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Die Apfellotte meinte, das Gesicht des Pro
fessors sei nach und nach immer heiterer geworden
und die ernste Falte, die in seinen jüngeren
Jahren schwere Gedanken verrathend zwischen
den dichten Brauen gelegen, sei merkwürdiger
weise mit dem Alter fast ganz geschwunden.
Er war eben ein Sonderling, der Herr Pro
fessor, er arbeitete, machte Entdeckungen, stieg zu
wissenschaftlichen Ehren und hatte doch keine
Wünsche für sich selbst. Sein nachmittägiger
Spaziergang und die zwei Stunden, die er
nachher im Lesezimmer des Museums und im
Kolleg verbrachte, waren di; einzige Zeit, in
welcher er mit Menschen in Berührung kam.
Der alte Herr stand heute mit merkwürdig
erregtem Gesichte vor dem großen Tische, der in
der Mitte seines Laboratoriums stand, desselben
Zimmers, in welchem vor mehr als vierzig
Jahren die verschollene gnädige Frau ihre „tbss
ckansauts" gehalten hatte.
Er hatte allerlei Versuche glücklich beendet, die
ihm zur genauen Kenntniß des Edisonlichtes
verhelfen sollten, welches ihm von allen neuen
Erfolgen der Elektrizität der glänzendste erschien
und seine Seele fast mit jugendlicher Begeisterung
hob.
Das Bewußtsein, daß sein berühmter Kollege
alle seine Widersacher, ohne auf weitläufige
gelehrte Diskussionen einzugehen, gleichsam mit
Friihtin gsfahrtcn.
I.
Wiedersehen.
Grüß Gott, da ich Dich wiederseh',
Dich, traute, sanfte Bergeshöh,
Die Du im Winterbann noch lagst,
Als meinem Glück Du Zeuge warst!
Und nun im Lenz steh' wieder ich
Vor Dir und grüß' — mein Glück - und Dich!
Das Herze wird mir frei und weit
Voll Frühlingsgnad' und Seligkeit!
O Maienzeit, wie reich Du bist
Wenn's Mai im Herz auch ist!
Die Worte wohl, sie gehn mir aus,
Doch jubelnd dringt's zum Herz hinaus:
Du guter Gott zu Deinem Preis
Ich nichts als nur zu singen weiß! —
II.
Zur Rhön!
Es kam ein starker Wanderdrang
Mir in das Herz so wundertief,
Wohl weil der Lerche Jubelsang
Wohl weil der Frühling hold mich rief.
Licht überfluthet hatte, gab ihm heute mehr wie
je das stolze Bewußtsein, daß er sein langes
Leben im Dienste einer Wissenschaft verbraucht,
die wahrhaft glänzende Erfolge erzielt.
Für ihn, der bei seinem eigengearteten
Organismus, niemals den Geruch und die Hitze
des Gases ertragen konnte, schien diese Er
findung geradezu von eminenter Tragweite
und er hatte sich vorgenommen, trotz seiner
Schwerfälligkeit in Entschlüssen, die Reise nach
München zu unternehmen und sich somit einen
wissenschaftlichen Genuß zu verschaffen, dessen
Aussicht allein alle seine Lebensgeister in Auf
regung brachte. Er hatte freilich im Vertiefen in
die physikalischen Konstruktionen nicht die Un
annehmlichkeiten in Erwägung gezogen, die ihm,
der rüstig mit der Wissenschaft fortgeschritten,
seine gänzliche Unkenntniß in moderner gesell
schaftlicher Beziehung auferlegen mußte. Aber
wie sollte er auch bei dem Anblick der Zeichnungen
und kleinen Modelle in Zink und Kupfer, die
da herum lagen und standen und sein volles
Denken in Anspruch nahmen, solche Nebensachen
in Erwägung ziehen? Da würde schon Frau
Schulte, seine langjährige Hauswirthin, Rath
schaffen, sie kannte ihn ja und wußte was ihm
in dieser Beziehung noth that.
(Fortsetzung folgt.)
Das Bündel war gar bald geschnürt,
Der Wanderstock gar schnell zur Hand —
Mein Herz hatt' lang ja schon gespürt
Des Frühlings leises Weh'n im Land!
Durch Thäler weit, weit über Höh'n
Nahm ich den Weg recht frohgemuth.
Manch' Dörflein traut hab' ich geseh'n,
Trank manchen Becher Rebeublut!
Und immer weiter zog ich hin,
Hinauf des Bächleins muntren Lauf;
Und immer freier ward der Sinn,
Und tausend Lieder wachten auf!
Wie's sorgenlose Jugend tbut,
Hab ich nach Blumen mich gebückt,
Sogar vom Rothdornstrauch den Hut
Mir frühlingsherrlich ausgeschmückt!
Und hinterm letzten Hügel — da
Mit eins hab' jubelnd ich's geseh'n,
Im gold'nen Morgenlicht so nah:
Mein Ziel, die stolze, schöne Rhön!