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nasium heutzutage uachrühmen muß. Das waren !
Schattenseiten der neuen Schule unter dem
Direktorate des Dr. Nikolaus Bach, die aber
auch, wie wir später sehen werden, wieder ihre
Lichtseiten hatte.
Am 13. November 1835 wurde Direktor Dr.
Nikolaus Bach von dem Regieruugs - Schnl-
reserenten Domkapitulur und StadtpfarrerI. Hoh-
mann in sein neues Amt eingeführt, zu welcher
Feierlichkeit er durch ein Programm über „Rha
banus Maurus" eingeladen hatte. Darauf
wurden alle, sowhl die früheren als auch die
neu aufgenommenen Schüler in das Album
Gymnasii eingeschrieben und verpflichtet.
Das neue Gymnasium zu Fulda wurde nach
preußischem Muster für sechs Klassen eingerichtet.
Prima und Sekunda hatten einen zweijährigen,
die übrigen Klassen einen einjährigen Kursus;
für die Tertia wurde dann 1839 ebenfalls ein ;
zweijähriger Kursus eingeführt. Zuerst, im !
Herbst 1835, war die Prima gar nicht besetzt,
doch wurden fünf Schüler zu Ostern 1836 zur
Maturitätsprüfung zugelassen, die sie auch be- j
standen. Der Beginn des Schuljahrs wurde!
vom Herbste auf Ostern verlegt. Mit Rücksicht 1
auf die jüngeren, der lateinischen Sprache minder j
kundigen Schüler wurden die seither bei dem
Gottesdienste der Gymnasiasten eingeführten
„hyinni sacri“ mit ihren trefflichen Melodien
nur noch ausnahmsweise gebraucht, an ihre Stelle 1
trat einstweilen das deutsche Gesangbuch der I
Fuldaer Diözese, bis der Direktor Bach eine!
eigene Sammlung christlicher Lieder veranstaltet !
hatte, in die auch geistliche Lieder aus evangeli
schen Gesangbüchern, wie „Eine feste Burg ist
unser Gott" und „Wie schön leucht' uns der
Morgenstern" rc. aufgenommen waren. Der
Gottesdienst für die katholischen Schüler, welcher
bisher täglich in der Nonnenkirche abgehalten
worden war, wurde von Bach auf die Sonn-
und Feiertage beschränkt. Beide Maßregeln, die
Einführung des neuen Gesangbuches und die Be
schränkung des Gottesdienstes waren unklug; sie j
setzten in Fulda böses Blut, und mancherlei An- ;
feindungen, welchen der Direktor Bach ausgesetzt !
war, mögen auf dieselben zurückzuführen sein.
Den Bemühungen Bach's gelang es, daß für
das Gymnasium eine eigene Bibliothek errichtet
wurde, die rasch zu einer vortrefflichen sehr werth
vollen Büchersammlung anwachsen sollte. Eben- !
wohl führte Bach die Feier des 4. Februar, des !
Jahrestages von Rhabanus Maurus, als!
Stiftungsfest der Lehranstalt ein, das dauernd
beibehalten worden ist.
Die Disziplin handhabte Bach in strengster
Weise, aber er war dabei gerecht und trotz seiner
schroffen Außenseite in gewissem Sinne auch wohl
wollend. Das verschaffte ihm auch die Achtung seiner
Schüler, die freilich mit Furcht gepaart war.
Seiner rastlosen Thätigkeit gelang es, das Gym
nasium bald auf einen Standpunkt zu bringen,
daß es mit den anderen bereits früher reorgani-
sirten Gelehrtcnschulen Knrhessens nicht nur kon-
kurriren konnte, sondern dieselben in manchen
Fächern sogar überflügelte. Den bisher vernach
lässigten Unterrichtsgegenständen, wie griechische
und deutsche Sprache, Geschichte u. s. w. wurde
eine erhöhte Sorgfalt zugewendet und dank der
Mitwirkung tüchtiger Lehrer sollte der Direktor
Bach in kurzer Zeit die Genugthuung erleben,
daß gerade in diesen Fächern die Schüler des
Fuldaer Gymnasiums durch ihre Kenntnisse sich
rühmlich auszeichneten. Den Unterricht in der
deutschen Sprache übernahm er für Prima selbst.
Er führte seine Schüler in die deutsche Literatur
ein, machte sie mit den alt- und mittelhochdeutschen
Gedichten bekannt, und vor allem lehrte er sie
einen rechtschaffenen Aussatz zu schreiben. Das
allein schon war ein Verdienst Bach's, das nicht
hoch genug anzuschlagen war.
Außerdem ertheilte Direktor Bach in Prima und
auch in Sekunda Unterricht in der griechischen und
lateinischen Sprache. Er las mit seinen Schülern
die griechischen Dramatiker, Elegiker und Lyriker,
Homer und Hvraz, Thucydides und Tacitus;
seine Interpretation erstreckte sich nicht blos auf
die Grammatik, sie war auch eine sachliche. Ver
möge seiner gründlichen humanistischen Bildung
wußte er wohl das Wesentliche von dem Un
wesentlichen zu trennen, seinen Unterricht vor
Einseitigkeit zu bewahren und seinen Schülern
Lust und Liebe zu den klassischen Studien einzu
flößen. Sein Grundsatz war: non scholae sed
vitae discitur. Und da gesunder Sinn und
Verstand auch eines gesunden Körpers be
dürfen , so führte er zur Pflege der Gesund
heit von Geist und Körper die gymnastischen
Uebungen an dem Gymnasium ein. Am 5. Mai
1840 begann der Turnunterricht in dem an das
evangelische Pfarrhaus anstoßenden Garten. Die
Einrichtungen besorgte der Turnlehrer Schwab
von Kassel, der auch die ersten Uebungen leitete.
Ihm folgte als Turnlehrer der Zeichenlehrer
Friedrich Lange, der nachmalige Marburger Pro
fessor und Universitätsarchitekt.
Direktor Bach konnte im Gymnasialprogramme
von 1840 mit vollem Recht von sich sagen, daß
er stets bestrebt gewesen sei und es für seine
heiligste Pflicht gehalten habe, „die Organisation
der Fuldaer Studienanstalt dem Grundprinzipe
der Humanität getreu, belebt und erwärmt von
der Sonne des Christenthums, erleuchtet durch
die klassischen Sprachen des Alterthums in innigster
Verbindung mit der Muttersprache, befruchtet