95
unwahrscheinlich, daß er bereits eine geraume
Zeit zuvor Konventuale des Hochstiftes war.
Am 26. Januar 1510 wurde ihm die Propstei
über das Benediktinerinnenkloster zu Rore im
Hennebergischen übertragen. 1513 am Montag
nach Trinitatis wurde er zum Dekan der
Fuldaer Kirche erwählt und erhielt zugleich die
Propstei auf dem Petersberge bei Fulda. Ein
Jahr später verzichtete er auf sein Amt als
Dekan und zog sich auf den Petersberg zurück.
Im Jahre 1523 erhoben die Konventualen ihn
zum zweiten Male zum Dekan des Hochstiftes
Fulda. Wie lauge er die Würde des Dekans
bekleidete, ist unbestimmt. Als er am 4. No
vember 1531 zum Abte des hl. Kreuzklosters
zu Limburg an der Haart (Rheinpfalz) erhoben
wurde, war er jedoch nicht mehr Dekan, da er
bei dem Berichte über seine Postulation sich
selbst als „quondam decanus ecclesiae
Fuldensis“ einführt. Im Jahre 1536 begab
sich Apollo von Vilbel nach Fulda zurück, starb
daselbst am 18. August desselben Jahres und
wurde in der Kirche auf dem Petersberge, deren
Propst er geblieben war, beerdigt. Nach
Schannat, welcher ihm das Zeugniß eines vir
rnatnri ingenii ac magnae apud omnes
existimacionis giebt und von ihm sagt, daß er
plenus rneritorurn gestorben sei, lautete die
Grabschrift:
Anno Domini MDXXXVI, 18. Augusti
obiit R. D. Apollo de Vilbel abbas Limp.
et huius monasterii praepositus, cuius
anima requiescat in pace. —
Die Zeit der Abfassung der Chronik fällt
sicher nach dem Jahre 1531. Nach Rübsam
dürfte die Vermuthung nicht ganz unbegründet
sein, daß Apollo von Vilbel die Muße, welche
ihm sein letzter Aufenthalt zu Fulda im Jahre
1536 gewährte, dazu benutzt hat, seine Chronik
daselbst zu schreiben. Das Manuskript der
Chronik zerfällt in drei Theile. In dem ersten
behandelt Apollo von Vilbel die Zeit des letzten
und die Neige des vorletzten Decenniums des
fünfzehnten, sowie den Anfang des sechzehnten
Jahrhunderts bis zum Tode Ulrich's von Hutten
(ff 1523). Es folgt dann ein aphoristisch ge
haltener Exkurs, welcher der ruhmreichen Vor
zeit des Hochstifts gewidmet ist. Hiernach wird
mit der 1521 erfolgten Erhebung des Grafen
Johannes von Henneberg zum Koadjutor des
Hochstiftes die Erzählung wieder aufgenommen
und bis zur Plünderung und Schändung der
Kirchen auf dem Petersberge und Frauenberge
durch die aufständischen Bauern am zweiten und
dritten Ostertage des Jahres 1525 fortgeführt.
Damit schließt die Chronik. „Es war eine Zeit
allgemeiner Gährung, welche Apollo von Vilbel
schildert, die Streitigkeiten Fuldas mit Hersfeld
und mit der Wittwe des Landgrafen Wilhelm II.
von Hessen, der Zwist des Abtes Hartmann von
Kirchberg (1513—1521) mit dem Konvente,
das Eindringen der Reformation im Hochstift,
die Verwüstungen des Bauernaufstandes im
Fuldaischen hat Apollo von Vilbel in seiner
hervorragenden Stellung als Dekan der ecclesia
maior, bezw. als Propst vom St. Petersberge
mit erlebt und erschrieben". Gerade die letzte
Schilderung der von den aufständischen Bauern
verübten Greuel auf dem Petersberge und
Frauenberge am zweiten und dritten Ostertage
des Jahres 1525 ist für den von uns behandelten
Gegenstand von besonderer Wichtigkeit.
Wir wenden uns, nach dieser Abschweifung,
wieder unserem Thema selbst zu.
Im Anfange des 16. Jahrhunderts regierte
zu Fulda als Abt: Johann II. von Henneberg;
von diesem erzählt uns der Magister Cyriacus
Spangenberg in seiner „Henneberger Chronik",
daß er am 2. Juli 1439 am Tage visitationis
Mariae geboren sei: „ein schönes freundliches
junges Herrlin, so von Tag zu Tag an Verstand
und Leibesstärke gewachsen und zugenommen und
in seinen jungen Jahren ein fröhlich frisches
Blut, allen Freuden und Uebungen im Tanzen,
Springen, Singen, Fechten, Laufen und Stein
stoßen zugethan: Von Gestalt braun, schöne von
Angesicht, gerade von Leibe, schamhafftig in
Sitten, tugendlich in Werken und allzeit be
flissen, Frauen Hulde in Zucht und Ehren zu
erwerben; war dabei wohl gewandert und hatte
auch nicht übel studiret, ward Domherr zu Metz,
Coeln, Trier u. s. w. Am 5. Mai 1472 nahm
er den habitum monasticum an sich, legte die
Kutten an und ließ sich beschären und ward ein
andächtiger Benediktinermönch, ein ernster und
strenger Mann. Er ist dem Stift Fulda 41
Jahre lang als ein Abt ehrlich, trewlich, wohl
und nützlich fürgestanden. 1507 nahm er mit
Vorbewußt und Bewilligung des Kapitels zum
Koadjutor den Domherrn zu Mainz, Hartmann,
Burggraf von Kirchberg in Thüringen, an. der
nach dem Tode jenes (1513) Abt wurde." Unter
der Regierung dieses Fürsten brachen gar bald
schon 1517 bedenkliche Streitigkeiten zwischen
ihm und seinen Ständen aus, in Folge davon
der Abt sich veranlaßt sah, „sich bei nechtlicher
Weile aus seinem Schloße thun zu müßen".
Der Abt führte nun Beschwerde beim Kaiser
und in Folge der deshalb eingeleiteten Unter
suchung fand auf dem Reichstage zu Worms
1521 eine Schlichtung statt, daß der Abt den
Großneffen seines Vorgängers Johann (Hl.) von
Henneberg zu seinem Koadjutor ernannte und
sich der eigentlichen Regierungshandlungen von