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geübte Vor- und Nachtrinken von ganzen oder
halben gemessenen Trünken zum so und so
vielten Male wiederum und bei hoher Strafe
verboten und befohlen wurde, daß Bürger wie
Soldaten sich mit dem, wie es heißt, „zu sonder-
bahrcm Nutz" allhier eingerichteten Zapfenstreiche
aus den Wirthshäusern nach Hause verfügten.
(Fortsetzung folgt.)
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lein erster Waffengang.
Von Julius Dodenberg.
c ^ r s ist mit dem ersten Buche wie mit der
ersten Liebe; man kann Empfindungen wie
diese nur einmal im Leben haben, wenn sie neu
sind und dann mit einer Kraft wirken, die, noch frei
von jeder Berechnung, einem natürlichen Impulse
zu gehorchen scheint. Sie prägen sich der Er
innerung mit tiefen Spuren ein, die keine Zeit
völlig verwischt, Schatten, die lebendig werden,
sobald ein unerwarteter Lichtstrahl, ein sym
pathischer Ton sie trifft. Die zweite, vielleicht
erst die dritte Liebe, — denn wir sind allzumal
Sünder! — mag zu glücklicherem Ende führen,
das zweite Buch größeren Erfolges sich rühmen:
einerlei, der Zauber der ersten Liebe wie der
des ersten Buches kehrt niemals, niemals wieder.
Alle freundlichen Illusionen der Jugend ver
binden sich mit ihm, alle Qualen, alle Hoffnungen;
wenn man erst einmal enttäuscht worden ist,
dann glaubt man nicht mehr so bald, man wagt
nicht mehr, man erwägt, man zögert zu ge
winnen, wo nian an's Verlieren denkt, man
stürzt sich nicht länger voll göttlichen Feuers
in das Unbekannte, mit welchem doch, indem es
entschwindet, des Daseins schönster Reiz sich
erschöpft. Es schwindet die Spannung, welche
zu großen Thaten spornt, wenn sie sie gleichwohl
nicht vollbringt; es schwindet die naive Selbst
überschätzung, welche die höchsten Preise träumt,
bevor sie die dornigen Wege kennen gelernt, die
selbst zu bescheidenen Zielen führen; das Ge
heimniß und das Geheimnißvolle schwindet, aus
welchem alle diese Regungen hevorgegangen sind.
„Das Schweigen ist der Gott der Glücklichen" —
und ist es nicht nur für Liebende. Sprechen
können, wenn man sprechen dürfte! Welch' ein
holder Zwang bindet die Seele, die sich ihres
Glückes bewußt ist! Wie hoch über den Alltag
hinaus und seine Stimmung erhebt diese stille
Sicherheit, dieses Uebermaß von Freude, welches
*) Erschien so eben in Verbindung mit „Klostermanns
Grundstück" im Verlage der Gebrüder Paetel in Berlin.
Dank dem freundlichen Entgegenkommendes Herrn Verfassers
sind wir in der Lage, die interessante Schilderung aus
seinem eigenen Leben hier zum Abdrucke bringen zu können.
D. Red.
die Brust verschließen muß! Schwebten wir
damals nicht wie in einem Himmel, und sind
nicht diejenigen zu preisen, denen ein Andenken
daran geblieben, nachdem sie lange wieder auf
der Erde wandeln? Alle die süßen Wonnen
und Schmerzen der ersten Liebe, sie sind mir zu
Theil geworden mit dem ersten Buche. Denn es
erschien Anonym.
Und — um in diesem wahren Bekenntniß
auch ganz bei der Wahrheit zu bleiben: es war
noch nicht einmal ein Buch, sondern nur ein
Heft von vierzehn Seiten und auf jeder nichts
als ein Sonett.
Ich war, als ich sie schrieb, auf dem weiland
kurhessischen Gymnasium zu Rinteln, Ober
primaner und dicht vor dem Abgang. Lateinische
Verse mußten wir, deutsche durften wir machen;
aber sie drucken lassen — wer hätte daran
gedacht? Die Geschichte seines ersten Buches
erzählen, möchte wohl dem Einen mehr, dem
Andern weniger gelingen; aber wer erzählt die
Geschichte seines ersten Gedichts! Wer schildert,
wann und wie diese besondere Fähigkeit des
menschlichen Ausdrucks im Knaben erwacht ist,
wie sie sich anfänglich ohne jeden Nebengedanken
äußert und allmülig au den Vorbildern ihrer
bewußt wird? Wie der Sprache, wie dem Lied
wird es ihr wohl eingeboren sein, daß sie ver
nommen zu werden wünscht. Die Resignation
kommt gemeiniglich erst später. Mir — und
auch das will ich hier nicht verschweigen — war
die harte Lektion früher scholl ertheilt worden.
In ganz jungen Jahren, als ich noch Sekundaner
war, hatt' ich der Versuchung llicht widerstanden,
ein Gedicht, imb noch obendrein mit etueni
durchsichtigen Pseudonym, zu veröffentlichen, an
das ich noch heute mit Betrübniß denke, wiewohl
es den kräftigen Titel führte: „Nieder mit den
Dänen!" Veranlaßt durch die politische Be
wegung jener Tage, war es im Sonimer 1848
erschienen und brachte mir eitel Kummer und
Kränkung ein. Daß die Lehrer mein Vergehen
gegen die Schuldisziplin einstimmig unb scharf
verurteilten, war noch das Geringste für mich;
schlimmer war, daß das Prodllkt wirklich nichts