Strohecker vorzüglich repräsen-
tirt — die Hauptperson des Stückes geworden, welche
allein schon zu der Annahme berechtigt, das verdienst
volle Werk der aus Marburg in Hessen stammenden
Autorin noch recht oft über die Bretter gehen zu sehen.
Viel wird es bedauert werden, daß die Arbeit trotzdem
eine «lokale- bleiben dürfte, d. h. wegen des spezifisch
Sachsenhäuserischen auf Frankfurt beschränkt bleiben
wird.
'Me Jnszeniruüg üb DarsttÄüng war eine recht
gute. Das Publikum zeigte sich sehr animirt und
rief Schauspieler und Verfasserin — welcher auch
der Lorbeer nicht fehlte —, zu wiederholten Malen
lebhaft vor die Rampen. Der glänzende Erfolg
wird die so beliebte Dichterin sicherlich ermuthigen,
dem Theater (und zwar nicht allein der Frankfurter
Bühne) weitere Gaben ihres reichen Talentes zuzu
führen. Hh. Schw.
Universitätsnachrichten. Der außerordent
liche Professor der Philosophie, vr. Paul Natorp
in Marburg ist zum ordentlichen Professor ernannt
worden.
Am 16. August starb zu Marburg im 62.
Lebensjahre der berühmte Psychiater Geheimer
Medizinalrath Professor vr. H e i n r i ch C r a m e r,
seit 1876 Direktor der neugegründeten Irren Heilanstalt
zu Marburg.
Der außerordentliche Professor vr. Gott hold
Gundermann zu Jena ist als ordentlicher Pro
fessor für klassische Philologie au die Universität
Gießen berufen worden.
Der Geheime Medizinalrath, Professor der Physi
ologie vr. Ernst Pflüger zu Bonn ist nach
stattgehabter Wahl zum stimmfähigen Ritter des
Ordens pour le merite für Wissenschaft und Künste
ernannt worden. Geboren 1828 zu Hanau, und
dort vorgebildet, studirte Pflüger zunächst in Marburg,
München und Heidelberg Rechtswissenschaft. Für
die Dauer aber behagte ihm die Jurisprudenz nicht
und er ging zum Studium der Medizin über, das
er in Marburg begann und in Berlin fortsetzte.
Unter der Anleitung von Johannes Müller und Du
Bois-Reymond beschäftigte er sich namentlich mit der
Physiologie des Rückenmarkes, und die Ergebnisse
seines Studiums, die er schon als Student erzielte,
bedeuten eine wesentliche Bereicherung der Wissenschaft.
1855 erwarb sich Pflüger in Berlin den medizinischen
Doktorgrad. Im Winterhalbjahre 1857/58 habilitirte
er sich als Privatdozent für Physiologie an der
Universität Berlin, wurde aber schon 1659 als
Professor nach Bonn berufen. Hier verblieb Pflüger-
dauernd. In den verschiedenartigsten Theilen der
Physiologie hat er sehr bedeutsame Beiträge geliefert
und das von ihm 1868 begründete «Archiv- ist
für die Entwickelung der Physiologie in Deutschland
hervorragend von Nutzen gewesen. —
Todesfälle. Es starben am 15. August zu
Wiesbaden der frühere ArchitektA. Rosengarten
buchhändler August Freyschmidt; am 23.' August
zu Wahlershausen der Oberförster a. D. Karl
Ludwig Mergelt; am 24. August zu Berlin
der Geheime Justizrath vr. Karl Oetker; am
24. August zu Marburg der Landgerichtsrath
Eduard Bork; am 24. August zu Fulda der
Dompfarrer und Jubilar-Priester Joseph Anton
Schmitt. — Wegen Mangels an Raum konnten
wir hier blos die Namen der Verewigten verzeichnen,
die Nekrologe werden wir später bringen.
Driefkasten.
V. R. Kassel. Wir sind Ihnen für Ihre Mittheilungen
zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Freundlichsten Gruß.
A. W. Kassel. Mit bestem Danke angenommen.
F. St. Kassel. Zusendung erhalten. Mit dem Abdrucke
wird in einer der nächsten Nummern begonnen werden.
E. B. Vaacke. Empfangen Sie unsern Dank für Ihre
gefällige Zusendung.
8. W. Fulda. Sie erhalten Antwort.
Ph. Schw. Frankfurt a. M. Wie Sie sehen, gleich be
nutzt. Verbindlichsten Dank.
K. H. Wiesbaden. Wir werden Ihrem Wunsche bald
möglichst nachkommen.
A. F. Hannover. Wir bedauern, von Ihrem Anerbieten
keinen Gebrauch machen zu können.
Herausgeber und verantwortlicher Redakteur: F.Zwengerin Fulda, Druck und Verlag von Fried r. Scheel in Kassel.