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nung im Domdechaneigebäude verbringe» lassen. :
Diese Bücher sollten noch manches Schicksal zn >
bestehen haben, ehe ihre wirkliche Einverleibung!
in die Fuldaer öffentliche Bibliothek, für die sie!
doch bestimmt waren, erfolgte.
Die Schlacht von Jena machte der glänzenden
Regierung des Fürsten von Oranicn über Fulda
ein Ende. Nur vier Jahre hatte dieselbe ge
währt, aber viele segensreiche Einrichtungen hat :
in dieser kurzen Spanne Zeit der um das Wohl 1
seines Landes eifrigst besorgte Regent geschaffen,
was auch seine Gegner bereitwillig anerkennen.
Am 22. Oktober 1800 besetzte Marschall
Mortier Fulda und nahm das Fuldaer Land
in französische Verwaltung. Der erste französische
Gouverneur von Fulda war der DivisionsgenenF
Theophile Thiebault, ein sehr humaner, wissen
schaftlich gebildeter Offizier, der 1760 in der
französischen Kolonie zu Berlin geboren und in
seiner frühen Jugend dort erzogen, mit deutschem
Wesen wohl vertraut war und die berechtigten
Eigenthümlichkeiten der Fuldaer so weit zu
schonen wußte, als dies die Stellung eines Statt
halters des Kaisers Napoleon nur immer zuließ.
Der öffentlichen Bibliothek war er ein großer
Gönner und Förderer, und durch den Schutz,
den er ihr angcdeihen ließ, bewahrte er dieselbe,
im Hinblick auf die bekannte Begehrlichkeit seiner
französischen Landsleute, vor vielen Schädigungen.
^Fortsetzung folgt.)
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Kalomon Kahnöorf i
der Nestor k> er denk scheu Journalisten.
Wer nicht in der strengsten Abgeschlossenheit>
die letzten Jahrzehnte in Kassel verlebte, wen!
die Pflichten und Lasten des staatlichen Gemein- !
lebens nur einige Male alljährlich mit der großen !
Menge in Berührung brachten. dem wird die i
Persönlichkeit des Mannes schwerlich fremd
sein, den man soeben unter großer Antheil
nahme der Einwohnerschaft in Kassel zu Grabe
getragen. Es ist das der als hvchbetagter Jung- >
geselle verstorbene Literat Salomo n H a h n - '
dorf. j
Scherzend hat man ihn einmal das „Wahr- j
zeichen von Kassel" genannt. Und in der That.
Hahndorf war das Wahrzeichen der Bürgerschaft
in vielen Dingen. Wo es galt, Recht und Her
kommen vor Stadt und Land zu verfechte», wo
man sich auf überkommene Privilegien berief,
da war auch der alte Hahndorf als Kämpfer
für die gute Sache zu finden.
Salomon Hahndorf war in dem alten Kassel \
und zwar in der Fuldagasse am 12. Dezember
1801 als Sohn sehr armer jüdischer Eltern ge
boren. Seine und der Seinigcn Verhältnisse
waren die denkbar dürftigsten, aber ein Erbthcil
war ihm zugefallen und das hat er hochgehalten
bis an das Ziel seiner Tage: eine unantastbare >
Rechtlichkeit. Dem Handelserwerb wenig zu- |
gethan, war Hahndorf von den Seinigcn schon !
ziemlich früh zum Studium der Theologie bc- !
stimmt worden, aber bald genug gewann mau >
die Ueberzeugung, daß er hierzu wohl am wenigsten '
tauge. Dennoch war dies das einzige wissen
schaftliche Fach, dem die Armuth Hahndorf's
nicht gar zu hinderlich im Wege stand. Als der
junge Salomon daher die Kasseler Schule ab-
solvirt und das Lyceum Fridericianum besucht
hatte, begab er sich, in Wahrheit ein fahrender
Schüler, nach Rotenburg, um dort als Lehrer
die nöthigen Mittel zum weiteren Universitäts
studium zu erwerben. Schon aber steckte ihm
der Schalk im Nacken. Ein lustiges Debüt als
Schulmeister in Schwcinsbcrg, wo gerade eine
ausgeschriebene Lchrcrstelle ihm für immer eine
gesicherte Zukunft versprach, bestimmte Hahndorf
endlich mit der Theologie und Pädagogik zu
brechen und mit dem schwachbestclltcn Beutel als
Studiosus Juris die Hochschule in Marburg zu
beziehen. Das fröhliche Leben dort behagte dem
jungen Studenten allerdings besser. Ein lebens
lustiger Jüngling, zog ihn das Treiben der
Korpsstudenten vor Allem an und bald gehörte
er (1826— 1830) mit zu den rührigsten Gliedern
der „Hessen", später der „Lahnanen". Nach
einem noch in Göttingen verlebten Semester
(18-30) kehrte Hahndorf, zwar nicht im sicheren
Gelcis der juristischen Karriere sich bewegend,
aber als gereifter Mann und mit manchem
Wissensschatz beladen, nach seiner Vaterstadt
Kassel zurück. Wie sich hier die Dinge mittlerer
Weile politisch gestaltet, an denen Hahndorf von
je großen Antheil genommen, ist genugsam aus
den Auszeichnungen anderer sog. hessischer Ver-
fassungskämpfcr bekannt. Diese politischen Wirren,
dieses Rechten mit der Staatsgewalt, war Hahn
dorf ein willkommenes Element, um seine geistigen
Kräfte zu erproben und Ersatz zu finden für das
ungebundene akademische Leben. Schnell genug
war er auf diese Weise in die Bewegung jener