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Mit orientalische Muster und Vorbilder nach
ahmender Malerei dem „Delft" nahekommende
Fayenceschüsseln, Teller und Krüge waren in der
Umgebung von Hanau noch ziemlich häufig
anzutreffen, es wurde auch vom Verfasser Manches
davon erworben, jedoch hat sich bis jetzt noch
kein Stück gefunden, bei dem durch eine Marke
oder sonstige Anzeichen der Hanauer Ursprung
außer Zweifel gestellt wäre. Im Nachlaßinventar
der hessischen Landgräfin Hedwig Sophie
aus dem Jahre 1678 findet sich eine Rubrik:
Arm Delffish vnd Hanauischen Irden Ge
schirren, worin verschiedene „braun, blau
und weiße" Stücke vorkommen; es ist vielleicht
daher die gleichzeitige Anwendung von Blau
und Braun als Dekorationsfarben für das
damalige Hanauer Fabrikat charakteristisch.")
Der älteste mit Sicherheit für Hanau anzu
sprechende Gegenstand, der zu des Verfassers
Kenntniß gekommen, ist eine in der Sammlung
des Herrn I. Jobst zu Hanau befindliche große,
flache Schüssel, welche auf der Innenseite in
Blaumalerei das Gräfl. Hanauische Wappen mit
der darunter gesetzten Jahreszahl 1681 zeigt
und also zu damals für die Hofhaltung ange
fertigten Geschirren gehört. Zu denselben gehört
ebenfalls das zweitälteste gesicherte Stück, ein im
Besitz des Verfassers befindlicher Henkelkrug, von
Birnenform und mit weiter Mündung; ihm ist
auf der Bauchung, gleichfalls in Blau, dasselbe
Gräfl. Wappen nebst der Jahreszahl 1682 auf
gemalt. Fabrikzeichen sind nicht angebracht, der
Scherben ist hellgelblich und die wenig glänzende
Glasur zwar nicht von blendender Weiße, aber
sonst fehlerlos. Durch den beschriebenen Krug
werden zwei andere, gleichfalls dem Verfasser zu
gehörige, auch als Hanauer Erzeugnisse aus der
selben Zeit kenntlich; der eine davon ist dem
Wappenkrug durchaus ähnlich, aber vorn mit
dem Bilde des heil. Thomas") in blau mit
braunen Konturen geschmückt, der andere mit
26 ) Ob die in der 1675 gemachten Eingabe als in
Aussicht genommene „Newe Invention, wodurch daß
feinefte, dem Chinesischen nicht viel nachgebende Por-
cellain verfertiget" werden sollte, sich auf die Masse oder
nur aus die Dekoration beziehen sollte, muß unentschieden
gelassen werden. Das letztere ist das wahrscheinlichere.
Finden sich doch auch unter den Delfter Fabrikaten nur
Stücke, die äußerlich das orientalische Porzellan nach
ahmen.
27 ) Zur Seite des Heiligen steht unten die Ziffer 8.
und dürfte daher der Krug zu einem Satz von 12
glcichgestaltetcn gehört haben, von denen jeder ein Apostel
bild aus sich hatte.
Kugelbauch und engem Hals trägt auf der
Vorderseite in Blaumalerei ein Wappen mit
einem Kranich im Schild und auf dem Helm.
Als fünftes, nur wenig jüngeres Stück existirt
in der Sammlung des Kunstgewerbe
vereins zu Frankfurt a. M. ein Schreib
zeug von der bekannten Kastenform, mit Ein-
satzfäßchen für Tinte und Sand und Federbehälter
davor. Außer Ornamenten in Blaumalerei,
zeigt es in derselben Farbe ans der Rückseite
das Erst. Hanauische Wappen und die Jahreszahl
1687, auf den Seitenflächen biblische Darstellungen
und im Federbehülter eine Feder, Federmesser
und Zirkel.
In Folge der Aehnlichkeit im Scherben und
in der Glasur mit diesen fünf unbezeichneten ")
Gegenständen aus der Zeit von 1680 bis 90,
während welcher Bally das Privilegium zum
Porzellanmachen genoß, dürfen auch einige mit
einer aus 8 mit anhängendem 8 [= 8(ans)
B(ally)] signirte mit um so größerer Wahr
scheinlichkeit ihm zugesprochen werden, als dieses
Zeichen auf Theilen eines jetzt sehr unvollstän
digen, im Besitz des Verfassers befindlichen Speise
services vorkommt, von dem andere einfach mit
8 (— Banau) bezeichnet sind, z. Th. in Blau,
z. Th. in Manganviolett. Diese Schüsseln und
Teller zeigen am Rand ein feines filigranartiges
Muster in blau und dunkelbraun und mitten
eine stylisirte deutsche Blume; sie beweisen, daß
man in der Hanauer Fabrik begann, sich von
den holländischen Vorbildern los zu machen.'")
Außer dem einfachen 8, welches wir der Fabrik
als Marke bis zum Schluß des für uns jetzt in
Betracht kommenden Zeitraums, also dem Jahr
1726 beilegen zu müssen glauben, dürfte vielleicht
in der Zeit von 1694 bis 1712 auch eine durch
Kombination von 8 mit Ick (— B(anau),
M(ünzenberg) gebildete benutzt worden sein,
nachdem seit 1685 wieder eine Trennung der
Grafschaft in Hanau-Münzenberg und
Hanau-Lichten b erg zwischen den Brüdern
Philipp Reinhard und Johann Rein
hard stattgefunden hatte, die bis zu dem 1712
erfolgten Tod des ersteren dauerte.
(Fortsetzung folgt.)
28) Es kann nicht auffallen, daß auf diesen Sachen
noch kein Fabrikzeichen angebracht war, da sie nicht für
den Handel bestimmt waren.
rs) Auf einem dem Verf. gehörigen mit Ballh's
Marke versehenen Teller findet sich auf dem Boden eine
Darstellung, wie Simson den Löwen zerreißt und auf
dem Rande ein an Spitzenmuster erinnerndes Ornament.